Elon Musk verkündete bei der Verleihung des Goldenen Lenkrads den Bau der Gigafactory in Grünheide bei Berlin – unweit vom Flughafen BER.
Die Gemeinde Grünheide im Landkreis Oder-Spree dürfte mit ihren 8645 Einwohnern kaum jemandem ein Begriff sein. Aber: Das ändert sich heute schlagartig, weil Tesla-Chef Elon Musk gestern bei der Verleihung des Goldenen Lenkrads ankündigte: In Grünheide bei Berlin errichtet Tesla die europäische Gigafactory und schafft 10.000 Arbeitsplätze. Damit hat Musk alle überrascht – bislang galten Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen als Favoriten.
Tesla wolle dort neben Batterien und Antriebssträngen, natürlich auch Elektroautos bauen. Beginnen wird es mit dem Model Y, kündigte Musk in einem weiteren Tweet an. Neben der Gigafactory 4 in Grünheide soll auch ein Entwicklungszentrum direkt in Berlin entstehen. Von den Dimensionen her soll die Tesla Gigafactory 4 bei Berlin den Dimensionen der in Rekordzeit gebauten Gigafactory 3 in Shanghai entsprechen. Dort werden schon in der ersten Ausbaustufe 150.000 Elektroautos der Marke Tesla vom Band laufen.
Ob Tesla die Rekord-Bauzeit von einem Jahr in Deutschland mit seiner Bürokratie wird übertreffen können? Unwahrscheinlich. Vielleicht auch deswegen konnte sich Musk einen Seitenhieb auf den Berliner Flughafen BER nicht verkneifen: „Wir werden definitiv ein höheres Tempo vorlegen müssen als der Flughafen“, zitiert ihn der Tagesspiegel.
Zuerst hatte die Bild-Zeitung über die Ankündigung von Elon Musk berichtet – kein Wunder, die Verleihung des goldenen Lenkrads fand gestern Abend in Räumlichkeiten des Axel-Springer-Verlags statt. Der Seitenhieb auf den Flughafen ist nicht nicht unwichtig: Tesla’s Gigafactory ist im Südosten Berlins – vom neuen Flughafen BER nur rund 30 Minuten entfernt.
Die Industriefläche, die Tesla in Brandenburg offenbar erworben hat, war nach Angaben des Tagesspiegels auch bereits einmal im Rennen für die Ansiedlung eines BMW-Werkes. Jetzt kommt also Tesla in die Gemeinde und schafft dort so viele Arbeitsplätze wie die Gemeinde heute Einwohner hat. Für das Bundesland Brandenburg und für Berlin ein großartiger Erfolg.
Pikant: Als BMW im Jahr 2001 nach einem Standort für sein neues Werk suchte, das dann letztlich in Leipzig angesiedelt wurde, gab es in Grünheide nach Angaben der WELT Proteste der Bürger, die auch gegen den Großflughafen BER waren. 18 Jahre später wird es nun Aufgabe von Politik und Unternehmen sein, auch die in der Gemeinde lebenden Menschen mitzunehmen und so für eine positive Atmosphäre zu sorgen.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop begrüßte Tesla ebenfalls via Twitter in der Metropolregion Berlin und gab bekannt, der Standort für das Entwicklungszentrum stehe noch nicht fest.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte, man habe sich seit längerem in intensiven Gesprächen befunden. Die Gigafactory werde sehr vielen Menschen gute Arbeit geben und Brandenburg als innovativem und internationalem Standort einen weiteren Schub geben. Wie der Tagesspiegel berichtet, soll die Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und Tesla-Chef Musk gestern endgültig besiegelt worden sein. Entscheidenden Einfluss auf den Ansiedlungserfolg hatte auch der amtierende Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, der auch im neuen Kenia-Kabinett von SPD, CDU und Grünen seinen Posten behalten wird.
Der Unterschrift war ein monatelanges Tauziehen vorausgegangen – zwischen Bundesländern und Regionen. So hatten sich u.a. das Saarland, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, die Lausitz und einige andere Regionen öffentlich oder in Briefen bei Tesla ins Gespräch gebracht. Elon Musk hatte ursprünglich einen Standort mit direktem Bezug zur Region Benelux angedacht – jetzt ist die Entscheidung anders getroffen worden.
Unklar ist, wann Tesla mit dem Bau und der Produktion des Tesla Model Y und später des Tesla Model 3 beginnen wird. Angesichts des Tempos, das Tesla in Shanghai an den Tag legte, ist von einem Start in den kommenden zwei Jahren auszugehen. Das Model Y ist für den europäischen Markt ab 2022 vorgesehen – das könnte also bedeuten, dass schon die ersten europäischen Fahrzeuge aus der Gigafactory 4 aus Grünheide bei Berlin auf den Markt rollen werden.
Das Tesla-Team gewann das Goldene Lenkrad übrigens für das beste Mittelklasse-Fahrzeug: das Tesla Model 3. Neben dem Elektroauto aus Kalifornien wurden weitere Elektrofahrzeuge beim Goldenen Lenkrad von Bild am Sonntag und Autobild ausgezeichnet: Der Audi e-tron in der Klasse der großen SUVs und der Jaguar I-Pace als Mittelklasse-SUV.
Tesla sucht bereits Mitarbeiter für die Gigafactory 4
Unterdessen sucht Tesla bereits die ersten vier Mitarbeiter für die Gigafactory 4 in Grünheide bei Berlin. Vier Positionen finden sich hier auf der Tesla-Webseite in den Bereichen Engineering, Construction, Operations und Manufacturing. Allerdings gibt es bislang nur die Jobtitel und keine konkreteren Anforderungen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.