Meilenstein für HyFlyer II-Programm: ZeroAvia bringt 19-Sitzer mit emissionsfreiem Wasserstoff-Antrieb in die Luft.
Das Cleantech-Unternehmen ZeroAvia hat im Rahmen des HyFlyer II-Programms einen wichtigen Meilenstein erreicht. Eine auf einen selbst entwickelten wasserstoffelektrischen Antrieb umgerüstete Dornier 228 schaffte einen zehnminütigen Testflug über einem Flughafen in Großbritannien. Der Meilenstein ist ein Fortschritt auf dem Weg zur emissionsfreien Luftfahrt – allerdings zeigt er auch, wie weit der Weg noch ist, um ab 2050 mit gutem Gewissen fliegen zu können.
Im Dezember 2020 hatte die britische Regierung einerseits und Investoren wie Amazon, Shell oder Breakthrough Ventures in ZeroAvia investiert. Cleanthinking hatte darüber hier berichtet. Jetzt gelang ZeroAvia ein zehnminütiger Flug mit einem Flugzeug, das 19 Sitze bietet. Es ist das größte Flugzeug, das jemals mit einem wasserstoffelektrischen Antrieb geflogen ist. Ein echter Meilenstein für das HyFlyer II-Programm.
Das zweimotorige Flugzeug wurde so umgerüstet, dass es auf der linken Tragfläche mit dem wasserstoffbetriebenen Elektroantrieb von ZeroAvia ausgestattet ist, der dann neben einem Honeywell TPE-331-Triebwerk auf der rechten Tragfläche betrieben wird. In dieser Testkonfiguration besteht der wasserstoffelektrische Antriebsstrang aus zwei Brennstoffzellenstapeln, wobei Lithium-Ionen-Batteriepakete die Spitzenleistung während des Starts unterstützen und zusätzliche Redundanz für sichere Tests bieten. In dieser Prüfstandskonfiguration waren die Wasserstofftanks und die Brennstoffzellen-Stromerzeugungssysteme in der Kabine untergebracht. In einer kommerziellen Konfiguration würden externe Speicher verwendet und die Sitze wieder eingebaut.
Der emissionsfreie Wasserstoff ist direkt auf dem Gelände des Flughafens per Elektrolyse hergestellt worden. Damit wird auch das Gesamtsystem getestet, das mit solchen Flugzeugen mehrere Regionalflughäfen miteinander verbinden könnte.
Bei ZeroAvia ist man überzeugt, dass nur der Antrieb mit Brennstoffzellen und Elektromotor die Luftfahrt in Zukunft sauber machen kann, wie der CEO Val Miftakhov betont. Nur Wasserstoff als Treibstoff könne Elektroflugzeuge zu einer Option für mehr Passagiere und längere Strecken machen. Und genau diese sind heute für die meisten Emissionen verantwortlich.
Technologische Herausforderungen
Der Meilenstein im HyFlyer II-Programm ist bedeutsam. Allerdings zeigt ein 10-Minuten-Flug mit einem 19-Sitzer auch, dass der Weg zu einer emissionsfreien Luftfahrt mit wasserstoffelektrischem Antrieb noch verdammt lang ist. Auch der CEO von ZeroAvia gesteht „erhebliche technologische Herausforderungen“ zu, da es eine brandneue Technologie sei, die bislang nicht im kommerziellen Einsatz oder zertifiziert sei.
Der wasserstoffelektrische Antrieb, den ZeroAvia entwickelt hat, soll herkömmliche Motoren ersetzen. Dabei wandelt eine Brennstoffzelle den in Tanks gespeicherten Wasserstoff um, damit Elektromotoren angetrieben werden können. Die jetzige Flugzeuggröße soll im Jahr 2023 optimiert fertiggestellt werden. Danach folgen Zertifizierungstests, die noch einmal 12 bis 18 Monate dauern werden.
Mehrere Fluggesellschaften haben sich mittlerweile mehr als 1.500 dieser Triebwerke vorbestellt. Ein weiteres Problem ist aber, dass sich Flughäfen bislang weigern, die notwendige Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen. Bedeutet: ZeroAvia muss diese Aufgabe selbst in die Hand nehmen. Einer der Partner dabei ist der Hersteller modularer Elektrolyseure, Enapter.
Daneben muss die Technologie auf größere Flugzeuge skaliert werden. Flugzeuge mit 40 bis 90 Sitzen sind ein angestrebtes Ziel. Dies setzt aber andere Brennstoffzellen und Motoren voraus. Und: Dann muss stark komprimierter, gasförmiger Wasserstoff verwendet werden, der eher Raketentreibstoff ähnelt. Dabei ist immer wieder die Frage der Platzierung der Treibstofftanks entscheidend.
Das HyFlyer II-Programm von ZeroAvia zur Entwicklung des wasserstoffelektrischen Triebwerks ZA-600 und zur Nachrüstung der Dornier 228 wird in Partnerschaft mit EMEC und Aeristech durchgeführt und von der britischen Regierung im Rahmen des ATI-Programms sowie vom Department for Business, Energy Industrial Strategy, Innovate UK und Aerospace Technology Institute unterstützt. Val Miftakhov ist auch Mitglied des Jet Zero Council der britischen Regierung.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.