Cleantech-Startup Indigo Agriculture etabliert einen Marktplatz, der Landwirte unterstützt, die auf regenerative Landwirtschaft umstellen.
Es gibt Cleantech-Startups, die mit überwältigenden Zielsetzungen viel Aufmerksamkeit erzeugen. Indigo ist ein solches Unternehmen. Es produziert einerseits eine Bio-Beschichtung für Saatgut, um den Bedarf an umweltbelastenden Düngemitteln zu reduzieren. Gleichzeitig hat es sich Indigo Agriculture zur Aufgabe gemacht, möglichst alle Bauern und Landwirte zur Umstellung auf nachhaltigere Anbautechniken zu bewegen – aus der Terraton-Initiative ist mittlerweile eine große Bewegung erwachsen.
Bei Terraton handelt es sich um einen Marktplatz, der es Landwirten, die auf regenerative Landwirtschaft umsteigen möchten, erlaubt, sich mit Unternehmen zu verbinden, die für in den Boden eingebrachten Kohlenstoff bezahlen. Damit können die Landwirte Investitionen in Direktsaat-Techniken, die Verwendung von Deckfrüchten oder das Ausbringen von weniger Dünger tätigen.
Regenerative landwirtschaftliche Praktiken, die derzeit von einem kleinen Prozentsatz der Landwirte angewandt werden, sind Managementtechniken, die Kohlenstoff binden und gleichzeitig die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit des Bodens wiederherstellen. Minimale Bodenbearbeitung, Deckflächenanbau, Fruchtfolgen und mehrjähriger Anbau erhöhen u.a. den Kohlenstoffgehalt, die Wasserdurchlässigkeit und die Wasserrückhaltung des Bodens, was auch die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Dürre und Überschwemmungen stärkt.
Indigo hat diesen Marktplatz mit weiteren Portalen (Indigo Carbon, Indigo Grain) verknüpft – mit diesen Online-Angeboten sollen Landwirte ebenfalls durch die Erzielung besserer Preise für ihre Waren (zB Korn) unterstützt werden.
Wenn sie auf den 3,6 Milliarden Hektar Ackerland auf der ganzen Welt umgesetzt werden, haben regenerative landwirtschaftliche Praktiken in Verbindung mit einem besseren wissenschaftlichen Verständnis und neuen Technologien das Potenzial, den Kohlenstoffgehalt der landwirtschaftlichen Böden von durchschnittlich ~1% auf ~3% zurückzubringen. Diese Verschiebung reicht aus, um die Sequestrierung von einer Billion Tonnen Kohlendioxid zu erklären.
So soll der Anteil des Kohlenstoffs in den landwirtschaftlich genutzten Böden wieder auf ein vorindustrielles Niveau angehoben werden. Gelänge dies, wäre es gleichbedeutend mit einer Speicherung von einer Billion Tonnen CO2 in den Böden der Erde – und ein gewaltiger Schritt zur Bekämpfung von Klimakrise und Erderwärmung.
Indigo bietet Kompensation von Emissionen
So arbeitet Indigo mit verschiedenen Organisationen zusammen, um herauszufinden, wie viel Kohlenstoff die jeweilige Farm im Laufe der Zeit einfängt. Die ersten Kompensationen sollen schon im Laufe dieses Jahres zum Verkauf zur Verfügung stehen. Das Prinzip ist also ähnlich wie die Idee von Climeworks, Unternehmen eine Chance zu bieten, unvermeidbare Reise-Emissionen durch unterirdische Speicherung von atmosphärischem CO2 auszugleichen.
Für die Landwirte ist der Marktplatz eine Einnahmequelle – Terraton garantiert einen Mindestpreis von 15 Dollar pro Tonne gebundenen Kohlenstoffs. Das hat zu einer unglaublichen Bewegung geführt: Indigo hatte erwartet, innerhalb von sechs Monaten nach dem Start der Initiative etwa 1,5 Millionen Hektar Ackerland in die Initiative aufzunehmen, aber Landwirte mit mehr als 15 Millionen Hektar haben ihr Interesse bekundet.
Unternehmer David Perry ermutigt das, nun das Ziel auszugeben, Landwirte und Bauern weltweit zu erreichen. Seine Vision mit Terraton: Eine Billion Tonnen CO2 (Terratonne) in die Böden zu bringen. „Es wird ein jahrzehntelanger Prozess sein“, so Perry. „Aber es bleibt das Optimistischste, was ich in Bezug auf den Klimawandel kenne.“
Mittlerweile gilt Indigo als eines der innovativsten Unternehmen weltweít – ausgezeichnet etwa von CNBC oder Fast Company. Die Innovationsstärke zeigt sich auch am eingesammelten Kapital: Seit einer weiteren Finanzierungsrunde, die im Januar öffentlich wurde, ist die Summe auf 850 Millionen US-Dollar angewachsen. Zu den Investoren des Bostoner Cleantech- oder Agritech-Startups zählen FedEx und die Pacific Western Bank.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.