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Heliatek: Solarfolien für Fassaden kurz vor der Massenproduktion

Solarfolien HeliaSol und HeliaFilm des Dresdner Cleantech-Unternehmens sind nur einen Millimeter dick und sehr leicht. Werden damit alle Gebäude zu Stromerzeugern?

Seit vielen Jahren ist Heliatek ein Hoffnungsträger für ökologische Transformation im Allgemeinen und die Energiewende im Besonderen. Das Dresdner Cleantech-Unternehmen entwickelt hauchdünne, organische Solarfolien, die ideal sind, um sie an Fassaden, auf Zeltplanen oder Windkrafttürmen zu montieren. Aber, ähnlich wie bei der Massenproduktion von E-Autos: Die Justierung des Maschinenmarkts für die schon im August 2019 in Betrieb genommene Produktionsanlage ist komplex. In diesem Jahr 2022 soll es so weit sein – gerade rechtzeitig für den Boom der Solarenergie.

Als die Produktionsanlage feierlich im August 2019 eingeweiht wurde, erhielten die geladenen Gäste einen Rundgang durch die neue Produktionslinie, der mit einer symbolischen Inbetriebnahme der Anlage, die mit dem Hochlauf beginnen sollte, endete. Alle Kernproduktionsmaschinen waren installiert – seitdem arbeitet Heliatek nach Angaben des COO Michael Eberspächer an der großvolumigen Rolle-zu-Rolle-Massenproduktion von HeliaFilm und HeliaSol.

Mit der Eröffnung der Produktionsstätte hat Heliatek die Transformation von der Forschung in die Praxis erfolgreich gemeistert. Produktion von hochinnovativen Produkten. Aus Dresden, organische Solarfolien wird eine saubere und nachhaltige Energieerzeugung auf der ganzen Welt sicherstellen. Dies verdeutlicht das hohe Innovationspotenzial im Freistaat und stärkt den Wirtschaftsstandort Sachsen.

Michael Kretschmer, Sachsens Ministerpräsident

Die Fertigungsanlage in Dresden soll dann ab 2022 eine maximale Kapazität von einer Million Quadratmeter Solarfolien pro Jahr haben. Gelingt es, würde das die Energiewende massiv beschleunigen.

Mit der Inbetriebnahme unserer neuen Produktionslinie setzen wir einen neuen Meilenstein in der Geschichte von Heliatek und der Herstellung von Solarlösungen.

Guido van Tartwijk, Heliatek CEO

Bewegte Heliatek-Historie: Neues Zeitalter mit Solarfolien

In den vergangenen Jahren hat das Cleantech-Unternehmen seine Solarfolien immer wieder in unterschiedlichen Projekten und Anwendungen getestet und kontinuierlich weiterentwickelt. Heliafilm basiert auf PET-Folie, also einem Kunststoff wie bei einer handelsüblichen Wasserflasche, der praktisch unbegrenzt verfügbar ist Eine Anwendung wurde beispielsweise im Duisburger Hafen sichtbar. 2016 hatten die Dresdener eine Finanzierungsrunde über 60 Millionen Euro abgeschlossen. Zuvor hatte das Unternehmen immer wieder Effizienzrekorde aufgestellt.

Organische Solarfolie HeliaSol von Heliatek

Die Solarfolien haben eine Fülle von Vorteilen – sie sind biegsam und können im effizienten und preiswerten Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt werden. Durch ihre Eigenschaften lohnt sich der Einsatz an vielen Stellen, an denen sich Photovoltaikanlagen bislang nicht rechnen – allerdings mit niedrigerem Wirkungsgrad. Gleichzeitig wird weniger Material verbraucht – kritische Rohstoffe wie Silber beispielsweise sind gar nicht notwendig, und das könnte einer der entscheidenden Pluspunkte der Heliatek-Technologie werden.

Technologie für Fassaden, Industriebauten, Hochhäuser

Gerade Fassaden, Industriebauten, aber auch Hochhäuser in Innenstädten, die beispielsweise Vertical Farming beherbergen, können damit ausgestattet werden. Gelingt die Massenfertigung, kommt diese exakt zum richtigen Zeitpunkt, da die ganze Welt händeringend auf leicht skalierbare Lösungen wartet. Werden diese in Europa für den hiesigen Markt produziert, kann die verspätete, aber ambitionierte Energiewende endlich vorankommen.

Denkbar sind auch Windkrafttürme mit Solarfolien, um erneuerbare Energien weit grundlastfähiger zu machen. Auch diese Anwendung hat das Unternehmen in der Vergangenheit bewiesen. Jetzt gilt es, die Chancen der Massenproduktion zu nutzen und die organischen Solarfolien aus Dresden zu einem Exportschlager weltweit zu machen.

