Gewerbebetrieb Wellbrock & Co. GmbH zeigt mit ganzheitlichem Energiekonzept, wie erneuerbare Energie sinnvoll mit Gas, Klimaanlage und Stromspeicher kombiniert werden kann.
Elektromotorräder liegen voll im Zeitgeist. Auch Honda macht unter den Herstellern keine Ausnahme und hat schon eines präsentiert. Umso wichtiger, dass sich Händler auf den künftigen Elektroantrieb vorbereiten. Die Wellbrock & Co. GmbH aus Lilienthal bei Bremen, Honda-Vertragshändler und eines der größten Motorradhäuser Deutschlands, geht hier klar als Trendsetter als Gewerbebetrieb voran: Neben Plätzen zum Aufladen für E-Motorräder für Team und Kunden wurde jetzt auch die schon lange existierende PV-Anlage erweitert und um Stromspeicher, BHKW und Klimaanlagen ergänzt, um den Eigenverbrauch durch Erneuerbare Energie zu maximieren.
„Die Herausforderung bestand darin, Deutschlands erste Stromspeicher-Farm mit den gewerblichen Stromspeichersystemen von E3/DC aufzubauen – und natürlich, die alte Heizung sinnvoll in eine umweltfreundliche Wärmeversorgung zu integrieren“, sagt Holger Laudeley, der mit seiner Firma Laudeley Betriebstechnik ganzheitliche Energieprojekte in Gebäuden federführend umsetzt und den Gewerbebetrieb Wellbrock umgerüstet hat.
Das Motorradhaus hat 2.500 Quadratmeter Platz, um die Zweiräder zu präsentieren, Lager und Werkstatt unter einen Hut zu bekommen. Geführt wird das Unternehmen schon seit 1981 von Wolfgang Wellbrock und seinem Partner Wolfgang Harbusch.
Die größten Verbraucher sind die Klimaanlage, der Leistungsprüfstand, der Hochdruckreiniger, die Umluftmotoren der Heizungsanlage sowie die Deckenbeleuchtung. „An der Deckenbeleuchtung sieht man, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht sein muss: Auf Anraten des Herstellers wurden hier statt handelsüblicher LEDs teilweise LED-Strahler gesetzt, deren Netzteile unfassbare 10.000 Watt zusammen verbrauchen“, sagt Laudeley. Das wollen Wellbrock und Harbusch nun, mit der gewonnenen Transparenz durch den Umbau, in der Zukunft wieder ändern.
Die Hallen, in denen das Unternehmen agiert, sind typische Hallenbauten aus den 80er oder 90er Jahren. 2009 entschieden sich die beiden Unternehmer für die Installation von zwei Photovoltaikanlagen: Eine mit 100 Kilowattpeak zur Volleinspeisung und eine Zweite mit 30 Kilowattpeak zu Eigenverbrauch und Überschusseinspeisung. „Jetzt im Jahr 2019 kam eine weitere Anlage zum Eigenverbrauch mit 30 Kilowattpeak dazu, um dem mittlerweile gestiegenen und zukünftig erwartbaren Energiebedarf durch e-Motorräder Rechnung zu tragen“, erklärt Laudeley das Vorgehen.
Ziel war es, den Strombedarf von 72.000 Kilowattstunden, für jede Kilowattstunde zahlt der Honda-Vertragshändler 30 Cent hier im Gebiet der Osterholzer Stadtwerke, möglichst weitgehend mit Photovoltaik und Speicherung abdecken zu können.
Holger Laudeley, Laudeley Betriebstechnik
Messkonzept mit 13 intelligenten Stromzählern von Discovergy
Um die Trennung der einzelnen Anlagen für die Abrechnung der alten und neuen Einspeisevergütung sicherzustellen, setzte Laudeley ein spezielles Messkonzept mit insgesamt 13 intelligenten Stromzählern des Aachener Spezialisten für Smart Metering, Discovergy, um. Dazu war es erforderlich, den Hausanschluss komplett zu erneuern, um mehr elektrische Leistung ein- und ausspeisen zu können.
