Der deutsche Elektroflugzeug-Pionier Lilium hat Insolvenz für seine wichtigsten deutschen Tochtergesellschaften beantragt. Grund für die Lilium-Insolvenz dafür ist die fehlende Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zu einer staatlichen Kreditbürgschaft in Höhe von 100 Millionen Euro. Diese Bürgschaft war eine Voraussetzung für weitere private Investitionen, die Lilium dringend benötigt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Cleanthinking.de hatte darüber unter dem Titel Keine Bürgschaft: Warum Deutschland Lilium trotzdem helfen sollte berichtet.
Fehlende staatliche Unterstützung zwingt Lilium zum Insolvenzantrag
Lilium hatte sich nach eigenen Angaben unter Vorbehalt zusätzliches privates Kapital gesichert, das jedoch an die staatliche Bürgschaft geknüpft war. Auch eine grundsätzliche Einigung mit der Bayerischen Staatsregierung über eine Bürgschaft für ein Darlehen in Höhe von 50 Millionen Euro konnte nicht erzielt werden.
„Unser Plan war es, in einer neuen Finanzierungsrunde, die durch ein von der Bundesregierung garantiertes Darlehen in Höhe von 100 Millionen Euro abgesichert ist, Investitionen von Aktionären zu erhalten“, erklärte Lilium CEO Klaus Roewe (Linkedin). „Der Haushaltsausschuss konnte sich jedoch nicht auf das Darlehen einigen, und Bayern konnte es nicht allein stemmen.“
Internationale Konkurrenz erhält staatliche Förderung
Lilium betont, dass die internationale Konkurrenz staatliche Zuschüsse und Darlehen in Ländern wie den USA, Frankreich, China, Brasilien und Großbritannien erhält. Die Unterstützung der deutschen Regierung wurde daher von den Investoren als entscheidendes Signal für das Vertrauen in den Markt und zukünftige Investitionen angesehen.
Hoffnung auf einen Neuanfang durch Eigenverwaltung
Die deutschen Tochtergesellschaften Lilium GmbH und Lilium eAircraft GmbH haben nun ein Eigenverwaltungsverfahren beantragt. Dieses Verfahren ermöglicht es dem Cleantech-Unternehmen, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Kontrolle zu behalten und den Betrieb fortzuführen. Ziel ist es, das Unternehmen zu erhalten und durch neue Investitionen oder einen Verkauf zu sanieren.
„Wir bedauern die Lilium-Insolvenz und ihre Folgen für alle Beteiligten zutiefst“, sagte CEO Klaus Roewe. „Obwohl es keine Garantie für den Erfolg eines Insolvenzverfahrens gibt, hoffen wir, dass der Lilium Jet nach Abschluss des Eigenverwaltungsverfahrens die Chance auf einen Neuanfang erhält.“
Zukunft des Lilium Jets ungewiss
Lilium hatte geplant, Anfang 2025 den Erstflug des Lilium Jets durchzuführen und ab 2026 mit der Auslieferung der bereits bestellten Flugtaxis zu beginnen. Die Zukunft des Projekts ist nun ungewiss.
Weitere Informationen folgen
Lilium will Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten so schnell wie möglich über die weiteren Schritte informieren. Pläne für die betroffenen Interessengruppen und die operative Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen sollen in den kommenden Tagen nach der Antragstellung und dem Beginn des Eigenverwaltungsverfahrens bekannt gegeben werden.
Die Lilium-Insolvenz ist ein fatales Signal für den Standort Deutschland. Statt einer Willkommenskultur für Innovation, wie sie BDI-Präsident Siegfried Russwurm fordert, verliert das Land womöglich wieder eine chancenreiche Zukunftstechnologie. Dabei geht es weniger um die Flugtaxis, sondern vielmehr um den Sektor der elektrischen Fliegerei insgesamt.
Batterietechnologien entwickeln sich so rasant weiter, dass elektrisches Fliegen – auch mit 100 oder 200 Passagieren – in greifbare Nähe gerückt ist. Das bayerische Unternehmen hat die Köpfe und vor allem die Führungskräfte an Bord, um diese Herausforderung zu lösen.
Der Insolvenzantrag in Eigenverwaltung bedeutet natürlich nicht zwangsläufig das Ende für das Unternehmen oder den Lilium Jet. Denn ein solches Verfahren ist – entgegen der landläufigen Meinung – nicht auf die Abwicklung eines Unternehmens ausgerichtet, sondern auf dessen Fortführung. Das Vertrauen von privaten Investoren dürfte aber in dieser Situation nicht gewachsen sein.
Überraschend ist, wie schnell das Unternehmen nun die Überschuldung der beiden deutschen Gesellschaften festgestellt hat. Eine Woche nach der Entscheidung des Haushaltsausschusses sind die Kassen bereits vollständig leer? Das wirft die Frage auf, ob das Management zu spät oder sogar viel zu spät sich um eine Anschlussfinanzierung bemüht hat. In jedem Fall ist die vorläufige Zahlungsunfähigkeit ein Rückschlag für den Standort Deutschland, der unnötig erscheint. Innovation braucht in diesem Land mehr Rückhalt, sonst verliert das Land Wohlstand und weiter Zukunftsfähigkeit.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.