Linde beteiligt sich an Cleantech-Unternehmen ITM Power
ITM Power ist auf die PEM-Elektrolyse zu Wasserstoff spezialisiert und will mit Linde zahlreiche Großprojekte realisieren.
Die Wasser-Elektrolyse ist eine der Schlüsseltechnologien für die Dekarbonisierung, Energiewende und Erreichung der globalen Klimaziele. Denn Elektrolyseure erzeugen nicht nur grünen Wasserstoff, sondern verbinden die Welt des Stroms mit der Welt der erneuerbaren Gase. Ohne diese Sektorkopplung ist die Energiewende unmöglich. Dementsprechend sind Elektrolyseur-Hersteller attraktive Übernahmeziele: Jetzt hat sich der Gasespezialist den britischen Elektrolyseur-Spezialist ITM Power geangelt.
Siemens, NEL Asa, ITM Power, MyPhy, Hydrogenics oder Sunfire – die (sicher nicht vollständige) Liste der etablierten Elektrolyseur-Hersteller ist nicht so lang, wie man es vermuten würde angesichts der globalen Marktperspektive dieser Technologie. Viele Hersteller kommen aus Deutschland oder dem angrenzenden, europäischen Ausland. Hier liegt auch die Technologieführerschaft und großes industriepolitisches Potenzial.
Jetzt hat sich Linde PLC mit 42,7 Millionen Euro beim britischen Elektrolyseur-Spezialisten ITM Power eingekauft, dessen Finanzierungsrunde fast 60 Millionen Euro betragen soll. Gemeinsam wollen Linde und ITM Power ein Joint Venture gründen, um die Kommerzialisierung voranzutreiben. ITM Power stellt sogenannte Polymer Electrolyte Membrane-Elektrolyseure her.
Erst kürzlich hatte Cummins den Elektrolyseur-Hersteller (PEM und Alkaline) Hydrogenics für satte 290 Millionen Dollar übernommen. Beim Dresdner Cleantech-Unternehmen Sunfire stieg der Anlagenbauer Paul Wurth ein, weil die beiden Unternehmen gemeinsam insbesondere die Industrie mit grünem Wasserstoff oder anderen erneuerbaren Gasen versorgen wollen.
Ziel: Größte PEM-Elektrolyseur-Produktion der Welt
Ziel von Linde und ITM Power ist es, das größte Werk für Wasserstoff-PEM-Elektrolyseure weltweit mit einer Kapazität von einem Gigawatt pro Jahr aufzubauen. Das Werk soll in Sheffield im traditionsreichen Bessemer Park entstehen. Schon im Sommer 2020 könnte dort die Produktion aufgenommen werden. ITM verspricht sich über den Partner Linde mit einem Umsatz von 24 Milliarden Euro Zugang zu Schlüsselmärkten und die Chance zu erhalten, Elektrolyse zu wettbewerbsfähigen Kosten anbieten zu können.
Linde und ITM wollen gemeinsam vor allem Projekte anpacken, die Elektrolysekapazitäten von mehr als 10 Megawatt erfordern. Zudem sollen große 5-MW-Elektrolyseure entwickelt und die Produktionskosten verringert werden. Die mit zwei Stacks ausgerüsteten 5-MW-Module können pro Tag 2,1 Tonnen Wasserstoff produzieren. Ende 2020 soll das erste Modul der neuen Generation erstmals Wasserstoff produzieren.
Profitabel ist ITM Power indes bislang noch nicht – das erklärt auch, warum die Liste der Elektrolyse-Hersteller nicht viel länger ist. Bislang brauchten sie allesamt einen verdammt langen Atem und hatten mit vielen technologischen Hürden wie Lebensdauer, Degradation und Materialauswahl zu kämpfen. Im vergangenen Geschäftsjahr hat ITM einen Verlust von 10,44 Millionen Euro gemacht. Der Umsatz kletterte um 40 Prozent auf 4,6 Millionen Euro.
Der Markt ist aber dennoch in Bewegung: Nach eigener Aussage ist ITM Power in Verhandlungen über mehrere Power-to-Gas-Projekte und für die Gewinnung von sauberem Wasserstoff für die chemische Industrie, bei denen es jeweils um eine Größenordnung von mehr als 100 Megawatt gehen soll,
Besonders prestigeträchtig ist die 10-Megawatt-Anlage an, die ITM Power für Shell in der Rheinland Raffinerie seit Juni diesen Jahres errichtet. Bei voller Ausbaustufe sollen dort 1.300 Tonnen Wasserstoff pro Jahr, also circa 3,6 Tonnen pro Tag, produziert werden. Los gehen kann es in der zweiten Jahreshälfte 2020. Bisher bezieht Shell dort die Energie zur Wasserstoffgewinnung aus Erdgas und will künftig den CO2-Ausstoß über die neue Anlage deutlich verringern.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
1] Die mit zwei Stacks ausgerüsteten 5-MW-Module können pro Tag 2,1 t Wasserstoff produzieren.
2) Wesentlich kleiner, aber prestigeträchtig mutet da die 10-Megawatt-Anlage an, die ITM Power für Shell in der Rheinland Raffinerie seit Juni diesen Jahres errichtet. Bei voller Ausbaustufe sollen dort 1.300 Tonnen Wasserstoff pro Tag produziert werden.
Ja was denn nun?
Guten Morgen und vielen Dank für den Hinweis!
Die zweite Anlage kann 1.300 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Wir haben den Fehler korrigiert.
BG Martin Jendrischik