Erneuerbare sind ab 2025 die weltweit wichtigste Stromerzeugungsquelle.
Erneuerbare Energien sind in raschem Tempo auf dem Vormarsch, auch die Corona-Krise kann den Siegeszug von Solar- und Windenergie nicht bremsen. Dem aktuellen Bericht der Internationalen Energieagentur zufolge wachsen die erneuerbaren Energien in diesem Jahr weltweit kräftig, während es zu Rückgängen bei Öl, Gas und Kohle kommt. Antreiber sind China und die Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Zubau erneuerbarer Energien wird in diesem Jahr auf 200 Gigawatt ansteigen, so der Bericht Renewables 2020 der IEA. Der Anstieg entspricht fast 90 Prozent des gesamten Ausbaus der weltweiten Stromkapazität. Neben Windkraft spielen dabei auch Photovoltaik und Wasserkraft eine gewichtige Rolle.
Im Jahr 2025 werden die erneuerbaren Energien zur weltweit größten Stromerzeugungsquelle werden und damit die fünf Jahrzehnte der Kohle als wichtigster Stromversorger beenden. Bis dahin werden erneuerbare Energien voraussichtlich ein Drittel des weltweiten Stroms liefern – und ihre Gesamtkapazität wird doppelt so groß sein wie die gesamte heutige Stromkapazität Chinas.
Dr. Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA
In China wird der Zubau von Wind- und Solarenergie um 30 Prozent steigen, da immer mehr Investoren und Projektierer auf den Markt drängen. In China laufen Förderungen aus, so dass dieser Anstieg um beinahe ein Drittel erklärt werden kann.
Im kommenden Jahr werden sowohl Indien als auch die Europäische Union maßgebliche Treiber des noch stärkeren Wachstums erneuerbarer Energien sein. Das Wachstum dürfte dann bei weiteren zehn Prozent liegen, prognostiziert die IEA. Allein in Indien wird sich der jährliche Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten ab 2020 jährlich verdoppeln. Damit wird das Land zum entscheidenden Treiber in den kommenden Jahren.
„Erneuerbare Energien trotzen den durch die Pandemie verursachten Schwierigkeiten und zeigen ein robustes Wachstum, während andere Brennstoffe Schwierigkeiten haben“, sagte Dr. Fatih Birol, der Exekutivdirektor der IEA. „Die Widerstandsfähigkeit und die positiven Aussichten des Sektors spiegeln sich deutlich im anhaltend starken Appetit der Investoren wider – und die Zukunft sieht sogar noch rosiger aus mit neuen Kapazitätserweiterungen, die in diesem und im nächsten Jahr neue Rekorde aufstellen werden“.
In den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 haben China, Indien und die Europäische Union die versteigerte Kapazität für erneuerbare Energien um 15 Prozent gesteigert – ein neuer Rekord, der die Erwartungen einer starken Nachfrage nach erneuerbaren Energien auf mittlere und lange Sicht zeigt. Gleichzeitig haben die Aktien der börsennotierten Hersteller und Projektentwickler von Anlagen für erneuerbare Energien die meisten wichtigen Börsenindizes und den gesamten Energiesektor übertroffen. Bis Oktober hatten sich die Aktien von Solarunternehmen weltweit ab Dezember 2019 im Wert mehr als verdoppelt.
Politische Entscheidungen notwendig
Die IEA fordert die politischen Entscheidungsträger auf, die starke Dynamik der erneuerbaren Energien durch richtige Entscheidungen zu unterstützen. In der Hauptprognose des IEA-Berichts führen das Auslaufen der Anreize in Schlüsselmärkten und die daraus resultierenden Unsicherheiten zu einem leichten Rückgang der Kapazitätserweiterungen bei den erneuerbaren Energien im Jahr 2022. Wenn sich die Länder jedoch rechtzeitig mit diesen politischen Unsicherheiten auseinandersetzen, schätzt der Bericht, dass der weltweite Zubau von PV- und Windkraftanlagen im Jahr 2022 jeweils um weitere 25 Prozent zunehmen könnte.
Kritische Faktoren, die das Tempo des Ausbaus beeinflussen werden, sind politische Entscheidungen in Schlüsselmärkten wie China und eine wirksame Unterstützung der Photovoltaik auf Dächern, die durch die Krise beeinträchtigt wurde, da Haushalte und Unternehmen ihre Investitionen neu priorisiert haben. Unter günstigen politischen Bedingungen könnte der jährliche Zubau der Photovoltaik alleine bis 2022 ein Rekordniveau von 150 Gigawatt (GW) erreichen – ein Anstieg von fast 40 Prozent in nur drei Jahren.
„Erneuerbare Energien sind widerstandsfähig gegen die Covid-Krise, aber nicht gegen politische Unsicherheiten“, sagt Dr. Birol.
Die durch erneuerbare Technologien erzeugte Elektrizität wird im Jahr 2020 weltweit um 7 Prozent ansteigen, was durch die rekordverdächtigen Kapazitätserweiterungen untermauert wird, schätzt der Bericht. Dieses Wachstum kommt trotz eines jährlichen Rückgangs der weltweiten Energienachfrage um 5 Prozent, dem größten Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg.
Die erneuerbaren Energien außerhalb des Elektrizitätssektors leiden jedoch unter den Auswirkungen der Covid-Krise: Die im Verkehrssektor verwendeten Biokraftstoffe werden ihren ersten jährlichen Rückgang seit zwei Jahrzehnten erleben, was auf den größeren Einbruch der Nachfrage nach Verkehrskraftstoffen in diesem Jahr sowie auf die niedrigeren Preise für fossile Brennstoffe zurückzuführen ist, die die wirtschaftliche Attraktivität von Biokraftstoffen verringern.
Auch in der Industrie sinkt die Nachfrage nach Bioenergie infolge des allgemeinen Rückgangs der wirtschaftlichen Aktivität. Das Nettoergebnis dieser Rückgänge und des Wachstums der erneuerbaren Energien ist ein erwarteter Gesamtanstieg der weltweiten Nachfrage nach erneuerbaren Energien um 1% im Jahr 2020.
Erneuerbare Kraftstoffe für Verkehr und Industrie sind ein Bereich, der einer potenziellen politischen Unterstützung besonders bedarf, da der Sektor durch den Nachfrageschock infolge der Krise schwer getroffen wurde. Es kann und sollte mehr getan werden, um den Einsatz und die Innovation im Bereich der Bioenergie zu unterstützen, um nachhaltige Kraftstoffe für diese Sektoren bereitzustellen.
Die Aussichten des Berichts für die nächsten fünf Jahre sehen Kostensenkungen und anhaltende politische Unterstützung, die das starke Wachstum der Technologien für erneuerbare Energien weiter vorantreiben werden. Die gesamte Wind- und Solar-PV-Kapazität ist auf dem besten Weg, im Jahr 2023 Erdgas und 2024 Kohle zu übertreffen.
Angetrieben durch den raschen Kostenrückgang wird der jährliche Zubau an Offshore-Windenergie stark ansteigen und 2025 ein Fünftel des gesamten Windmarktes ausmachen. Die wachsende Kapazität wird die weltweit produzierte Menge an erneuerbarer Elektrizität in neue Höhen führen.
Alle Infos zum Report Renewables 2020 gibt es hier.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.