Organische Solarzellen ein Erfolg von Prof. Karl Leo

Die organischen Solarzellen bzw. die Solarfolien HeliaFilm und HeliaSol basieren auf der Arbeit von Prof. Karl Leo von der TU Dresden, der als „Organikpapst“ zum Mitgründer zahlreicher Cleantech-Unternehmen wurde. So gelang ihm mit dem OLED-Unternehmen Novaled der große Durchbruch, und der Verkauf an Samsung. Leo gelang es, die Probleme organischer Halbleiter zu überwinden, und die Technologie zu kommerzialisieren. Displays wurden durch die organischen Leuchtdioden heller, klarer und nicht zuletzt auch energieeffizienter und umweltfreundlicher.

2021 gewann Karl Leo den europäischen Erfinderpreis.

Seit den 1980er Jahren werden Halbleiter kohlenstoffbasiert entwickelt. Die Vorteile lagen im Preis, der Flexibilität und Recyclingfähigkeit. Allerdings lagen die Nachteile in geringer Leitfähigkeit und kurzer Lebensdauer. Daher fällt die Entscheidung, anorganische Halbleiter aus Materialien wie Silizium zu nutzen.

Karl Leo hat mit seiner wissenschaftlichen Arbeit maßgeblich dazu beigetragen, die Probleme organischer Halbleiter zu überwinden. Während seiner Tätigkeit an der TU Dresden beschloss er, ein Verfahren zur Verbesserung der Leitfähigkeit von anorganischen Halbleitern auf organische Halbleiter anzuwenden. Bei diesem Verfahren, der sogenannten Dotierung, werden kleinste Mengen elektronenerzeugender Stoffe eingebracht.

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Organische Leuchtdiode als Ausgangspunkt

Das Experiment erwies sich als Erfolg und schaffte für Leo und sein Team die Voraussetzungen, eine neue Generation hochleistungsfähiger OLEDs zu entwickeln. 1998 hatten Leo und sein Team an der TU Dresden eine organische Leuchtdiode entwickelt, die nur ein Fünftel der Standardbetriebsspannung benötigte. In einigen Fällen wurde sie eine Million Mal leitfähiger als zuvor realisierbar war und eröffnete der Elektronikindustrie völlig neue Möglichkeiten.

Karl Leo Gewinner Europäischer Erfinderpreis 2021

Diese patentierte OLED-Technologie von Leo wurde durch die Novaled AG vermarktet, das Cleantech-Unternehmen, das er 2001 mitgegründet hatte. Die organischen Leuchtdioden werden heute in Flachbildschirmen und anderen elektronischen Geräten verbaut, und verbessern nicht nur die Bildhelligkeit, sondern auch die Auflösung, den Kontrast und die Energieeffizienz. Samsung wurde aufmerksam und übernahm Novaled 2013, um die OLEDs in seinen Produkten zu verwenden.

Die Technologie kommt derzeit in der Hälfte aller Smartphones weltweit sowie in vielen Arten von ultraleichten organischen Solarzellen zum Einsatz.

Leo ist derzeit Lehrstuhlinhaber und Professor für Optoelektronik an der TU Dresden sowie Direktor des interdisziplinären Zentrums „Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP)“. Beflügelt vom Erfolg seiner Erfindung und deren Potenzial, auch andere Gebiete wie die Solarenergie zu revolutionieren, setzt der 60-Jährige seine Arbeit im Bereich organischer Halbleiter fort. Er ist bislang Mitgründer von acht Start-ups, einschließlich Novaled, und trägt damit zum Ausbau des deutschen Silicon Saxony bei.

Während seiner mehr als 30-jährigen Karriere hat Leo zudem mehrere Unternehmen für die Vermarktung seiner Erfindung gegründet. Jetzt erhielt er den Europäischen Erfinderpreis 2021 für sein Lebenswerk.

Handicap: Wirkungsgrad organischer Solarzellen

Derzeit, im November 2023, liegt das Handicap für den Durchbruch organischer Solarzellen noch beim Wirkungsgrad. Liegt dieser bei klassischen Silizium-Solarzellen bei mehr als 20 Prozent, so erreichen die hauchdünnen Solarfolien lediglich neun Prozent Wirkungsgrad.

Doch damit ist das Ende der Fahnenstange längst nicht erreicht, wie das Handelsblatt im Juli 2023 berichtet: Wissenschaftler in Hongkong haben durch kleinere Materialveränderungen einen Wirkungsgrad von 19 Prozent nachgewiesen. Dadurch würden die Moleküle während der chemischen Reaktion „geordneter gestapelt“, heißt es. Das führt nicht nur zur Steigerung der Effizienz, sondern auch zur Verbesserung der Stabilität. Allerdings ist ein Laborerfolg noch kein Durchbruch in der skalierten Produktion. Das braucht Zeit.

