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Standorte in Freiberg und Thalheim: Meyer Burger holt die europäische Solarindustrie aus dem Koma

Solarzellen und Solarmodule aus Sachsen und Sachsen-Anhalt sollen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beitragen.

Der Schweizer Hersteller von Solartechnik, Meyer Burger, hat seine ehrgeizigen Pläne zur Wiederbelebung der deutschen bzw. europäische Solarindustrie in nur elf Monaten umgesetzt. Am 20. Juni 2020 verkündeten die Schweizer den Turnaround vom Maschinenhersteller zum Produzenten von Solarzellen und Solarmodulen. Jetzt hat das börsennotierte Cleantech-Unternehmen binnen einer Woche den Solarzellen-Standort in Thalheim (Stadt Bitterfeld-Wolfen) und die Modulfabrik in Freiberg eingeweiht. Mittelfristig sollen 5 Gigawatt Solarzellen und 1 Gigawatt Solarmodule aus Sachsen-Anhalt bzw. Sachsen zur erfolgreichen Ökologischen Transformation beitragen. Die europäische Solarindustrie erwacht aus dem Koma.

Die Modulfertigung von Meyer Burger am Traditionsstandort in Freiberg (früher Solarworld) startet mit einer jährlichen Kapazität von 0,4 Gigawatt, verbunden mit der Option zur (schnellstmöglichen) Erweiterung auf ein Gigawatt. Die Kapazität zum Start entspricht 3.000 Solarmodulen pro Tag. Herzstück der Module ist die von den Schweizern entwickelte Technologie zur Verbindung der Zellen – diese sollen die Leistung der Module signifikant verbessern und die Langlebigkeit verbessern.

Noch bedeutsamer als die Wiederbelebung des sächsischen Standorts Freiberg bei Dresden ist der neue Standort von Meyer Burger in Thalheim, dem einstigen Solar Valley, in dem letztlich nur noch Hanwha Q-Cells als Standort ohne große Produktion übrig war. Bis heute. Denn genau dort startet Meyer Burger in der ersten Stufe die Solarzellen-Produktion von 400 Megawatt. Dabei legt das Team um den Solarindustrie-Veteran Gunter Erfurt vor allem Wert auf ein stimmiges Gesamtpaket, in dem die Umweltfreundlichkeit der Zellen während der Fertigung, aber auch im Betrieb besonders hervorsticht.

Meyer Burger baut seine Lieferketten so lokal als möglich auf; der wichtigste Rohstoff, Polysilizium, stammt aus Europa. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme bestätigte Anfang dieses Jahres, dass die Solarzellenproduktion in Bitterfeld-Wolfen gegenüber herkömmlicher Fertigung erhebliche Vorteile für die Umwelt aufweist. Das honorierte das Bundesland Sachsen-Anhalt mit einer Zusage für eine Umweltschutzbeihilfe in Höhe von bis zu 15 Millionen Euro sowie einem Investitionszuschuss von bis zu 7,5 Millionen Euro.

Solarzellen auf Heterojunction-Basis haben gegenüber herkömmlichen Zellen laut Meyer Burger den Vorteil, dass sie mehr Sonnenlicht in Energie umwandeln können. Die von Meyer Burger Zellverbindungstechnologie (SmartWire) erhöht die Leistungsfähigkeit der Module zusätzlich und sorgt für die überdurchschnittlich lange Lebensdauer. In der Fertigung kommt Meyer Burger komplett ohne Blei aus. Die Module können im Sinne der Kreislaufwirtschaft recycelt werden.

Einweihung des Standorts Thalheim von Meyer Burger.

