Sogenannte Kohlenstoff-Sauerstoff-Batterie von Noon Energy basiert auf Technologie zur Sauerstoff-Generierung auf dem Mars.
Heutige Lithium-Ionen-Batterien speichern elektrische Energie in relativ teuren Metallen wie Lithium, Kobalt oder Vanadium. Mit Noon Energy kommt jetzt ein Cleantech-Startup aus den USA, das Kohlenstoff und Sauerstoff zur Speicherung nutzt. Elemente, die extrem günstig sind, am Weltmarkt weit unter ein Dollar pro Kilowattstunde Kapazität kosten. Dabei versprechen die Gründer den doppelten Wirkungsgrad (Round-Trip) im Vergleich zur Wasserstoff-Speicherung. Was ist dran an der Kohlenstoff-Sauerstoff-Batterie, die bislang als technisch unmöglich klassifiziert wurde?
Die disruptive Entwicklung im Batteriesektor hat die Kosten für Lithium-Ionen-Batterien für Smartphones oder Elektroautos seit 1991 97 Prozent günstiger gemacht. Trotz dieser Entwicklung sind Batterien immer noch nicht günstig genug, um als ideale Lösung für das Stromnetz zu dienen. Da Wind- und Solarenergie fossile Brennstoffe ersetzen, benötigt das Stromnetz günstigere Optionen für die langfristige Strom-Speicherung.
Noon Energy hat eine Batterietechnologie entwickelt, die die Speicherzeiten von typischerweise vier Stunden auf 100 Stunden ausweiten kann. Seit 2019 gilt die Batterie von Noon als mögliche Lösung für Schiffe. Jetzt tritt das Startup aus Palo Alto erstmals richtig in Erscheinung – erhielt Mitte Mai in einer Seed-Finanzierungsrunde drei Millionen US-Dollar, angeführt von Prime Impact Fund, und unterstützt von At One Ventures, Collaborative Fund und Xplorer Capital unterstützt.
2019 gewann Noon Energy einen mit 100.000 Dollar dotierten Preis mit seiner Kohlenstoff-Sauerstoff-Batterie:
Das Cleantech-Startup arbeitet an der günstigen, alternativen Kohlenstoff-Sauerstoff-Batterie: Die Basis-Technologie, entwickelt an der Columbia State University und der TU Dänemark ist die sogenannte CO2-to-fuels-Elektrolyse-Technologie, die es ermöglicht, Elektrizität in Form von Kohlenwasserstoff-Kraftstoffen zu speichern.
Der Mars Rover Perseverance der NASA nutzt eine toastergroße Box an Bord, um Sauerstoff aus dem CO2 des Mars zu gewinnen. Mitentwickelt hat sie der heutige Gründer von Noon Energy seit 2014 als Teil des NASA-Wissenschaftlerteams MOXIE. Laut dem heutigen CEO von Noon Energy, Chris Graves, basiert die eigene Batterie auf der identischen Kerntechnologie, wurde aber entscheidend modifiziert.
„Für 100 Prozent Solar und Wind genügt es nicht, lediglich eine mehrstündige Speicherkapazität mit herkömmlichen Batterien zu haben“, sagt Chris Graves. „Man braucht mindestens eine Tageskapazität. Zusätzlich gibt es saisonale Schwankungen. Bei genauer Analyse kommt man dazu, dass man Speicherkapazitäten von 100 und mehr Stunden benötigt, um jederzeit Elektrizität zur Verfügung stellen zu können. Das ist es, was wir anstreben. Und wenn man das anstrebt, gibt es nur wenige Optionen auf dem Periodensystem, die kostengünstig sind.“
Wasserstoff beispielsweise, der aus der Spaltung von Wasser durch Elektrolyse gewonnen wird, ist eine Möglichkeit. Aber Graves sagt, dass seine Technologie den doppelten Wirkungsgrad erreichen kann, was bedeutet, dass weniger Energie verloren geht, wenn die Energie gespeichert und abgerufen wird. „Das führt direkt zu geringeren Kosten“, sagt Graves.
