Während Neuseeland zurückrudert, prescht Dänemark mit der ersten Klimasteuer auf tierische Produkte voran – wie gelang die Einigung?
Dänemark setzt erneut Maßstäbe beim Klimaschutz und führt als erstes Land weltweit eine Klimasteuer für Milch und Fleisch ein. Diese CO2-Steuer auf tierische Produkte greift ab 2030. Die bemerkenswerte Maßnahme zielt darauf ab, die Emissionen der Landwirtschaft deutlich zu reduzieren. Denn der große, dänische Agrarsektor ist für 35 Prozent der Emissionen verantwortlich. Wie kam es zu der politischen Einigung und ist die CO2-Steuer ein Vorbild für die EU?
Die Entscheidung für die Einführung der CO2-Steuer auf Fleisch und Milch in Dänemark (gemeint sind auch Lachgas und Methan) ist das Ergebnis eines langwierigen politischen Prozesses und intensiver Verhandlungen zwischen Regierung, Landwirtschaftsverbänden, Umweltorganisationen und anderen Interessengruppen. Eine Entscheidung im dänischen Parlament steht – Stand 28. Juni 2024 – noch aus, gilt aber als sicher.
Was waren die zentralen Beweggründe für die Klimasteuer?
- Hohe Emissionen der Landwirtschaft: Der Agrarsektor trägt in Dänemark mit 35 Prozent erheblich zu den nationalen Treibhausgasemissionen bei.
- Klimaziele erreichen: Dänemark hat sich das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 70 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
- Vorbildfunktion: Dänemark möchte mit der Steuer eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen und andere Länder inspirieren.
Der Weg zur politischen Einigung in Dänemark war geprägt von gesellschaftlichen Debatten, insbesondere in drei Etappen:
- Expertenkommission: Eine Expertenkommission wurde beauftragt, verschiedene Modelle für eine Klimasteuer für Milch und Fleisch zu entwickeln und zu bewerten.
- Verhandlungen: Vertreter von Landwirtschaftsverbänden, Umweltorganisationen, Gewerkschaften und der Industrie haben anschließend über Monate hinweg intensiv verhandelt, um einen Kompromiss zu finden.
- Steuervergünstigungen und Ausgleichsmaßnahmen: Um die Landwirte zu entlasten und die Akzeptanz der Klimasteuer zu erhöhen, wurden verschiedene Maßnahmen vereinbart, wie Steuervergünstigungen für Investitionen in klimafreundliche Technologien und finanzielle Unterstützung für die Umstellung auf nachhaltigere Produktionsmethoden.
Nach langen und intensiven Verhandlungen konnte eine Einigung erzielt werden, die von allen Seiten als wegweisend für eine nachhaltigere Landwirtschaft betrachtet wird.
Obwohl Experten eine Beaufschlagung von 100 Euro pro Tonne CO2-Äquivalente empfohlen hatten, entschied sich die Regierung für einen niedrigeren Einstiegspreis von 40 Euro. Klimaschützer kritisieren diese Entscheidung scharf, während die Regierung den Kompromiss als notwendig verteidigt, um in einem politisch aufgeheizten Klima eine Einigung zu erzielen.
Søren Søndergaard (Wikipedia), Vorsitzender des einflussreichen dänischen Landwirtschafts- und Lebensmittelverbands, betonte zwar die Schwierigkeit der Verhandlungen, hob jedoch auch den „echten Einfluss“ der Landwirte hervor, der die Zukunft der dänischen Lebensmittelproduktion maßgeblich mitgestalten werde.
„Mit der heutigen Vereinbarung investieren wir Milliarden in die größte Umgestaltung der dänischen Landschaft in jüngster Zeit“, sagte Außenminister Lars Løkke Rasmussen in einer Erklärung. „Gleichzeitig werden wir das erste Land der Welt mit einer (Kohlenstoff-)Steuer auf die Landwirtschaft sein.“
Wie funktioniert der CO2-Preis Milch Fleisch?
