Nikola Badger: Erster Pickup-Truck mit Brennstoffzelle bestellbar

Nikola World mit der Weltpremiere des Badger findet vom 3. bis 5. Dezember 2020 in Arizona statt.

Der Hype um die Nikola Motor Corporation seit dem Börsengang ist atemberaubend. Die Aktie hält sich bei 70 Dollar, das Unternehmen ist laut Marktkapitalisierung mehr wert als so mancher klassische Autobauer. Dabei hat der Pionier für große Trucks mit Brennstoffzelle oder Batterie-Elektrifizierung noch keine Umsätze zu verzeichnen. Heute startete Nikola-CEO Trevor Milton immerhin den Start der bezahlten Reservierungen für ein erstes Elektrofahrzeug: Der Nikola Badger ist bestellbar und dürfte der erste Pickup-Truck mit Brennstoffzelle auf dem Markt werden.

Seit 17 Uhr deutscher Zeit nimmt das Cleantech-Unternehmen, das derzeit einen Marktwert vom achtfachen geplanten Umsatz des Jahres 2024 hat, Bestellungen für den Nikola Badger entgegen. Das Fahrzeug, das ab 3. Dezember beim Event Nikola World in Phoenix, Arizona als Weltpremiere vorgestellt wird, soll nicht nur einen versteckten Kühlschrank bekommen, sondern auch jede Menge Pferdestärken (906 PS) und eine Reichweite von bis zu 600 Meilen, was 965 Kilometern entspricht.

(Virtuelles) Interieur des Nikola Badger.

Diese Reichweite erzielt der Nikola Badger mit einer 120-Kilowatt-Brennstoffzelle, so berichtet es Nikola-CEO Trevor Milton. Die rein batterieelektrische Version des als sinnvolles Nutzfahrzeug gedachten Fahrzeugs soll immerhin 480 Kilometer schaffen. Ob dann Abstriche bei der Zuglast und dem Ladegewicht gemacht werden müssen, ist bislang unklar. Das Drehmoment, beim Elektroauto unverzüglich vorhanden, soll bei ca. 1300 Newtonmetern liegen.

Im Vorfeld des Reservierungs-Starts hatte Trevor Milton in Interviews einige „aufregende“ Zahlen versprochen. Es bleibt spannend, wie oft auf der Nikola-Webseite nun auf den Vorbesteller-Button gedrückt wird. Die Anzahlungen von bis zu 5.000 Dollar sollen auf einem separaten Konto liegen, und nicht für die Entwicklung des Fahrzeugs oder anderweitig ausgegeben werden. Damit will Nikola die eigene Seriosität unterstreichen.

Ähnlich wie beim Kauf eines nur virtuell vorgestellten Tesla-Fahrzeugs reserviert der Kunde auch den Nikola Badger ohne genaue Kenntnis zum Design, zu exakten Kosten und technischen Daten. Eine der wichtigsten Entscheidungen, die Trevor Milton bis zur Nikola World Anfang Dezember treffen muss: Wer soll das Fahrzeug eigentlich produzieren?

Der Pickup-Truck von oben – Weltpremiere auf der Nikola World im Dezember.

Zwar möchte Milton im Dezember mit dem oben abgebildeten blauen Badger auf die Bühne rollen, aber die Serienfertigung wird – ähnlich wie bei den ersten LKWs aus dem Hause Nikola, die in Ulm mit Iveco produziert werden, ausgelagert. An welchen OEM, das steht noch in den Sternen. Davon wird auch entscheidend abhängen, wann das Elektrofahrzeug und die Version mit Brennstoffzelle auf den Markt kommen.

Diese technischen Daten sollen Reservierer überzeugen

  • 0-60 MPH 2.9 Seconds
  • Peak Horsepower 906
  • Continuous Horsepower 455
  • Peak Torque 980 Ft. LBS
  • Range 600 Miles
    • Battery 300 Miles
    • Fuel Cell 300 Miles
  • Hydrogen 8 kg
  • Fuel Cell 120 Kilowatt
  • Towing Capacity 8,000 LBS
  • Drivetrain 4×4 Independent Wheel Drive (IWD)
  • Dimensions 5890mm L x 2180mm W x 1870mm T

Weitere Ausstattungsmerkmale sind beispielsweise Over-the-Air-Updates, der schlüssellose Einstieg und der mögliche Stromexport von 15 Kilowatt mit 220 oder 110 Volt-Anschluss.

Nikola Badger in Action Anfang Dezember

Anfang Dezember wird der Nikola Badger dann der Öffentlichkeit präsentiert. Natürlich von Trevor Milton angepriesen als eine Show, die man nicht verpassen sollte. Wie dem auch sei: Nikola muss in den kommenden Monaten und Jahren liefern. Denn der Aktienkurs ist keineswegs in Stein gemeißelt – diejenigen, die als Erste in Nikola investierten, haben in Kürze die Chance, ihre Gewinne mitzunehmen. Das könnte den Kurs unter Druck bringen.

Im Internet erfährt Trevor Milton durchaus Gegenwind trotz seiner sehr klar argumentativen Öffentlichkeitsarbeit. Die Brennstoffzellen-Technologie wird teilweise sogar als Betrug abgestempelt – wenngleich die Behauptungen doch eher durch dünne Aussagen belegt werden. Milton hingegen will den Markt der Trucks umkrempeln und emissionsfrei werden lassen: Mit dieser Vision rechtfertige sich auch der Börsenwert.

Geschäftsmodell: Wasserstoff soll Margen treiben

Interessant ist das Geschäftsmodell von Nikola Motor Corporation in jedem Fall: Die Marge will das Unternehmen vor allem aus dem Verkauf von Wasserstoff ziehen. Denn diesen will Nikola selbst herstellen – und dabei den Strom direkt von Erneuerbare Energien-Anlagen beziehen, nicht von Energieversorgern.

Dabei spielen Großkunden wie Anheuser-äBusch eine große Rolle: Sie bekommen passgenau Wasserstoff-Tankstellen dorthin platziert, wo die künftigen Trucks regelmäßig unterwegs sein werden. Milton will dann insbesondere davon profitieren, den Kunden Wasserstoff zu einem gleichbleibenden Preis zu verkaufen – und gleichzeitig durch die Verbesserung der Technologie Margensteigerungen zu erwirtschaften.

Während allerdings der Aufbau eines Tankstellen-Netzwerks für grünen Wasserstoff für LKW noch relativ einfach ist, wird es für die Käufer des Nikola Badger ungleich schwieriger. Aber die haben ja zur not auch noch eine Batterie an Bord und somit eine sichere Reichweite von 480 Kilometern. Die Story rund um Nikola bleibt in jedem Fall spannend…

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

BrennstoffzelleElektromobilitätWasserstoff