Teilen statt kaufen: Wie hektar9 zum Airbnb für Landmaschinen werden will

Die Landwirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Kosten, Ressourcenknappheit und der Druck zu mehr Nachhaltigkeit aufgrund des Klimawandels stellen Landwirte vor immense Herausforderungen. Gleichzeitig verspricht die Elektrifizierung umweltfreundlichere Maschinen, doch die hohen Anschaffungskosten sind angesichts unruhiger Zeiten ein Hindernis. Wie können Landwirte also auf neue Technologien umsteigen, ohne ihr Budget zu sprengen?

Eine mögliche Antwort darauf liefert das Cleantech-Startup hektar9, das sich als eine Art „Airbnb für Landmaschinen“ positioniert und das Ziel verfolgt, die CO2 Emissionen beim Einsatz der Maschinen zu reduzieren. Auf der Plattform sollen künftig auch verstärkt Elektromaschinen angeboten werden, die in der eigenen Anschaffung bisher teuer sind. Dieses Modell verspricht nicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch eine Stärkung der Gemeinschaft unter Landwirten.

So funktioniert der „Landtechnik-Marktplatz“

Das Prinzip ist einfach: Steht der eigene Traktor ungenutzt in der Scheune, während der Nachbar einen Grubber benötigt, bringt hektar9 beide zusammen. Landwirte und Lohnunternehmer können ihre Maschinen auf der Plattform in wenigen Schritten einfach vermieten bzw. teilen.

„Damit können die landwirtschaftlichen Maschinen ohne Risiko optimal ausgelastet werden“, erklärt Co-Gründer Dr. Michael Reinicke. Wenige Monate nach der Gründung der Plattform sind bereits 5.000 Maschinenangebote für das Vermieten registriert.

Zentral für das Funktionieren des Marktplatzes ist, dass die Maschinen flexibel gebucht werden können – und sich in einem Radius zum ausleihenden Landwirt befinden, der es auch aus Umweltgründen sinnvoll macht, die jeweilige Maschine von Hof zu Hof zu transportieren.

„Früher war es umständlich, sich im Umkreis von 50 Kilometern flexibel eine benötigte Maschine mieten zu können“, erinnert sich Reinicke. „Aber schon heute funktioniert das in sehr vielen Fällen.“ Daher seien die Nutzer der Plattform besonders begeistert vom neuen, digitalen Angebot.

Breite Maschinen-Palette bei hektar9

Über 5.000 Maschinen sind bereits auf hektar9 verfügbar, von Baumaschinen über Garten- und Forsttechnik bis hin zu Zug- und Arbeitsmaschinen. Besonders in Bayern und Nordrhein-Westfalen erfreut sich der „Maschinen-Marktplatz“ großer Beliebtheit. Technologie sehen die drei erfahrenen Gründer Michael Reinicke, Markus Barnikel und Matthias Siedler als „Schlüssel zur Förderung einer starken Landwirtschaft.“

Spätestens seit den Diskussionen um Agrardiesel-Streit zu Beginn des Jahres haben sich Maschinenhersteller auf den Weg gemacht, die Elektrifizierung durch Elektromobilität auch in diesem Sektor in die Wege zu leiten. Doch Produktionskapazitäten etwa für strombetriebene Traktoren sind gering – und es braucht Zeit, bis das Angebot wächst und somit günstiger wird.

Warum nicht ungenutzte Maschinen an Landwirte online vermieten?
Der Grund liegt auf der Hand: Ein Schlepper mit einem durchschnittlichen Anschaffungswert von 148.000 Euro und einer Leistung von 138 kW müsste zwischen 1.000 bis 1.200 Betriebsstunden pro Jahr produktiv eingesetzt werden, um einen spürbaren Kostenvorteil gegenüber einer Miete der Landmaschine zu erzielen, so das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. Ein deutscher Landwirt setzt den Traktor nach Angaben der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen jedoch nur rund 550 bis 700 Stunden jährlich ein.

Gerade in dieser Lage ist die breite Maschinen-Palette von hektar9 nicht nur ökonomisch für die Landwirte sinnvoll, sondern auch zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks. Denn die Verbraucher, aber auch Supermärkte, erwarten zunehmend Produkte, die nachhaltig sind.

„Der unübersehbare Trend, Landtechnik gemeinsam zu nutzen und auch zu kaufen, vor allem bei teuren und elektrischen Maschinen nimmt gerade richtig Fahrt auf“, so Reinicke. Aber: Es braucht Vertrauen zur Plattform und zwischen den Landwirten untereinander. Dann kann es gelingen, die kostenintensive Unterauslastung von Maschinen zu beseitigen.

Die Zukunft der Landwirtschaft?

hektar9 ist mehr als eine Vermittlungsplattform wie Airbnb. Das Cleantech-Startup hat eine klare Vision: eine Landwirtschaft, in der Ressourcen optimal genutzt werden, Landwirte zusammenarbeiten und moderne Technologie zum Einsatz kommt. Ob das bayerische Unternehmen dieses ambitionierte Ziel erreichen und eine echte Kreislaufwirtschaft für Land- und Arbeitsmaschinen etablieren kann, bleibt abzuwarten. Das Potenzial, die Branche nachhaltig zu verändern, ist jedoch zweifellos vorhanden.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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