Induktiv oder konduktiv? Wie E-Autos, Transportsysteme oder Roboter kabellos laden
Saubere Technologien setzen sich durch: ‚Kabellos“ wird durch Unternehmen wie Easelink, Wiferion oder WiTricity in Verkehr und Industrie Realität.
Beim Aufladen großer Roboter, E-Autos oder Transportsysteme in der Industrie bewegt sich eine Menge – mit Cleantech-Unternehmen wie Wiferion, Easelink oder Electreon. Der Trend „kabellos laden“ ist unverkennbar, aber noch hat sich keine Lösung als Standard etabliert. Gab es lange die Hoffnung, induktives Laden werde sich durchsetzen, rücken etwa Automobilbauer davon wieder ab. Neben der Möglichkeit „induktiv kabellos laden“ über ein Magnetfeld in der Luft kann die Stromübertragung auch „konduktiv“ sein. Wie unterscheiden sich diese Technologien voneinander?
Bislang ist uns kabellos laden vor allem im Zusammenhang mit Smartphones ein Begriff. Das iPhone 8 kabellos laden ist eine Art Volkssport geworden. Generell ist die Frage, welche Handys kann man kabellos laden eine, die viel in entsprechenden Blogs diskutiert wird. Doch ein Smartphone kabellos laden auf der einen Seite und ein E-Auto, einen Robotor oder industrielle Transportsysteme sind völlig unterschiedliche Baustellen – Baustellen, die Unternehmen wie Tesla, Wiferion oder Easelink längst im Blick haben.
Fragt man Hermann Stockinger nach kabellos laden, dann ist die Antwort klar: „Induktives Laden ist zu teuer und zu ineffizient.“ Der Gründer des Cleantech-Unternehmens Easelink aus Graz verfolgt einen anderen Weg: Konduktives Laden. Dazu verbaut das Jung-Unternehmen eine Easelink-Ladeplatte im Boden. Parkt darüber ein Elektrofahrzeug, kommt aus dem Unterboden des Autos eine Art Laderüssel heraus, um einen Kontakt zur Ladematrix herzustellen. Für das Lademanagement sorgt ein smartes System.
Konduktiv? Vorteile gegenüber induktivem Laden
Einer der Autobauer, die sich bei Plänen zu induktivem Laden zurückhalten, ist Audi. Die VW-Tochter möchte seinen Kunden aufgrund der spezifischen Vorteile von konduktivem Laden schon bald entsprechende Angebote unterbreiten. Neben einer Partnerschaft mit Audi ist Easelink u.a. auch mit Schaeffler in engem Kontakt, um die eigene Technologie für kabelloses Laden als Standard zu etablieren.
Die Vorteile des kontaktierten, aber kabellosen Ladens sind – schenkt man Hermann Stockinger Glauben – vielfältig. Konkret kristallisieren sich folgende vorteilhafte Aspekte heraus:
- Schnelleres Laden
- Aufladen mit höherer Effizienz
- Größere Entfernung möglich
- Niedrigere Kosten
- Höhere Sicherheit
Ladetechnologie: Vorteile im Detail
Schnelleres Laden
Das Laden mit konduktiver Technologie funktioniert in der Regel schneller als induktives Laden. Der Grund ist einfach: Es kann eine höhere Leistung übertragen werden.
Aufladen mit höherer Effizienz
Konduktives Laden ist effizienter, da weniger Energie durch elektromagnetische Strahlung verloren geht.
Größere Entfernung möglich
Konduktives Laden kann über größere Entfernungen arbeiten als induktives Laden, was es ideal für Anwendungen wie das Laden von Elektrofahrzeugen macht.
Niedrigere Kosten
Konduktiv Laden ist in der Regel kostengünstiger als induktives Laden, da es weniger Komponenten erfordert.
Höhere Sicherheit
Konduktives Laden ist sicherer, da es weniger elektromagnetische Strahlung erzeugt, die potenziell schädlich sein kann.
Zusammengefasst bietet konduktives kabelllos Laden Vorteile bei der Ladegeschwindigkeit und Ladeeffizienz sowie den Kosten. Es ist daher zu erwarten, dass sich diese Technologie dort durchsetzt, wo wenig Zeit zum Nachladen ist.
Easelink testet konduktives Laden für Taxis
Seine Stärken kann das Cleantech-Unternehmen aus Österreich im Projekt „eTaxi Austria“ unter Beweis stellen. In den kommenden zwei Jahren sollen mehr als 50 Taxen ausgestattet werden. Ziel: An den Standplätzen beim Warten auf Kundschaft soll so automatisch geladen werden können.
Gegenüber dem kabelgebundenen Laden liegen die Vorteile auf der Hand: Der Taxi-Fahrer muss nicht bei jedem Positionswechsel das Kabel abziehen und am nächsten Platz wieder anstecken. Gleichzeitig muss er im Vergleich zum induktiven Laden seine Position nicht exakt durch Rangieren optimieren – die Ladematrix gibt etwas Park-Spielraum – und der Laderüssel verfügt über eine magnetische Verbindung, so dass es problemlos möglich erscheint.
