Der Zweckverband Landfolge Garzweiler setzt beim Strukturwandel auf Hybrid-Kraftwerk, Agri-Photovoltaik und Lärmschutzwände mit Solarmodulen entlang der Tagebau-Autobahnen.
Im rheinischen Revier, genauer in Grevenbroich, soll ein Innovationspark Erneuerbare Energien entstehen – exakt dort, wo zuvor der Braunkohle-Tagebau die Landschaft nachhaltig verändert hat. Das sind die Pläne, die der Zweckverband Landfolge Garzweiler jetzt in der Neuss-Grevenbroicher Zeitung vorgestellt hat. Im Mittelpunkt soll an der Tagebau-Autobahn 44n die Energieerzeugung aus Sonne, Wind und Erdwärme stehen. Die Projekte zeigen, wie Strukturwandel zu innovativen Lösungen führen kann.
Konkret geht es um Lärmschutzwände mit Solarmodulen entlang der Autobahn, um Erdwärmenutzung unter Ackerflächen, Agri-Photovoltaik und zusätzlich ein Hybrid-Kraftwerk am Stadtrand. Der Innovationspark Erneuerbare Energien soll in den kommenden Jahren entstehen – zum überwiegenden Teil auf dem Gebiet der Kommune Jüchen. Das strategische Konzept hierzu hat der Zweckverband gemeinsam mit Partnern entwickelt.
Zur strategischen Planung gehören insgesamt fünf Teilprojekte. Herzstück ist das Projekt Energielandschaft, das links und rechts der Tagebau-Autobahn 44n die Erzeugung von Windkraft- und Solaranlagen bündeln soll. Kombiniert mit Speichersystemen können so 500 Gigawattstunden Strom erzeugt und in der Region verteilt werden. Dabei ist das Hybrid-Kraftwerk nicht nur wegen der Kombination Solar, Wind und Batterien vielfältig – sondern auch, weil die Flächen zusätzlich für Landwirtschaft genutzt werden sollen.
Volker Mielchen, Geschäftsführer des Zweckverbands Landfolge Garzweiler, erläutert in der Tageszeitung, dass mehrere Reihen von vertikal ausgerichteten Solarmodulen im Abstand von 40 Metern auf Flächen von bis zu 100 Hektar entstehen sollen. Dazwischen soll genügend Platz bleiben, um Ackerbau mit Traktoren und anderen Maschinen zu betreiben. Es wäre eines der größten Projekte für Agri-Photovoltaik überhaupt.
Neben der Energielandschaft soll das Projekt Solarautobahn realisiert werden. Entlang der Autobahnen A44n und A46 sollen Böschungen und Schutzwände mit Photovoltaik-Modulen bestückt werden. In diesem Kontext will man auch das Problem des Lärmschutzes in Angriff nehmen.
Autohof der Zukunft am Autobahnkreuz
Doch damit nicht genug: Am Autobahnkreuz Jackerath soll mit dem Green Energy Hub eine Art Autohof der Zukunft entstehen. Dort soll es Strom- und Wasserstoff-Tankstellen für Autos, LKWs und den öffentlichen Nahverkehr geben, aber auch Werkstätten für die unterschiedlichen Fahrzeuge. Gastronomie- und Übernachtungsangebote gehören ebenfalls zur Planung des Autohofs, um auch Touristen die Attraktivität der Region näher zu bringen. Unweit des Standorts soll der Tagebau-Restsee entstehen.
Die geplante Stadterweiterung Jüchen-Süd ist im Süden der A46 geplant. Dort soll nach dem Willen der Planer ein nachhaltiges Energiesystem entstehen – neben Photovoltaik auf den Hausdächern sollen die rekultivierten landwirtschaftlichen Flächen des Tagebaus für Agrothermie genutzt werden. Das Kunstwort bedeutet, dass zwei Meter unter den Ackerflächen ein riesiger Kollektor verlegt werden soll, der die Häuser im Winter mit Erdwärme und im Sommer mit Kälte versorgt.
Darüber hinaus sollen auch das neue Gewerbe- und Industriegebiet Elsbachtal, das von Jüchen und Grevenbroich gemeinsam entwickelt wird, besonders nachhaltig ausgerichtet werden. Dort sollen die gemeinschaftliche Nutzung von Ressourcen und Infrastruktur sowie Sektorenkopplung – also die Vernetzung aller Bereiche der Energiewirtschaft und Industrie zu einem innovativen Energiesystem – zusammengeführt werden.
Zweckverband Landfolge Garzweiler 2017 gegründet
Der Zweckverband Landfolge Garzweiler wurde 2017 von den an den stillgelegten Tagebau Garzweiler angrenzenden Städten Mönchengladbach, Erkelenz und Jüchen sowie der Gemeinde Titz gegründet. Das Gebiet erstreckt sich über 430 Quadratkilometer. Als zentrale Aufgabe hat sich der Zweckverband die gemeinsame Entwicklung des Gebietes unter Berücksichtigung des regionalen Strukturwandels.
Das Konzept zum „Innovationspark Erneuerbare Energien“ hat der Zweckverband „Landfolge Garzweiler“ gemeinsam mit der Technischen Hochschule Köln, dem Wuppertal Institut und dem Kölner Planungsbüro Jung Stadtkonzepte entwickelt. Die ersten Projekte vom Innovationspark Erneuerbare Energien will der Zweckverband Landfolge Garzweiler bereits 2023 umsetzen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.