Die CO2-Steuer soll dazu beitragen, die Emissionen der Landwirtschaft deutlich zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors zu erhalten.
Ab 2030 werden landwirtschaftliche Schweine- und Milchviehbetriebe für jede Tonne CO2-Äquivalente, die sie ausstoßen, zur Kasse gebeten.
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Die Klimasteuer beginnt bei 40,22 Euro (300 dänische Kronen) und steigt bis 2035 auf 105,66 Euro (750 Kronen). Um die Landwirte zu unterstützen, gibt es Steuervergünstigungen für Investitionen in grüne Technologien.
Zudem stellt die Regierung 5,4 Milliarden Euro in einem „Grünflächenfonds“ bereit. So sollen u.a. 250.000 Hektar aufgeforstet werden. Ebenfalls vorgesehen: Moore auf 140.000 Hektar sollen wieder in den natürlichen Urzustand versetzt werden – ganz im Einklang mit dem EU-Renaturierungsgesetz.
Im Jahr 2030 soll das Gesetz zu Einsparungen von 1,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten führen. Das hilft Dänemark dabei, das Ziel zu erreichen, die Emissionen bis 2030 um 70 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
Ist die dänische Klimasteuer ein Vorbild für die EU?
Dänemark führt als erstes Land eine CO2-Steuer auf Fleisch & Milch ein. „Wir ermutigen andere Länder, dies zu tun“, sagte Steuerminister Jeppe Bruus. Ist der CO2-Preis für tierische Produkte der richtige Weg zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft in der EU?
Ob die dänische CO2-Steuer auf Fleisch und Milch tatsächlich ein Vorbild für die EU sein wird, ist derzeit noch offen. Die EU-Kommission beobachtet die Entwicklung genauestens und erwägt bereits ähnliche Maßnahmen auf europäischer Ebene.
Es gibt allerdings auch einige Herausforderungen, die einer EU-weiten Einführung im Wege stehen könnten:
- Unterschiedliche Ausgangsbedingungen: Die Landwirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten ist sehr heterogen. Eine einheitliche CO2-Steuer könnte für manche Länder eine größere Belastung darstellen als für andere.
- Politischer Widerstand: Die Landwirtschaft ist ein sensibler Sektor, und eine CO2-Steuer könnte auf Widerstand von Landwirtschaftsverbänden und einigen politischen Parteien stoßen.
- Wettbewerbsfähigkeit: Eine EU-weite CO2-Steuer könnte die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Landwirte gegenüber Produzenten aus Drittländern beeinträchtigen.
Trotz dieser Herausforderungen könnte die dänische Steuer eine wichtige Signalwirkung haben und die Debatte über eine nachhaltigere Landwirtschaft in der EU vorantreiben. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die EU konkret auf die dänische Initiative reagieren wird.
Neuseeland hingegen hat den Versuch, eine ähnliche Besteuerung einzuführen, nach massenhaften Protesten aufgegebene. Das zeigt: Es braucht spezifische Rahmenbedingungen – wie in Dänemark – um eine solche Entscheidung treffen zu können.
Der Klimawandel wird aber in Zukunft zu mehr solcher Entscheidungen von größter Tragweite zwingen. Denn klar ist: Fossile Emissionen müssen vermieden oder gespeichert werden. Auch die etwa von Rindern.
Fazit von Martin Jendrischik:
Die Einführung der weltweit ersten Kohlenstoffsteuer auf die Landwirtschaft in Dänemark ist ein mutiger und notwendiger Schritt. Sie zeigt, dass Klimaschutz und Landwirtschaft keine Gegensätze sein müssen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Steuer auf die dänische Landwirtschaft und die internationalen Märkte auswirken wird.
Eines ist jedoch sicher: Dänemark hat erneut bewiesen, dass es bereit ist, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einzunehmen. Bei weitem nicht nur im Agrarsektor.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.