Easelink hat mit seiner Technologie gewaltige Pläne: Nicht weniger als den „neuen Standard für die Verbindung von Elektroautos mit dem Stromnetz“ will das junge Unternehmen entwickeln. Investoren, die daran glauben, sind beispielsweise der VC-Geber SET Ventures und der Energieversorger EnBW. Constantin Schwab vom Ladesäulenspezialisten Wirelane lobt die Technologie, die auf den ersten Blick „besteche“ – aber die Hürden für einen neuen Industriestandard seien hoch.
Induktiv kabellos laden: Wie funktioniert es?
Induktives Laden von Robotern, Transportsystemen und Elektroautos basiert auf dem Prinzip der magnetischen Resonanz. Dabei wird eine Sendespule in einem Ladegerät oder einer Ladestation platziert, die ein magnetisches Wechselfeld erzeugt. Eine Empfängerspule im zu ladenden Gerät empfängt das magnetische Wechselfeld und wandelt es in elektrische Energie um.
Bei Elektroautos wird die Empfängerspule in der Regel in der Fahrzeugbodenplatte oder im Bereich des Ladeports platziert. Zum Laden fährt das Elektroauto über die Sendespule, die in der Straße oder in der Ladestation eingebettet ist. Die magnetische Resonanz zwischen der Sendespule und der Empfängerspule löst den Ladevorgang automatisch aus.
Bei Robotern und Transportsystemen wird die Empfängerspule in der Regel in den Batterien oder im Geräteinneren platziert. Die Sendespule kann in der Nähe der Geräte platziert werden, um den Ladevorgang auszulösen.
Diese Ladetechnologie bietet mehrere Vorteile, wie z.B. eine einfachere Handhabung, da kein Kabelanschluss erforderlich ist, und eine höhere Sicherheit, da keine Stromschläge durch Kontakt mit elektrischen Ladegeräten möglich sind[6]. Darüber hinaus kann es dazu beitragen, den Energieverbrauch zu reduzieren und die Umweltbelastung zu minimieren
Übernimmt Tesla Wiferion?
Das aus dem Fraunhofer ISE heraus entstandene Cleantech-Unternehmen Wiferion steht offenbar kurz vor dem Verkauf an Tesla. Die Freiburger haben sich auf die Entwicklung kabelloser Ladesysteme für mobile Industrieanwendungen spezialisiert. Entstanden ist eine innovative Technologie, die es ermöglicht, Industriemaschinen wie Gabelstapler, Roboter und fahrerlose Transportsysteme ohne Kabel laden zu können. Die Technologie basiert auf der magnetischen Resonanz, ähnlich wie beim Technologieführer WiTricity, und ermöglicht nach Aussagen des Unternehmens die besonders effiziente und schnelle Übertragung der Energie.
Vor einigen Tagen, konkret am 12. Juni 2023, gab es im Handelsregister einen Eintrag, der darauf hindeutet, dass Wiferion von Tesla übernommen wird. Anders als vielfach spekuliert dürfte es dabei nicht darum gehen, neuartige Supercharger zu entwickeln, sondern vielmehr darum, die Effizienz und Produktivität seiner Fabriken zu erhöhen. Tesla plant, Wiferion zu erwerben, um die Technologie in seine eigenen Produkte zu integrieren und die Effizienz und Produktivität seiner Fabriken zu erhöhen. Durch den Einsatz von kabellosen Ladesystemen können Maschinen effizienter genutzt werden, da sie nicht mehr an eine Steckdose angeschlossen werden müssen, um aufgeladen zu werden. Dies kann die Arbeitsabläufe in Fabriken optimieren und die Produktivität erhöhen.
Der Kauf von Wiferion könnte auch dazu beitragen, Teslas Bemühungen um Nachhaltigkeit zu unterstützen, indem er die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert. Die Verwendung von kabellosen Ladesystemen kann dazu beitragen, den Energieverbrauch zu reduzieren und die Umweltbelastung zu minimieren. Tesla hat sich zum Ziel gesetzt, eine nachhaltige Energiezukunft zu schaffen, und der Kauf von Wiferion könnte dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
Ein Indiz wofür Tesla die Wiferion-Technologie einsetzen könnte? Die deutschen Ingenieure arbeiten mit dem Roboterhersteller Kuka zusammen – und beschäftigen in den eigenen Gigafactories ganze Armeen solcher Roboter. Bestätigt ist die Übernahme von Wiferion mit seinen zirka 70 Mitarbeitern durch Elon Musks Tesla indes noch nicht. Womöglich sucht Tesla auch eine Lösung für das schnelle und effiziente Laden einer eigenen Robotaxi-Flotte.
Wiferion vs. Easelink: Unterschiedliche Herangehensweise
Interessant ist neben den technologischen Unterschieden die unterschiedliche Strategie bzw. Herangehensweise an die Märkte der Zukunft von Wiferion vs. Easelink. Während Wiferion von großen, industriellen Anwendungen kommt und dort schon 8.000 Systeme verbaut hat, startet Easelink im Premium-Endkundensektor und mit einfachen, gewerblichen Anwendungen wie das eTaxi-Beispiel zeigt.
