Michelin Gelände: PET-Recycler Carbios zieht zum Reifen-Konzern
Innovative Demonstrationsanlage zum Recycling von Plastik entsteht ebenfalls am Michelin Standort in Clermont-Ferrand.
Der Reifen-Konzern Michelin stärkt dem französischen Cleantech-Unternehmen Carbios weiter den Rücken. Erst im Juli beteiligte sich der Konzern via Michelin Ventures am innovativen PET-Recycler – gemeinsam mit L’Oreal trugen die strategischen Partner rund 3,9 Millionen Euro zu einer Kapitalerhöhung von 27 Millionen Euro bei. Jetzt entschied Carbios, seine gesamten Aktivitäten in der Kreislaufwirtschaft an einem Standort zu bündeln – auf dem Gelände von Michelin in Clermont-Ferrand, ganz in der Nähe des bisherigen Hauptquartiers.
Das Cleantech-Unternehmen hat ein Enzym erfunden, das Plastik – also etwa PET-Flaschen – in nur wenigen Stunden verdauen kann. Und zwar fast vollständig. Im April hatte das forschende Unternehmen diese bahnbrechende Innovation in Nature vorgestellt. Kurz darauf, im Juni, gab Carbios bekannt, mit dem Bau einer industriellen Demonstrationsanlage begonnen zu haben (Bericht von Cleanthinking). Einen Gesamtüberblick über Carbios gibt es hier.
Auf dem Michelin-Gelände will Carbios nun alle Aktivitäten bündeln, die derzeit auf mehrere Standorte verteilt sind. Das betrifft beispielsweise Entwicklungslabore, die Pilotanlage, aber auch die Demonstrationsanlage für die enzymatische Recyclingtechnologie für PET-Kunststoffe und Fasern. Diese Optimierung soll technologische wie ökonomische Vorteile bringen.
Mit diesem Schritt festigt Carbios die eigenen Ambitionen, sich als weltweit führender Anbieter entsprechender Technologien zu positionieren. Dazu soll auch die „Qualität der neuen Infrastruktur“ beitragen.
Demonstrationsanlage am neuen Standort bei Michelin
Die Demonstrationsanlage bei Michelin, die ursprünglich in Saint-Fons (Rhône, Frankreich) geplant war und nun an den neuen Standort kommen wird, soll im September 2021 in Betrieb gehen. Ziel ist es, bis 2023 die erste Lizenz für die enzymatische Recycling-Technologie zu erteilen und eine bessere Integration der gegenwärtigen und zukünftigen Partner des Unternehmens zu ermöglichen.
Diese Zusammenarbeit mit einem weltbekannten Unternehmen wie Michelin unterstreicht die Attraktivität unserer Technologie und ermöglicht es Carbios, von einem einzigartigen und reichen Ökosystem zu profitieren, um seine Industrialisierungsphase fortzusetzen.
Jean-Claude Lumaret, Chief Executive Officer von Carbios
Die Forscher sind nicht die einzigen Wissenschaftler, die Enzyme bzw. Enzym-Kombinationen untersuchen, die Plastik rasch verdauen können. Die New York Times berichtet (Bezahlschranke), amerikanische und britische Forscher hätten ein „Super-Enzym“ gefunden, die Ähnliches leisten könnten. Dieses Super-Enzym mache es auch leichter, die Stoffe nach dem Prozess wieder verwerten zu können.
Allerdings: Das Verfahren (vorgestellt im Magazin PNAS) ist deutlich langsamer als das, was die Franzosen entwickelt haben – und sie stehen relativ kurz davor, eine großskalige Demonstrationsanlage aufzubauen. Ganz gleich, wer das Rennen gewinnt: Zu tun gibt es genug. Pro Jahr werden geschätzt 359 Millionen Tonnen Plastik produziert – 150 Millionen Tonnen davon landen auf Müllhalden oder in der Umwelt.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.