GigawattFactory: Braunkohlekonzern LEAG bringt erneuerbare Energie und Wasserstoff in die Lausitz

LEAG wagt die180-Grad-Energiewende: Weg von Braunkohle, hin zu erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff in der Lausitz.

Das fossile Zeitalter geht zu Ende. Bislang fossilen Konzernen wie der LEAG aus Cottbus wird das Geschäftsmodell entzogen. Die Unternehmensgruppe aus der Lausitz ist mit dem Abbau von Braunkohle in Ostdeutschland, deren Veredelung und anschließender Verbrennung in mehreren Kraftwerken einer der größten Stromerzeuger Deutschlands. Jetzt wagt LEAG die 180-Grad-Energiewende, verkündet beim Ostdeutschen Energieforum. Was konkret steckt hinter der Idee der GigawattFactory Lausitz?

Die LEAG verfügt zwischen Dresden, Berlin und Leipzig über reichlich Fläche, die aus dem Kerngeschäft der Unternehmensgruppe seit der Liberalisierung des Energiemarktes 1990 hervorgeht: Abbau von Braunkohle und Verfeuerung dieser zur Stromproduktion. Die Folge des Braunkohleabbaus im mitteldeutschen sowie im Lausitzer Revier sind derzeit 330 Hektar sogenannter Bergbaurestflächen. Diese Gebiete eignen sich hervorragend für große Solar- und Windparks.

Deutschland hat den Kohleausstieg spätestens bis 2038 beschlossen. Die amtierende Regierung hat sich im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, den Ausstieg aus Braunkohle und Steinkohle möglichst bis 2030 zu erreichen. Aufgrund der aktuellen Energiekrise, in der kurzfristig schon abgeschaltete Kraftwerke für diesen Winter wieder ans Netz geholt werden müssen, könnte dazu führen, dass schon Ende der 2020er Jahre Schluss mit Braunkohleverstromung in Deutschland sein wird.

Für die heutige LEAG wäre das gleichbedeutend mit dem Ende der Geschäftstätigkeit.

Doch nun versucht der LEAG-Konzern, der 7.000 in der Region Lausitz-Mitteldeutschland stark verwurzelte Mitarbeiter hat, die 180-Grad-Wende: Die Bergbaufolgeflächen sollen zum grünen Powerhouse gemacht und die sichere Energiewende in der Region für Millionen Haushalte und Unternehmen ermöglicht werden. Doch die GigawattFactory Lausitz soll nicht nur Erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff bringen, sondern auch Industrieansiedlungen nach sich ziehen.

Denn durch die ökologische Transformation als Antwort auf die Klimakrise gibt es großes Potenzial für Industrieansiedlungen überall dort, wo einerseits Flächen vorhanden sind und andererseits Erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff. So entschied sich etwa Tesla für Brandenburg, gefolgt von Bosch mit einem Kathodenwerk oder Rock Tech Lithium mit einer Raffinerie für Lithiumhydroxid. „Die Lausitz wird mit der GigawattFactory ein Magnet für Industrieansiedlungen erster Güte“, verkündete LEAG-Vorstandschef Thorsten Kramer beim Ostdeutschen Energieforum optimistisch.

Was ist GigawattFactory?

Womöglich ist es eine Anspielung auf die Gigafactory, die Tesla in Grünheide errichtet hat – wenn LEAG sich auf ähnliche flotte Genehmigungen für ihr Vorhaben verlassen könnte, wäre das definitiv von Vorteil. Gemeint ist aber etwas Anderes: LEAG möchte bis 2030 Solar- und Wind-Parks mit einer Leistung von sieben Gigawatt in der Lausitz errichten. Und: Bis 2040 kann sich die Kapazität verdoppeln, also auf 14 Gigawatt.

Die Aufteilung soll bei zirka 35 Prozent Solar und 65 Prozent Windenergie liegen, teilte die LEAG mit. Dabei ist bei den Solarparks nicht von gigantischen Einzelfächen auszugehen, sondern von diversen Kraftwerken, die aber in nur wenigen Schritten miteinander gekoppelt werden. Der erste Gigawatt-Solarpark der Lausitz, wie ihn die Tochtergesellschaft EP New Energies plant, umfasst alleine 1,5 Millionen Solarhaushalte und ist der größte PV-Park Europas, weltweit irgendwo in den Top 10.

