Schwedische Initiative HYBRIT errichtet Pilotanlage zur CO2-freien Gewinnung von Stahl auf Basis von grünem Wasserstoff
Mehrere schwedische Konzerne, darunter der Energieversorger Vattenfall, der Bergbaukonzern LKAB und der Stahlproduzent SSAB, haben sich zusammengeschlossen, um das Kohlendioxid-Problem in der schwedischen Eisen- und Stahlindustrie in den Griff zu bekommen. Mit dem Bau einer Pilotanlage hat das HYBRIT-Konsortiums in Luleå bereits begonnen. Jetzt wurden die für die Wasserstoff-Erzeugung notwendigen Elektrolyseure beim norwegischen Cleantech-Unternehmen Nel Hydrogen bestellt.
Die Stahlindustrie gehört weltweit zu den energieintensiven Branchen. Der globale Anteil von sieben Prozent am CO2-Ausstoß verdeutlicht das. Kein Wunder: Im bisherigen Herstellungsverfahren, der sogenannten Hochofenroute, wird Kohlenstoff als Rohstoff eingesetzt und prozessbedingt große Mengen Kohlendioxid freigesetzt. Alternativ ist es möglich, stattdessen grünen Wasserstoff zu verwenden – bei dem HYBRIT-Verfahren entsteht dann lediglich Wasserdampf.
Allein in Schweden trägt die Stahlindustrie mit zehn Prozent zu den dortigen CO2-Emissionen bei. Und die Nachfrage nach Stahl steigt aufgrund des Bevölkerungswachstums und dem Trend zur Urbanisierung weiter. Aber schon diese zehn Prozent sind ein großer Batzen, bedenkt man, dass Schweden sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2045 gänzlich ohne CO2-Emissionen auskommen zu wollen.
Daher soll in der HYBRIT-Initiative von Vattenfall, LKAB, SSAB und den Elektrolyseuren von Nel Hydrogen ein Prozess zur Stahlproduktion entwickelt werden, bei dem ausschließlich Wasserdampf statt Kohlendioxid emittiert wird. Dabei profitiert das nordeuropäische Land von guten Rahmenbedingungen: Die Stahlindustrie gilt als innovativ, die Versorgung mit erneuerbaren Energien für die Wasserstoff-Produktion ist möglich und dazu verfügt das Land über besonders hochwertiges Eisenerz – einmalig in Europa.
Im Juni 2018 hat HYBRIT mit dem Bau der Pilotanlage im nordschwedischen Luleå begonnen. Integriert werden Alkaline-Elektrolyseure des norwegischen Cleantech-Unternehmens Nel Hydrogen. Zwischen 2021 und 2024 soll die Pilotproduktion laufen. Anschließend soll eine Demonstrationsphase dafür sorgen, dass bis spätestens 2035 ein industrieller Prozess existiert, der die Produktion von fossilfreiem Stahl ermöglicht.
Es ist eine Ehre für uns, Elektrolyseure für die erste Phase des HYBRIT-Projekts zu liefern. Wir empfinden es als ermutigend, dass die Partnerunternehmen eine solche Vorreiterrolle bei der Dekarbonisierung des Stahls spielen.
Henning Langås, Vertriebsleiter Alkali-Elektrolyseure bei Nel Hydrogen
Hintergrund: Heutiger Stahlherstellungsprozess
Das HYBRIT-Projekt soll nun erforschen, ob Wasserstoff anstelle von Kohlenstoff bei der Eisenerz-Reduktion eingesetzt werden kann. Denn damit wäre die Hauptursache für die CO2-Emissionen aus der Eisenerzeugung beseitigt.
Im heutigen Prozess zur Stahlherstellung auf Erzbasis werden Eisenerz-Pellets durch Reduktion in einem Hochofen in metallisches Eisen umgewandelt. Eisenoxid und Kohlenstoff reagieren miteinander – so entsteht unter anderem Kohlendioxid. Im HYBRIT-Verfahren soll die Direktreduktion unter Verwendung von Ökostrom und Wasserstoff gelingen. Der grüne Wasserstoff wird per Alkali-Elektrolyse hergestellt. In diesem Prozess reagiert der Wasserstoff mit dem Sauerstoff in der Luft, so dass Eisenerz, metallisches Eisen und Wasserdampf gebildet werden.
Ein ähnliches Verfahren möchte auch die deutsche Salzgitter Flachstahl AG mit Partnern wie dem Dresdner Cleantech-Unternehmen Sunfire im Projekt SALCOS umsetzen:
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.