Ob sich hieraus ablesen lässt, ob sich konduktiv oder induktiv kabellos Laden im Markt durchsetzen wird, ist derzeit aber nicht klar. Beide Unternehmen sind sehr offensiv darin, die Vorzüge ihrer Technologie zu preisen – und betonen die jeweils hohe Effizienz ihrer Lösungen. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, welcher Kabellos-Ansatz das Zeug zum Standard hat.
Easelink: Ein Unternehmen mit Fokus auf automatisierter Ladeinfrastruktur
Easelink ist ein österreichisches Cleantech-Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Bereitstellung von automatisierten Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge spezialisiert hat. Ihr Hauptprodukt ist das „Matrix Charging System“, das eine innovative Technologie zur drahtlosen Aufladung von Elektrofahrzeugen bietet. Das System ermöglicht es Fahrzeugen, automatisch und kontaktlos Energie aufzunehmen, indem sie in der Nähe einer Ladeplatte geparkt werden. Dies beseitigt die Notwendigkeit von Kabeln und Steckern und ermöglicht eine reibungslose und effiziente Ladung.
Das Matrix Charging System von Easelink basiert auf einem einfachen Prinzip: Über magnetische Kopplung wird Energie von der Ladeplatte an das Elektrofahrzeug übertragen. Die Ladestationen werden in den Boden eingelassen und sind in der Lage, die Position des Fahrzeugs zu erkennen und die Energieübertragung zu starten. Dabei ist es egal, ob das Fahrzeug korrekt auf den Millimeter platziert wird oder nicht – das System passt sich automatisch an und stellt sicher, dass ein effizientes und zuverlässiges Laden stattfindet.
Die Technologie ermöglicht auch eine bidirektionale Energieübertragung, sodass Elektrofahrzeuge nicht nur aufgeladen werden können, sondern auch überschüssige Energie zurück ins Netz einspeisen können. Mit ihrer innovativen Technologie hat Easelink das Potenzial, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu revolutionieren und so die Akzeptanz und Verbreitung dieser umweltfreundlichen Fahrzeuge zu fördern.
Weitere Lösungen: Witricity, Magment, Electreon und Prodrive
Neben dem Wettrennen zwischen Wiferion und Easelink aus Europa, gibt mit Witricity aus den USA, Magment, Electreon aus Israel oder Prodrive weitere Lösungsanbieter.
Witricity hat mit Siemens einen global agierenden Konzern als Investor und Partner gewonnen. Das Ziel ist es, globale Standards für induktives Laden voranzutreiben. Alex Gruzen, CEO von Witricity will kabelloses Laden so einfach machen, dass der Fahrer nur noch parken muss, dann weggehen kann und in ein im Idealfall aufgeladenes Fahrzeug zurückkehrt.
Ebenfalls um das induktive Laden geht es bei Electreon aus Israel: Das Cleantech-Unternehmen integriert die Ladeinfrastruktur in den Straßenbelag. Ausprobiert wird das derzeit im Projekt EMPOWER. Etwas andere Pläne hat Magment aus Unterhaching bei München. Auf der Webseite zeigt das Unternehmen Transportsysteme wie Gabelstapler, die durch ein Hochregallager fahren. Während des Fahrens soll Energie übertragen werden – Ausgangspunkt ist ein magnetischer Beton.
Und schließlich gibt es mit Prodrive Technologies aus den Niederlanden auch einen Easelink-Konkurrent, der auf konduktives Laden fokussiert ist. Der Ladestecker ragt dabei aus dem Boden hervor.
Kabelloses Laden: Kosten, Komfort und Effizienz
Kabellos induktiv laden verspricht hohen Komfort bei vertretbaren und Kosten und ordentlicher Effizienz. Diese Kriterien werden bei der Entscheidung im Mittelpunkt stehen. Da große Player wie Siemens, Audi, Tesla oder Schaeffler am Thema arbeiten, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den Markt kommen – und nicht bei einer Industrielösung stecken bleiben.
Insbesondere Easelink und Wiferion müssen unter Beweis stellen, dass ihre Aussagen zu Ladegeschwindigkeit und Effizienz zutreffend sind. Gelingt das, sind viele Anwendungen vorstellbar, bei denen drahtloses und kabelloses Laden eingesetzt werden kann.
Anders als beim Smartphone, bei dem sich kabellos laden per Induktion etwa im Auto durchgesetzt hat, ist das Kabel trotzdem noch das Maß aller Dinge. Steckdosen sind überall verfügbar, was das Laden eines Handys nicht wirklich zur schwierigen Aufgabe macht. Beim Elektroauto-Laden oder dem automatisierten kabellos Laden oder induktiv laden von Robotern oder Transportsystemen ist es von viel größerer Bedeutung, einen effizienten Prozess zu etablieren.
Die Zukunft muss zeigen, was besser ist: Mit oder ohne Kabel laden.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.