Und das ist nur ein 14-tel dessen, was LEAG bis 2040 in Angriff nehmen möchte. Einige Genehmigungsverfahren laufen bereits, was darauf schließen lässt, dass sich der Energiekonzern schon länger als 1-2 Jahre mit der 180-Grad-Energiewende befasst. Das Vorhaben GigawattFactory der LEAG ist sogar so gewaltig, dass der Vorstandsvorsitzende über eine eigene Solarmodulfabrik für das Vorhaben nachdenkt.

Welche Investitionen sind für GigawattFactory geplant?

Werden alle Pläne für 14 Gigawatt erneuerbare Energien, dazu Batteriespeicher und Wasserstoff-Erzeuger in die Tat umgesetzt, handelt es sich um ein Investitionsvolumen von zehn Milliarden Euro. Der LEAG-Konzern will diese Investitionen aus Eigen- und Fremdmitteln stemmen – übrigens unabhängig davon, ob Gewinne diesen Jahres durch die Europäische Union als Zufallsgewinne abgeschöpft werden. „Die GigawattFactory verbindet innovative Speicherlösungen, grünen Wasserstoff und zukunftfähige Kraftwerke und macht umweltfreundliche Energie als gesicherte Leistung verfügbar“, so Kramer beim Energieforum in Leipzig.

Die Bergbaufolgeflächen der LEAG-Tagebaue (insgesamt etwa 33.000 Hektar) seien ein Flächenschatz für erneuerbare Energien und vergleichsweise konfliktarm für Naturschutz, Mensch und Umwelt. Sie bieten in ihrer Größe eine in Deutschland einmalige Chance für die hocheffiziente Nutzung für Wind und Photovoltaik. Und sie können direkt an das deutsche und europäische Hochspannungsnetz angeschlossen werden. 

„Den Kommunen und Unternehmen in der Region bringt die GigawattFactory massive Vorteile“, so Kramer. „Wir bieten eine neue Qualität grüner Energie nach Bedarf: Mobilität mit grünem Wasserstoff, grüne Wärme aus Pufferspeichern oder preisstabile Direktstrombelieferung – das wird ein Magnet für neue Unternehmen, die händeringend nach neuen Standorten mit grüner Energie suchen.“

Hintergrund: Was ist eigentlich LEAG?

LEAG ist einer der größten deutsche Stromerzeuger mit Sitz in Cottbus. Der Zusammenschluss mehrerer Unternehmen betreibt Kraftwerke (Lausitz Energie Kraftwerke AG) und Bergbau (Lausitz Energie Bergbau AG). Die Marke LEAG entstand 2016 durch den Verkauf mehrerer Gesellschaften an die tschechische EPH-Gruppe und deren Finanzpartner PPF Investments. Heute beschäftigt die Unternehmensgruppe LEAG 7.000 Menschen insbesondere im Lausitzer und im mitteldeutschen Revier.

Als Einzelgesellschaften unter dem Dach LEAG gibt es folgende Unternehmen:

  • Lausitz Energie Verwaltungs GmbH
  • Lausitz Energie Bergbau AG
  • Lausitz Energie Kraftwerke AG

Große Teile der LEAG war zuvor in den Händen des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall. Die Geschichte des Unternehmens reicht bis in die 1990er Jahre zurück – damals entstanden bei der Privatisierung des Energiemarktes die Lausitzer Braunkohle Aktiengesellschaft und die Vereinigte Energiewerke AG. Die Übernahme durch Vattenfall erfolgte in den 2000er Jahren.

Einschätzung von Martin Jendrischik, Cleanthinking

Jenseits etwas kryptischer Begriffe wie GigawattFactory ist das Vorhaben der LEAG genau das, was die deutsche Energiewende jetzt rasch braucht. Das Unternehmen brauchte zu Beginn des Jahres noch Kredite, weil es in Schieflage war. Umso bedeutsamer ist, dass es jetzt davon ausgeht, Investitionen in Erneuerbare Energien in Höhe von zehn Milliarden Euro finanzieren und stemmen zu können.

Das zeigt auch, wie wichtig die Finanzkraft der fossilen Konzerne ist, um die Transformation im Energiesektor zu schaffen. Mit der Wucht von 14 Gigawatt Ökostrom sowie jeder Menge Wasserstoff wird es Ansiedlungen der Industrie hageln in den kommenden Jahren. Aber: Es dauert noch ein wenig, bis die ersten Gigawatt-Parks am Netz sind. Erste Einspeisung könnte aber Ende 2025 passieren.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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