Hochhaus mit Solarfassade: Vorbild für viele weitere Gebäude?

Ein Bürohochhaus in Melbourne zeigt die Kraft der Solarfassade – 1.182 Dünnschicht-Solarmodule von Avancis sollen das Gebäude versorgen. Setzt sich die Fassaden-Photovoltaik in der Architektur nun durch?

Wenn das Solar Skin-Bürohochhaus im Jahr 2023 in Melbourne, Australien, errichtet wird, könnte für Photovoltaik an der Solarfassade von Gebäuden ein neues Zeitalter anbrechen. Das von Architekt Pete Kennon entworfene Gebäude 1.182 Dünnschicht-Solarmodule von Avancis aus Deutschland erhalten, um den Strombedarf der Wärme- und Kälte-Nutzung abzudecken. Kombiniert mit einer weiteren Photovoltaikanlage auf dem Dach des Solar Skin-Hochhauses wird sich das Gebäude sogar vollständig selbst versorgen – und seinen eigenen CO2-Fußabdruck durch Verwendung von Beton und Stahl minimieren.

Das Bürohochhaus belastet durch die Nutzung der Photovoltaik an Dach und Fassade das öffentliche Stromnetz nur sehr bedingt. Die verwendeten Dünnschicht-Solarzellen von Avancis aus Torgau bei Leipzig sind speziell für solche Anwendungen als Solarfassade konzipiert worden. Erst kürzlich verbesserte das Cleantech-Unternehmen seinen eigenen Wirkungsgrad mit der Dünnschichttechnik auf 19,8 Prozent. Die neue internationale Bestmarke wurde für ein komplett verkapseltes Dünnschichtmodul mit integrierter Serienverschaltung der Größe 30 cm x 30 cm erzielt. Der Wirkungsgradweltrekord bezogen auf die Aperturfläche von 665 Qudratzentimetern wurde vom National Renewable Energy Lab (NREL) unabhängig zertifiziert. Damit konnte der bisherige Bestwert von 19,6 Prozent weiter ausgebaut werden.

Zum Einsatz kommt als Solarfassade in Australien eine besonders massive Version der Paneele, um diese vor Hitze zu schützen, und genügend für die Kühlung der Gebäude notwendige Energiemenge zu produzieren. Pro Jahr sollen 70 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden. Laut Architekt Kennon kann das Haus damit ohne weitere Kompensationen klimaneutral sein – also auch den Fußabdruck von Stahl und Zement ausgleichen.

Die Glaspaneele, die die Solarzellen einschließen, heißen Skala und sind in ganz vielfältigen Farben erhältlich, wie beispielsweise die Solarfassade vom Helmholtz-Zentrum in Berlin zeigt:

Solarfassade am Helmholtz-Zentrum Berlin: Kräftiges Blau.

Die Dünnschicht-Technologie von Avancis für die Gebäudefassade heißt SKALA – in diesem Video gibt es weitere Hintergründe dazu:

Avancis sagt über seine Skala Dünnschicht-Solarmodule: „Für Architekten, Fassadenplaner und Investoren bietet Skala die Möglichkeit, individuell gestaltete Solarfassaden mit höchster Ästhetik und gleichzeitig höchstem Energieertrag zu realisieren. Die technische Basis ist ein ästhetisches Dünnschicht-Solarmodul, das in Bezug auf Design, Energieeffizienz, Leistung, Qualität und Produktsicherheit einzigartig ist.“

Bürohochhaus mit Solarfassade in Melbourne: So soll es mal aussehen.

Der 34-jährige Kennon begann 2019 mit der Erforschung entsprechender „Solar Skin“-Produkte, als er von Avancis davon erfuhr. Obwohl das Cleantech-Unternehmen an europäischen Projekten beteiligt war, gab es noch keine Bestrebungen die Technologie nach Australien zu bringen. „Australien hat eine der strengsten, wenn nicht die strengste Bauordnung der Welt“, sagte er. „Und in Anbetracht der jüngsten Geschichte mit brennbaren Fassaden ist dies ein – entschuldigen Sie das Wortspiel – sehr heißes Thema, so dass es eine enorme Sorgfaltspflicht erfordert, ein Produkt wie dieses vorzuschlagen.“

Die Solarfassade wird derzeit einer letzten Testrunde unterzogen, bevor sie zugelassen werden kann, so dass die Technologie dann auch für andere Gebäude zur Verfügung stehen würde.

Kennon ist der Meinung, dass diese Art von Solarfassade an mehr Gebäuden eingesetzt werden sollte. „Es ist dringend notwendig, unsere Gebäudetechnologien durch nachhaltigere Methoden zu erneuern“, sagt er. „Die Nutzung von Sonnenenergie ist ein natürlicher Weg bei unseren Großprojekten, insbesondere an Standorten, die einen guten Zugang zum Sonnenlicht haben.“

Hoffen wir, dass es viele Nachahmer gibt, denen die Solarfassade mindestens genauso gut ins Konzept passt – und weitere Hersteller, die ähnlich überzeugende Lösungen auf die Beine stellen, wie es Avancis geschafft hat. Wird der Solar Skin-Tower zum Vorbild für viele weitere Gebäude?

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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