Newlight Technologies macht aus Methan und CO2 Plastik und Leder
Mit seinen Marken restore foodware und Covalent reduziert Cleantech-Unternehmen CO2-Emissionen.
Das kalifornische Cleantech-Unternehmen Newlight Technologies stellt ein AirCarbon genanntes Material her, das zu Leder- oder Plastik-Produkten weiterverarbeitet werden kann. Dazu ließen sich die Gründer von natürlichen Vorgängen in den Ozeanen inspirieren. Das Besondere: Strohhalme oder Gabeln aus AirCarbon sind nicht nur biologisch abbaubar, sondern nehmen auch mehr CO2 auf als sie am Ende wieder freisetzen. Jetzt erweitert das Unternehmen sein Angebot um eine Accessoires wie Sonnenbrillen, oder Macbook-Taschen.
Newlight Technologies gibt es schon seit 2003. Damals stellte sich Gründer Mark Herrema die Frage, wie man Kohlenstoff aufnehmen und in nützlichen Materialien verarbeiten kann, bevor er als Methan oder Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt wird. „Als wir uns in der Natur umsahen, entdeckten wir ziemlich schnell, dass die Natur jeden Tag Treibhausgase zur Herstellung von Materialien verwendet“, schildert Herrema die Anfänge seines Cleantech-Unternehmens.
Herrema interessierte sich besonders für Mikroorganismen im Ozean, die Methan und CO2 als Nahrung verwerten können – ähnlich wie Algen. „Sobald die Mikroorganismen das Gas gefressen haben, wandeln sie es in ihrem Innern in ein ganz besonderes Material um“, sagt Herrema. Das PHB genannte Material beschreibt der Unternehmer als Energiespeichermaterial, das schmelzbar ist. „Das Material kann man reinigen und dann in verschiedene Teile und Stücke formen.“
Salzwassertank als erstes Test-Kraftwerk
Ausgestattet mit diesen Erkenntnissen beschlossen Herrema und sein Team, den im Ozean natürlich stattfindenden Prozess an Land nachzuahmen. Dazu nutzten sie einen mit Salzwasser und Mikroben gefüllten Tank, und setzten diesem Gemisch Luft und Methan zu, um den Prozess zu starten. Das Methan entnahmen sie unvermeidbaren Quellen.
Sie fanden eine Methode, um den Mikroben das Material, das sie heute AirCarbon nennen, zu „stehlen“. Anschließend wird es gefiltert und gereinigt – so entsteht das feine, weiße Pulver, das sich zu Gegenständen weiterverarbeiten lässt. Was so einfach klingt, dauerte ein viel länger als ein Jahrzehnt.
Newlight Technologies hat erste kommerzielle Großanlage
Mittlerweile hat Newlight Technologies eine erste Großanlage im kalifornischen Lancaster, wo AirCarbon hergestellt wird. Dort wird ein 56.000 Liter fassender Edelstahltank mit Salzwasser gefüllt, um im Inneren die Mikroben Methan fressen zu lassen. Das so gewonnene Material bringt Newlight nun gezielt in die Produkte, mit denen der größte Impact für die Bekämpfung des Klimawandels erzielt werden kann.
So entstand ein regeneratives und CO2-negatives Geschirrset und verschiedene Strohhalme der Marke restore foodware (Link zum Shop), die nicht nur CO2 reduzieren, sondern gleichzeitig das Plastikproblem in den Meeren reduzieren. Das aus AirCarbon gewonnene Ozeanplastik ist für Menschen, die es als Besteck einsetzen, gesundheitlich unbedenklich – und falls es tatsächlich im Meer oder der Natur landet, schnell und rückstandsfrei biologisch abbaubar. Im Meer sogar schneller als Papier.
AirCarbon als Leder-Alternative
Doch das aus den Mikroorganismen gewonnene Material lässt sich nicht nur als „sauberes Plastik“ verwerten, sondern auch als synthetische Leder-Alternative. Neben restore foodware hat Newlight Technologies auch eine Modemarke für Produkte wie Handtaschen, Macbook-Hüllen oder Sonnenbrillen ins Leben gerufen: Covalent.
Besonderer Kniff für zahlenbasierte Verbraucher: Jedes Covalent-Produkt erhält ein eindeutiges Kohlenstoffdatum – dies ist der zu dem das AirCarbon hergestellt wurde. Mit dieser Kohlenstoffdatierung hat IBM die weltweit erste Kohlenstoffverfolgstechnologie auf Basis einer Blockchain im Einsatz. So kann der Verbraucher jeden Schritt im Herstellungsprozess seines Produktes verfolgen – und seinen unabhängig verifizierten CO2-Fußabdruck erfahren.
Das auf AirCarbon basierende Leder hat sogar Vorteile gegenüber Kunstleder aus fossilen Brennstoffen: Es blättert nicht ab oder reißt, ist also deutlich langlebiger.
Newlight Technologies schafft Produkte mit Impact
Es ist eine bemerkenswerte Geschichte: Ein Industrie-Unternehmen wie Newlight Technologies kreiert nicht nur einen Prozess, um einen Plastik- und Leder-Ersatz herzustellen, sondern entwickelt auch gleichzeitig die Marken, um das AirCarbon mit Impact in Produkten zu verarbeiten. Es zeigt, wie Marken künftig denken und agieren sollten: Langlebige Produkte schaffen, die das Klima und die Ozeane nicht belasten.
Bei Cleanthinking sind wir uns sicher, dass diese bemerkenswerte Story noch deutlich weitergehen kann. Wichtig wird sein, dass sich die eher auf Luxus ausgerichtete Modemarke als Trendsetter etabliert – und es cool wird, Produkte zu nutzen, die gleichzeitig CO2 reduzieren. Es muss ja nicht immer Vodka sein…
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.