Göttinger Forscher entwickeln Plattform für reines Clean Meat.
Das Cleantech-Unternehmen MyriaMeat hat im Rahmen einer Veranstaltung der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) in Berlin eine echte Weltpremiere gefeiert: Die Münchner präsentierten dort im Beisein von Wirtschaftsminister Robert Habeck Schweinefilet ohne Tierqual, Schlachtung und Beimengungen von Soja oder anderen pflanzenbasierten Stoffen. Damit gelingt dem Unternehmen ein bedeutender technologischer Meilenstein, der den Übergang von der Grundlagenforschung hin zu Kommerzialisierung und Skalierung markiert.
Das im Labor auf Basis von Schweinezellen gewachsene Fleisch, ist echtes Fleisch, das aber ohne das Töten von Tieren auskommt. Sogenanntes „Clean Meat“ gilt als große, bislang ungenutzte Klimachance und der heilige Gral unter den alternativen Fleischarten. Dass für das Schweinefilet nach Angaben des Cleantech-Unternehmens keine pflanzlichen Zusätze verwendet wurden, ist ein weltweites Novum.
Doch hinter der Weltneuheit kultiviertes Schweinefilet steckt eine wissenschaftliche Basis, die viele weitere Produkte ermöglichen wird.
Diese Plattform rund um „pluripotente“ Stammzellen (iPSC Zellen) und das Know-How zum künstlichen Anzüchten von Gewebe (Tissue Engineering) wird am weltweit renommierten Institut für Pharmakologie und Toxikologie am Uniklinikum Göttingen unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann (Linkedin) entwickelt. Ein Ergebnis dieser Forschung ist die Ausgründung der MyriaMeat GmbH, die in München ansässig ist.
Das Cleantech-Unternehmen wurde erst im Jahr 2022 gegründet und hat innerhalb von nur einem Jahr erfolgreich einen Prototyp für künstliches Schweinfilet entwickelt. Das Hauptziel besteht darin, eine Plattform aufzubauen, die die Produktion von qualitativ hochwertigem und reinem Fleisch sowie einer breiten Palette anderer fleischbasierter Produkte ermöglicht. Dadurch möchte sich das Unternehmen als relevanter Partner für die Entwicklung von innovativen Lebensmitteln mit alternativen Proteinen etablieren.
Das von MyriaMeat entwickelte Cultivated Meat bietet dabei nicht nur ökologische Vorteile, sondern ermöglicht auch eine erhebliche Verbesserung des Tierwohls, da für die Herstellung von Fleisch keine Tiere geschlachtet werden müssen.
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„Bei MyriaMeat haben wir eine Plattform nicht nur für die Produktion von hochwertigem und reinem Fleisch, sondern auch für eine Vielzahl anderer fleischhaltiger Produkte aufgebaut und sind ein idealer Partner für die Entwicklung innovativer Lebensmittel mit alternativen Proteinen“, betont Co-Gründer und CEO Florian Hüttner. „Unsere Vision ist es, den Fleischkonsum im Einklang mit den Bedürfnissen einer wachsenden Weltbevölkerung und des Umweltschutzes neu zu definieren und den CO2-Ausstoß der Fleischproduktion deutlich zu reduzieren.“
MyriaMeat: Entwickelt in Niedersachsen
Entwickelt wurde es in den Laboren der Life Science Factory in Göttingen mit Hilfe der einzigartigen iPSC-Pipeline. „Das Fleisch ist frei von pflanzlichen Zusätzen und nicht gentechnisch verändert worden“, erklärt Dr. Malte Tiburcy, Co-Gründer von MyriaMeat. Neben seiner Rolle beim nun öffentlich gewordenen Cleantech-Startup ist Tiburcy Forschungsleiter an der Universität Göttingen.
Was die Plattform der Forscher aus Göttingen weiterführend etwa im Bereich Medizintechnik zu bieten hat, ist hier im hörenswerten Podcast der SPRIND mit Prof. Zimmermann zu erfahren.
Aktuell ist MyriaMeat in Gesprächen mit Industriepartnern und potenziellen Investoren, um die Skalierung sowie eine erste Verkostung noch im Jahr 2024 vorzubereiten. Es wird spannend, diese Sensation weiter zu verfolgen. Das Cleantech-Unternehmen hat zweifelsohne eine spannende Zukunft vor sich – aber auch noch einen weiten Weg im Hinblick auf die eigene Unternehmensstory, die aus kommunikativer Perspektive ausbaufähig ist.
Aber es ist in jedem Fall hoffnungsvoll, dass es einen solchen Marktteilnehmer im Segment rund um zelluläre Landwirtschaft und Clean Meat in Deutschland gibt. Die Verkostungsaktion in diesem Jahr wird der entscheidende Test für MyraMiad und das kultivierte Schweinefilet.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.