Eavor Technologies und Enex wollen vorhandenen Bohrplatz erweitern, und so Fernwärme und Strom erzeugen.
Das Prinzip klingt simpel: Das kanadische Cleantech-Startup Eavor Technologies führt Wasser in großen Tiefen und auf einer Distanz von ca. 2 Kilometern im Kreis, um es mit der geothermischen Wärme zu erhitzen. Anschließend wird diese gewonnene Energie als Strom und Fernwärme vermarktet. Nach dem Prinzip eines Wärmetauschers soll ab Ende 2021 im bayerischen Geretsried nun ein höchst relevantes Geothermie-Projekt zum Erfolg geführt werden.
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat der Geretsrieder Stadtrat nun grünes Licht für die veränderten Pläne von Eavor Technologies und dem deutschen Partner Enex gegeben. Demnach soll ein vorhandener Bohrplatz in Gelting nach Abschluss eines Projektes des Bundeswirtschaftsministeriums ausgebaut werden. Ursprünglich wollte Enex an einem anderen Standort die Eavor Loop-Technologie umsetzen – dies scheiterte aber in den vergangenen Monaten an vielen Details.
Die Hintergründe sind schnell erzählt: Die Firma Enex hat die Bohrrechte in Gelting erworben, in den vergangenen Jahren aber zwei Probebohrungen durchgeführt, die für die klassische Geothermie ungeeignet waren: Wärme ist zwar in fast 5.000 Metern Tiefe ausreichend vorhanden, nicht aber ausreichend Grundwasser, um diese Wärme nutzbar zu machen. Bislang hat Enex nach eigener Aussage 30 Millionen Euro investiert.
Mit der Technologie von Eavor Technologies spielt dies nun nur noch eine untergeordnete Rolle – zwar werden neben den ebenfalls fast 5.000 Metern vertikalen Bohrungen zusätzlich 60 Kilometer lange, horizontale Bohrungen notwendig, aber dadurch kann Oberflächenwasser im Untergrund genügend erhitzt werden. Die in der Tiefe gebohrte Struktur ähnelt optisch einer Fußbodenheizung. Wieder oben angekommen, wird ihr die Wärme entzogen, und als Fernwärme oder Strom vermarktet. Damit, und in Verbindung mit staatlich garantierter Einspeisevergütung, könnten sich die Investitionen von Eavor langfristig rechnen.
Der Stadtrat von Geretsried hat die neuen Pläne des deutsch-kanadischen Unternehmens-Zusammenschlusses jedenfalls abgesegnet. Man stehe hinter dem Vorhaben, über das Geothermie-Projekt einen Teil der Gemeinde mit Fernwärme und Strom versorgen zu können.
Aus Sicht der deutschen Energiewende ist Geretsried ein wichtiges Signal: Wenn es tatsächlich gelingt, die Eavor-Technologie zu etablieren, könnten zahlreiche weitere Geothermie-Projekte folgen. Und zwar auch in Gegenden, die bislang nicht erschließbar waren, weil ein geeigneter Grundwasserträger fehlt. Entscheidend ist natürlich, dass durch die Bohrungen keine Erdbeben-Gefahr besteht. Das muss Eavor Technologies in den kommenden Jahren nachweisen.
Nach Erteilung der bergrechtlichen Genehmigungen kann erneut mit den Bohrungen begonnen werden, die in Verbindung mit der innovativen Eavor-Technologie zum Erfolg führen dürften. Aufgrund der langen Vorbereitungs- und Genehmigungszeiträume wird mit einem Bohrbeginn nicht vor Ende 2021 gerechnet; das erste Kraftwerk soll seinen Betrieb etwa ein Jahr später aufnehmen.
Im Endausbau sollen etwa 60 Megawatt thermische Leistung für Fernwärmezwecke und Stromerzeugung zur Verfügung stehen, die hierbei geplanten zwei Kleinkraftwerke sollen zusammen eine elektrische Leistung von etwa acht bis neun Megawatt liefern. So sollen 40.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermieden werden.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.