Um den Eigenverbrauch zu maximieren, verbaute Laudeley mit seinem Team erstmals den großen Gewerbespeicher Quattroporte von E3/DC mit insgesamt 78 Kilowattstunden – und zwar nicht als Einzelgerät, sondern gleich in einer Kaskade von drei Systemen. Bei Quattroporte handelt es sich um ein System, das Wechselstrom speichert und besonders für große Gewerbeprojekte konzipiert worden ist.
Alte Luftheizung wird teilweise weitergenutzt
Für die Wärmeversorgung der zwei Hallen des Motorradhauses wurde die vorhandene Luftheizung, die sehr ineffizient mit Gas betrieben wurde und aus dem Jahr 1992 stammt, ersetzt, aber teilweise weitergenutzt. Weil der Aufwand, nachträglich Rohre zu verlegen, zu groß gewesen wäre, entschied sich Laudeley dafür, zwei neue Klimaanlagen zu installieren und diese in Spitzenlastzeiten mit Strom aus dem Netz als Heizung zu nutzen.
„Um den Umbauaufwand so gering wie möglich zu halten, haben wir die beiden Klimaanlagen mit der vorhandenen Infrastruktur der Luftheizung kombiniert“, so Laudeley. Auf einen zusätzlichen Spitzenlastkessel konnte dadurch verzichtet werden. Die Klimaanlagen bringen eine elektrische Leistung von 20 Kilowatt und eine Kälteleistung von 60 Kilowatt ins Gesamtkonzept ein.
Neben der Lösung mit den Klimaanlagen, die nun einerseits den Verkaufsraum und andererseits die Werkstatt kühlen oder heizen, wurde ein kleines Blockheizkraftwerk der RMB/ENERGIE GmbH, der neoTower Premium S mit einer thermischen Leistung von 18,1 Kilowatt und einer elektrischen Leistung von 7,2 Kilowatt, verbaut. Hinzu kam ein neuer Pufferspeicher mit einem Fassungsvermögen von 2.000 Litern. „Den ersten Winter haben wir damit überbrückt bekommen“, sagt Laudeley. „Und zwar sehr effizient.“ Aus 6.800 kWh Gasverbrauch sind in der ersten Abrechnungsperiode seit dem Umbau 4.000 kWh geworden.
Und im Sommer? Gelingt es dank der Klimaanlagen selbst an den sehr heißen Sommertagen aktuell, angenehme 20 Grad oder sogar weniger in den Räumlichkeiten zu haben. „Das Zusammenspiel zwischen Solar und Klimaanlage ist im Sommer ideal, zumal die Sonne schon herauskommt und die Speicher füllt, bevor die ersten Mitarbeiter größere Mengen Energie verbrauchen“, sagt Laudeley.
„Angesichts der zu erwartenden weiter steigenden Temperaturen ist die Lösung mit den Klimaanlagen eine, die auf ganz viele andere Hallen ebenfalls übertragbar ist.“ Sie sei wirtschaftlich wie ökologisch sinnvoll, so der Gebäudeexperte. „Es wird Zeit, dass jedes Hallendach in Deutschland eine PV-Anlage bekommt.“
Aus Sicht von Wolfgang Wellbrock und Wolfgang Harbusch hat die frühzeitige Orientierung vor zehn Jahren in Richtung Photovoltaik einen besonderen Nebeneffekt: Die 2009 installierten PV-Anlagen sind mittlerweile abbezahlt und „verdienen“ in den kommenden zehn Jahren noch 400.000 Euro – das Geld investieren die beiden erfolgreichen Unternehmer in Immobilien: So entsteht ein neues Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen, von denen Wolfgang Wellbrock eine beziehen möchte. Sein Partner Wolfgang Harbusch hat sich entschieden, Laudeleys Energiekonzept auf ein in seinem Besitz befindliches Vier-Familienhaus anzuwenden.
Hinweis: Martin Jendrischik, der Autor dieses Beitrags, ist auch beratend für Cleantech-Unternehmen tätig. Beispielsweise auch für Laudeley Betriebstechnik und Discovergy.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.