Die Batterie von Noon soll eine stationäre Langzeitspeicherung zu 10-mal geringeren Speicherkosten als Lithium-Ionen-Batterien ermöglichen, was durch die auf der Erde vorkommenden Materialien und die einfache Reaktionschemie ermöglicht wird. Die Noon-Batterie ist sowohl für netzgekoppelte als auch für kleinere Anwendungen geeignet. Die Energiedichte ist selbst im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien doppelt so hoch – und bietet das Potenzial größerer Reichweiten von Schiffen, LKWs und anderen Fahrzeugen.
Während andere Batterien derzeit teurere Materialien wie Lithium und Kobalt verwenden, hofft das Unternehmen, die Kosten für die Langzeitspeicherung radikal senken zu können, indem es Kohlenstoff und Sauerstoff als Speichermaterialien verwendet. Die Batterien machen vor allem in groß angelegten Anwendungen wirtschaftlich Sinn, daher werden sie eher nicht in einem künftigen Tesla auftauchen. Aber sie könnten sowohl für das Stromnetz als auch für den Langstreckentransport entscheidend sein.
Noch ist die neuartige Batterie von Noon Energy aber nicht verfügbar. Immerhin: Das Unternehmen, das beispielsweise von der Bundesbehörde ARPA-E unterstützt wird, hat einen funktionierenden Prototyp entwickelt. Der einfache Aufbau soll dazu führen, dass die Technologie schon bald verfügbar sein könnte. „Der Erfolg der ökologischen Transformation hängt auch davon ab“, sagt Graves. „Wenn es klappt, wird die Technik überall zu finden sein.“
Nächste Finanzierungsrunde für Noon Energy im Januar 2023
In den vergangenen 14 Monaten ist es dem nur zehnköpfigen Team von Noon Energy gelungen, die Speicherkapazität des eigenen Labor-Prototyps um den Faktor 50 zu erhöhen. Daraus resultiert die Erwartung, dass die Kerntechnologie auch im Maßstab der Energieversorgung funktionieren wird. Nach einer Seed-Runde mit 3 Millionen Dollar hat das Unternehmen nun das Vertrauen einer ganzen Reihe von Investoren gewonnen und insgesamt 28 Millionen Dollar zur Verfügung.
Zum Nachweis des Konzepts arbeiten Kernkomponenten der Technologie bereits an Bord des Mars Perseverance Rover der NASA in dessen MOXIE-Gerät, das CEO Chris Graves als Teil des NASA-Teams zur Gewinnung von Sauerstoff aus dem CO2 auf dem Mars mitentwickelt hat.
Die Finanzierungsrunde wurde von Clean Energy Ventures und dem neuen Sustainability Fund von Aramco Ventures angeführt, mit Beteiligung von Emerson Collective, At One Ventures, Mistletoe, Doral Energy-Tech Ventures, TechEnergy Ventures und anderen. Die Finanzierung wird Noon Energy in die Lage versetzen, seine Teams für Technik, Produkt- und Geschäftsentwicklung auszubauen und den Weg zur Marktreife durch kritische Demonstrationen und Feldeinsätze zu beschleunigen.
Die Entwicklung von Noon Energy kommt zur richtigen Zeit: Das Energieministerium in den USA hat sich bis 2030 zum Ziel gesetzt, die Kosten für Langzeitspeicherung um 90 Prozent zu senken. Hierfür könnte die Kohlenstoff-Sauerstoff-Batterie eine brauchbare Lösung sein. Die Entwicklung wird aber voraussichtlich noch zwei Jahre brauchen, so das Cleantech-Unternehmen.
Dieser Beitrag entstand ursprünglich am 27. März 2021. Die letzte Aktualisierung erfolgte am 22. Januar 2023.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.