Entwicklungsland leidet besonders unter Klimawandel-Folgen und will jetzt 40 Milliarden Dollar investieren
In den schroffen Anden, wo smaragdgrüne Kaffeeplantagen sich an terrassierte Hänge schmiegen und bunte Kolonialstädte von einer bewegten Vergangenheit erzählen, steht Kolumbien an einem Scheideweg. Jahrzehntelang war das Land vom Export seiner Bodenschätze abhängig – Öl, Kohle, Gold. Doch nun, in einer Zeit, in der der Klimawandel die Welt in Atem hält, wagt Kolumbien einen mutigen Schritt: Es will seine Wirtschaft von fossilen Brennstoffen entwöhnen und eine grüne Zukunft aufbauen.
Diese Entscheidung ist nicht nur ein Zeichen für Kolumbiens Engagement im Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch eine Notwendigkeit. Denn das Land ist besonders verwundbar und gehört zu den Top 10 der Länder, die vom Klimawandel besonders betroffen sind. 70 Prozent seiner Elektrizität stammen aus Wasserkraft, und das unberechenbare Klimaphänomen El Niño kann Dürren verursachen, die die Energieversorgung gefährden. Waldbrände und Wasserknappheit haben das Land in den letzten Jahren immer wieder heimgesucht.
Kolumbiens Umweltministerin Susana Muhamad (Linkedin) hat einen ehrgeizigen Plan vorgelegt: 40 Milliarden Dollar sollen in den kommenden Jahren in erneuerbare Energien, nachhaltige Landwirtschaft und den Schutz der einzigartigen Biodiversität investiert werden. Damit will das Land nicht nur seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern, sondern auch neue wirtschaftliche Perspektiven eröffnen. Muhamad sieht die sogenannten „Just Energy Transition Partnerships“ (JETPs) als Vorbild, Abkommen, die bereits in Ländern wie Südafrika, Indonesien, Vietnam und Senegal bestehen und den Übergang zu sauberer Energie beschleunigen sollen.
Doch der Weg in eine grüne Zukunft ist steinig. Die Öl- und Kohleindustrie ist ein wichtiger Arbeitgeber und Devisenbringer. Der Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft wird Arbeitsplätze kosten und erfordert massive Investitionen. Zudem ist Kolumbien immer noch von sozialen Ungleichheiten und Konflikten geprägt, die den Wandel erschweren können. Bisherige JETP-Abkommen haben gezeigt, dass politische Uneinigkeit und Bürokratie den Fortschritt behindern können.
Kolumbien will daher einen neuen Ansatz verfolgen und hofft auf zehn Milliarden Dollar Unterstützung aus dem Ausland. Muhamad setzt dabei auf eine stärkere Rolle multilateraler Entwicklungsbanken, um den Übergang zu beschleunigen und bürokratische Hürden zu überwinden.
Trotzdem gibt es Grund zur Hoffnung. Kolumbien verfügt über ein enormes Potenzial für erneuerbare Energien. Die Sonne scheint fast das ganze Jahr über, die Winde wehen stark an der Küste, und die Wasserkraftwerke könnten durch moderne Technologien effizienter und widerstandsfähiger gegen Dürren gemacht werden. Auch der Tourismus, der sich in den letzten Jahren positiv entwickelt hat, könnte von einer grünen Wirtschaft profitieren.
Kolumbiens mutiger Schritt ist ein Beispiel für die ganze Welt. Es zeigt, dass auch Entwicklungsländer, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, bereit sind, Verantwortung für den Klimaschutz zu übernehmen und neue Wege zu gehen. Doch es ist auch ein Appell an die internationale Gemeinschaft, Kolumbien bei diesem ambitionierten Vorhaben zu unterstützen. Denn der Kampf gegen den Klimawandel kann nur gemeinsam gewonnen werden.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.