Meinung: Atomkraft ist keine Schicksalsfrage
Die Bundesregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz muss das Thema Atomkraftwerke schleunigst abräumen, und sich auf das Wesentliche fokussieren: Die Bekämpfung der Energie- und Klimakrise.
Es ist so grotesk, was sich in der deutschen Medienlandschaft gerade abspielt. Die Springer-Bild schreibt nur noch über „AKWende“, im Presseclub wird ohne Fachkenntnis über Energiepolitik debattiert. Einziges Argument: Atomkraft. Und dank des Hochjazzens des Themas durch Merz, Söder und Lindner wird diese winzige Entscheidung zur Schicksalsfrage des Landes hochstilisiert.
Um die Kampagne immer weiter voranzutreiben, werden immer dubiosere Forderungen erhoben: Jetzt sollen sogar die vor einem Jahr abgeschalteten Reaktoren wieder ans Netz – dabei ergibt ein kurzer Faktencheck: Technisch unmöglich. Auch werden bei angeblichen Entlastungen beim Strompreis einfach die Kosten „vergessen“. Die Koalition hat entschieden: Keine neuen Brennstäbe.
Teile der Politik und Medien treiben sich gegenseitig an. Die Wucht und schiere Masse der Beiträge führt dazu, dass Desinformation unwidersprochen bleibt. Selbst Umweltverbände kommen mit Widerspruch nicht hinterher. Dabei wäre Aufklärung so wichtig, um die Bevölkerung weiter sinnhaft zu informieren.
Diese Kampagne der fossil-atomaren Energiewirtschaft gegen die Fakten zeigt exemplarisch, wie vom eigentlichen Thema, der konsequenten Umsetzung der Energiewende abgelenkt wird. Es ist vollkommen schleierhaft, warum sich neben der Opposition auch die FDP als Teil der Regierung dieses Schauspiel gibt.
Die Erklärung, warum die Medien bereitwillig das Spiel der Liberalen und Konservativen mitmachen? Die Kampagne ist hinterlegt mit Anzeigen-Budgets, die die Medienhäuser gut gebrauchen können. Wenn der ifo-Chef sich seit Wochen für Atomkraft einsetzt, hat das auch mit erwarteter Unterstützung für sein Institut zu tun.
Es ist der Endzeitkampf der atomar-fossilen Energiewirtschaft. Kriegsgewinne werden in Kampagnen investiert, um noch ein wenig länger mitspielen zu dürfen. Um Fakten, ums Land, um echte Lösungen geht es dabei nicht.
Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP muss diesem absurden Treiben jetzt ein Ende setzen. Der Fokus muss aufs Wesentliche verschoben werden. Die Medien brauchen „Futter“, um über Energieeffizienz, Stromtrassen, Wärmespeicher und Co. zu berichten. Es braucht die echte, schnelle Energiewende.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.