Die bei Meyer Burger an den Standorten Neuchâtel und Thun entwickelten und in Hohenstein-Ernstthal (Sachsen) gebauten Fertigungsanlagen werden nun in Betrieb genommen. Im Juni wird die Produktion in Thalheim hochgefahren. Im hochautomatisierten Vollbetrieb werden täglich bis zu 200 000 Solarzellen vom Band laufen. Am Standort Thalheim steht derzeit eine Gesamtfläche von 27 000 Quadratmetern zur Verfügung. Diese ist ausreichend für den angestrebten schnellen Ausbau auf 1,4 Gigawatt Solarzellenkapazität. Langfristig sind fünf Gigawatt möglich.

Interview mit Meyer Burger CEO Gunter Erfurt.

Für die europäische Solarindustrie ist die Einweihung der neuen Werke von Meyer Burger ein sehr bedeutsamer Schritt. Es zeigt den Trend, dass Industrieansiedlungen in Deutschland im Cleantech-Sektor möglich sind – gerade in Sachsen-Anhalt, Thüringen in Brandenburg. Damit können die Arbeitsplatzeffekte des Kohleausstiegs und des weiteren Strukturwandels abgefedert werden.

Gleichzeitig passt das Koma-Erwachen der Solarindustrie dazu, Lieferketten zu verkürzen, und sich auf die Stärkung der Kontinente zu konzentrieren. Die Fabriken von Meyer Burger reichen natürlich längst nicht aus, um die Abhängigkeit von China signifikant zu verkleinern, aber möglicherweise wird der Mut von Meyer Burger zu einer Sogwirkung führen, die etwa weitere Solarzellen-Produzenten anziehen wird.

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% S Kommentare
  1. naaa sagt

    Gabriel hat ab 2012 dieses Koma mit ausgelöst. Und billigend in Kauf genommen, dass die Chinesen den Markt und das ganze Fachwissen und Forschung dazu, übernommen haben. Die Union hat dem Klagen der alten Energieriesen damals nachgegeben, um die alten Kohletechniken in Deutschland nicht zu gefährden.

    Heute ist klar, Wind und PV werden so oder so die Basis für unsere nachhaltige zukünftige Energieversorgung.

    Deutschland ist heute nur noch im hinteren Viertel vertreten, und kein Vorreiter im Bereich erneuerbare Energien mehr. Weder in der Forschung, noch in der Produktion oder dem Ausbau der Erneuerbaren. Aber bis 2035 haben wir noch Braunkohle am laufen, was für ein Offenbarungseid. Was für eine Geschichte der verpassten Gelegenheiten. Was für eine weitere Geschichte der verpassten Innovationen für den Standort Deutschland.

    Insofern bin ich Meyer Burger sehr dankbar, dass sie das Vakuum dieses Komas erkannt haben, und gerade hier in Deutschland und dem ehemaliger Erfolgsstory anknüpfen, was ja auch ein Ost-Drama war, in doppelter Hinsicht für den verpassten „Aufbau Ost“. Es freut mich im Herzen, dass MB mit ihrem Engagement den Mut haben, hier wieder Zukunft zu produzieren!

    1. Martin Jendrischik sagt

      Hallo naaa,

      ja, ich kann das mit Sitz in Leipzig extrem gut nachvollziehen. Deutschland hat Tradition darin, Innovationen zu erforschen und in kleinem Maßstab auch wirtschaftlich zu machen, anschließend die Lösung aber mit relativ wenig Wertschöpfung den Weltmärkten zu überlassen. Bei der Solarenergie profitieren zumindest die Maschinenbauer.

      Bei der Rückschau sollten wir aber auch die FDP nicht vergessen, die massiv daran beteiligt war, die EEG-Vergütung radikal zu kürzen. Dadurch starben die Solarteure, die uns heute beim jetzigen Aufschwung fehlen. Mehr Handwerker braucht das Land! Wir werden uns wieder in Osteuropa „bedienen“, wobei gerade Polen der schwärzeste Fleck Europas ist in Sachen Energieversorgung. Die brauchen also eigentlich auch jede helfende Hand selbst.

      Geschichte können wir nicht beeinflussen, Zukunft schon. Genau deshalb betreibe ich Cleanthinking.de!

      BG Martin Jendrischik

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