Keine Kohle: Energiekrise erreicht STEAG-Kraftwerk Bergkamen-A

Betreiber musste Steinkohle-Kraftwerk diese Woche abschalten. Energiekrise sorgt weiter für hohe Preise.

Die globale Energiekrise mit Rekordpreisen für Erdgas und Kohle hat mittlerweile spürbare Auswirkungen bis nach Deutschland. Während chinesischen Fabriken teilweise der Strom abgedreht wird, musste diese Woche der Kraftwerksbetreiber Steag das deutsche Steinkohlekraftwerk Bergkamen-A stilllegen. Der Grund, wie STEAG gegenüber Bloomberg bestätigte: Nicht genügend Steinkohle, die per Binnenschiff verfügbar wäre. Was bedeutet das für den Winter in Europa?

Das Steinkohlekraftwerk in Bergkamen und Nordrhein-Westfalen soll in 13 Monaten aufgrund des Kohleausstiegsgesetzes regulär vom Netz gehen. Doch schon jetzt gibt es eine Art Probelauf: Vergangene Woche musste Betreiber Steag das Kraftwerk stilllegen, weil schlicht nicht genügend Steinkohle vorrätig war.

Das Kraftwerk verfügt lediglich über einen Binnenschiff-Zugang – nicht über einen Gleisanschluss. Es gibt eine Knappheit für entsprechende Schiffe, was die Problematik der Energiekrise verschärft.

Die Schließung des Steinkohlekraftwerks Bergkamen-A ist ein Vorbote für einen Energie-Winter in Europa, der heikel werden könnte. Die Gaspreise sind global hoch, wenig Gas ist verfügbar – das sorgt dafür, dass sich viele Betreiber von Kraftwerken in Europa darauf einstellen, diesen Engpass durch Kohle auszugleichen. Doch auch der Preis für Steinkohle steigt gerade – am Dienstag wechselte eine Tonne australischer Steinkohle für mehr als 200 US-Dollar den Besitzer.

Insgesamt stand das Steinkohlekraftwerk in Bergkamen viermal für jeweils bis zu sechs Tage still – allein im September. Am Freitag wurden zudem drei weitere deutsche Steinkohlekraftwerke gestoppt – allerdings wegen Wartungsarbeiten.

Die Situation wird verkompliziert dadurch, dass auch China in eine schwierige Lage geraten ist. Das Land hat einen Streit mit Australien ausgelöst, was auch Auswirkungen auf den Import von Kohle aus Down-Under zur Folge hat. Obwohl die Politik die Kraftwerksbetreiber schon vor Wochen aufforderte, trotz höherer Preise etwa für Kohle aus Indonesien, die Lager zu füllen, mussten in diesen Tagen immer wieder selbst Fabriken für die iPhone-Produktion vom Netz getrennt werden.

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Wird China also nun verstärkt auf dem Weltmarkt aktiv, um die Engpässe zu beseitigen, wird es für Europa nicht günstiger. Mildes und windiges Wetter im heraufziehenden Winter könnte eine wichtige Voraussetzung werden, um von Januar bis März nicht in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten. Ob auch in Europa Stromrationierung zu vorübergehenden Abschaltungen führen wird, ist derzeit nicht klar. Die Verknappung von Erdgas, die als Mitauslöser für die Schwierigkeiten gilt, wird aber aller Voraussicht nach weiter anhalten.

Schon heute verbrennt Europa mehr Kohle, reduziert seine Vorräte. Und das kurz vor den Klimaverhandlungen im November in Glasgow. Die Energiekrise schwebt wie ein Damoklesschwert über der Konferenz.

Immerhin eine gute Nachricht gibt es: Die STEAG ist optimistisch, Bergkamen bald wieder ans Netz bringen zu können. Offenbar sind wieder Binnenschiffe unterwegs. Die Energiekrise dürfte aber weitergehen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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