Wie Heliatek profitabel werden will

Mit der installierten Massenproduktionsanlage in Dresden wollen die Heliatek-Manager Guido van Tartwijk, Michael Eberspächer und Thomas Martin das Unternehmen in die Gewinnzone zu führen. Dazu könnte auch ein Börsengang und somit die Heliatek Aktie beitragen. Bisher finanziert sich das Cleantech-Unternehmen durch Einlagen von Risikokapitalisten, die eine Rendite sehen möchten. 2018 stand bereits ein Börsengang zur Debatte, ist aber aktuell vom Tisch.

Diskussionen in Europa darüber, wie und ob eine deutsche Photovoltaik-Produktion wiederbelebt werden könne, zielen auch darauf ab, die Technologien zu stärken, in denen Deutschland weltweit führend ist. Das Technologie-Unternehmen ist schließlich Weltmarktführer bei organischen Solarmodulen und verfügt über mehrere Hundert Patente zu Materialien oder Verfahren. Mit Oxford PV produziert ein weiterer Marktteilnehmer in Brandenburg.

Aus Sicht von Prof. Karl Leo ist speziell mehr Forschungsförderung nötig, um mit organischen Solarfolien so richtig durchstarten zu können. Bislang sind die Erwartungen an den Markt für Solarzellen auf Basis organischer Moleküle eher Verhalten: Das Marktvolumen könnte sich demnach von heute 97 Millionen Euro bis 2030 verzehnfachen. Es ist also weiterhin Geduld gefragt, bis organische Solarfolien überall zum Einsatz kommen.

Dieser Artikel über Heliatek erschien ursprünglich am 20. August 2019, wurde zuletzt am 5. November 2023 erweitert.

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% S Kommentare
  1. Klaus sagt

    Ich sehe das grundsätzlich wie RS. Diese Technik ist eine von vielen Lösungen, eine Lösung für spezielle Fälle, eine Lösung die uns auch weiter bringen wird. Manche Entwicklungen schaffen es nicht, manche gebrauchen Zeit und Hilfe. Die Entwickler geben ganz sicher ihr Bestes und ich wünsche Team Heliatek das Fingerspitzengefühl und die Kraft, sich auf dem Markt zu etablieren.

  2. Günter Strohm sagt

    Ist die Folie für Fensterscheiben durchsichtig? Oder muss diese Folie extra hergestellt werden?

  3. Dipl. Ing.Schmelzer sagt

    Seit 5Jahren warte ich auf den Durchbruch dieser Technologie, mein
    Haus habe ich für diese Art der Energieerzeugung ausgerichtet.
    Leider verschiebt sich die Fertigstellung und die Markteröffnung jedes
    Jahr für dieses Produkt.
    Wir schreiben heute das Jahr 2023, mir scheint der Standort Dresden
    eine eventuelle Ursache zu sein. Meine erste Anfangsstelle als Dpl.Ing.
    war die DEMAG in Duisburg Bandanlagensektor Maschinenbau. Hier scheint mir . eine unqualifizierte Führung an der Macht zu sein, die von Fertigung noch vom Verkauf befähigt ist. Über Preise noch von technischen Unterlagen ist nichts zu erhalten, schade! !

    1. Martin Jendrischik sagt

      Hallo Klaus,

      Neue Cleantech-Lösungen brauchen Zeit. Heliatek verkauft die produzierten Mengen an größere Kunden, nicht an Endkunden nach meiner Recherche. Das Geschäft wäre zu Kleinteilig und zu teuer.

      Was das mit dem Standort Dresden zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Prof. Karl Leo als Vordenker organischer Elektronik hat dort seine Professur.

      Ich gehe davon aus, dass Heliatek sehr bald viel größere Mengen wird herstellen können.

      Viele Grüße,

      Martin Jendrischik

  4. Andreas Jeziorek sagt

    Entscheidend ist nicht die tolle Technik, sondern welche Leistung kann die Folie pro m2 und was kostet der m2 inkl. Montage.
    Die Referenzanlagen zeigen nur ein Viertel der Leistungsdichte wie monokristalline Module.
    Die Gebäudeflächen sind in Hinblick auf den riesigen Energiebedarf in der Energiewende begrenzt, so dass die effizienteste Technik zum Zuge kommen sollte.
    Auch ist das Kapital für die Energiewende nicht unbegrenzt. Deswegen ist auch der Preis pro kWpeak entscheidend.

    1. RS sagt

      Wenn die Gebäudefläche allerdings ansonsten gar keinen Ausbau zulassen würde, ist die Technik sinnvoll.
      Das Beispiel der Windkraftanlagen wurde genannt. Die Folien können auf eine runde Oberfläche geklebt werden – die Technik und Anbindung für den weiteren Transport des Stroms ist durch die Anlage bereits gegeben.
      Offshore-Anlagen die von Verschattung nicht betroffen sind, könnten hier die Grundlast verbessern.

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