Notpla gewinnt Investoren für magische Verpackungen aus Algen
Britisches Cleantech-Unternehmen Notpla will Produktion skalieren – und weitere, biologisch abbaubare Plastik-Alternativen mit der Industrie entwickeln.
Es hat was von Magie: Die Verpackung rund um den Reis verschwindet beim Hinzugeben zum Wasser. Denn, sie ist nicht aus Plastik, wie wir es gewohnt sind, sondern aus einem alternativen Material, das das britische Cleantech-Startup Notpla entwickelt. Sie besteht aus geschmacksneutralem Seetang und kann beispielsweise als Teebeutel, Nudel- oder Waschmittel-Verpackung genutzt werden. Jetzt hat Notpla für seine magische Erfindung 13 Millionen Dollar frisches Kapital eingesammelt.
Dabei ist die Notpla-Verpackung nicht nur umweltfreundlicher, weil sie keinen Müll hinterlässt (im Gegensatz zB zu Einzelportionspackungen von Instantkaffee), sondern sie fügt obendrein Nährstoffe hinzu. Damit trifft das Cleantech-Unternehmen einen Nerv, denn dünne Plastikfolien sind extrem schwierig zu recyceln. Ein Material, das sich buchstäblich in Luft auflöst, ist hier der deutlich bessere Weg.
Notpla nutzt die natürlichen Eigenschaften von Algen und anderen natürlichen Stoffen, um Plastikmaterialien zu ersetzen. Dabei überdenken die Gründer laut Pierre-Yves Paslier, dem CO-CEO, auch gleich das grundsätzliche Design der entsprechenden Materialien: „Eines der aufregendsten Dinge an Algen ist, dass sie Dinge tun können, die Plastik nicht kann. Sie schaffen neue Verhaltensweisen.“
Neuartige Teebeutel
Teebeutel etwa werden häufig aus Plastik hergestellt. Ein einzelner Beutel kann 11 Milliarden mikroskopisch kleine Plastikteile und drei Milliarden Partikel in Nanogröße an das heiße Wasser abgeben, wie eine Studie ergab. Ein Teebeutel aus Meeresalgen kann stattdessen unbedenklich in das Wasser gerührt werden und fügt einige Ballaststoffe und Antioxidantien hinzu. Die Algen werden so verarbeitet, dass sie keinen Geschmack hinzufügen.
Für Wasch- und Geschirrspülmittel könnte das Material anstelle von PVA-Plastik verwendet werden, das die Gewässer mit Plastik verschmutzt, weil es sich nicht vollständig auflöst. Kleidung, die normalerweise in dünnen Plastiktüten verschickt wird, könnte stattdessen in dem auf Algen basierenden Material verschickt werden, und das Material könnte mit eingebautem Waschmittel hergestellt werden, so dass das gesamte Paket bei der ersten Wäsche in die Waschmaschine geworfen werden könnte. „Wir versuchen zu überlegen, wie wir ein etwas interessanteres und angenehmeres Erlebnis schaffen können, während wir das nutzen, was Plastik nicht kann“, erklärt Paslier.
Essbare Wasserflasche für den London Marathon
Das Unternehmen, das ursprünglich mit einem Entwurf für eine essbare oder biologisch abbaubare Wasserflasche in Form eines Kleckses begann, hat in den letzten Monaten Prototypen der neuen Verpackung hergestellt und mit großen Unternehmen zusammengearbeitet, um an den Entwürfen zu arbeiten. Das Unternehmen ist bekannt für seine nachhaltige Verpackungslösung „Ooho“ – eine essbare und vollständig biologisch abbaubare Verpackung aus Meeresalgen. Bis heute haben die Oohos über 500.000 Einweg-Plastikverpackungen bei internationalen Großveranstaltungen wie dem London Marathon mit Lucozade und der London Cocktail Week mit Glenlivet ersetzt.
Die neue Investitionsrunde wird dazu beitragen, die Industrialisierung zu beschleunigen. Lead-Investor war Horizons Ventures aus Bangkok. Daneben waren auch die Bestandsinvestoren Astanor Ventures, Lupa Systems und Torch Capital beteiligt. Nach Angaben des UN-Umweltprogramms wurden nur neun Prozent aller jemals produzierten Kunststoffabfälle recycelt und nur 12 Prozent verbrannt. Die restlichen 79 Prozent landen auf Mülldeponien, Müllhalden oder in der natürlichen Umwelt. Hier will Notpla einen Unterschied machen.
„Wir sind wirklich begeistert von der Reaktion der Industrie“, sagt Paslier. „Natürlich ist das Ausmaß von Plastik gigantisch, und Plastik hatte etwa 100 Jahre Zeit, sich zu entwickeln. Es wird also ein bisschen dauern, bis wir wirklich global dagegen angehen können. Aber ich glaube, dass wir das in viel kürzerer Zeit schaffen können, als es bei Plastik der Fall war, weil alle sehr engagiert sind, diese Fortschritte zu erforschen.“
Notpla bringt Seegrasbeschichtung für Kartonverpackungen
Im Jahr 2021 brachte Notpla die erste Seegrasbeschichtung für Kartonverpackungen auf den Markt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kartons sind Notpla-Kartons biologisch abbaubar und recycelbar. Erfolgreiche Versuche mit 30 000 Schachteln führten zur kommerziellen Einführung der Notpla-Schachtel mit Just Eat Takeaway.com in Hunderten von britischen Restaurants. Die Verpackung wird schrittweise auf die 26 Länder von Just Eat ausgeweitet und neue Kunden in der Foodservice-Branche an Bord holen.
Notpla wurde 2014 von zwei Absolventen des Imperial College London und des Royal College of Art, Rodrigo Garcia Gonzalez und Pierre-Yves Paslier, gegründet. Nach Angaben des Unternehmens ist Seegras eine der reichhaltigsten Biomassequellen der Erde (es wächst bis zu einem Meter pro Tag). Ihre Produktion konkurriert nicht mit dem Anbau von Nahrungsmitteln, erfordert keine Düngemittel oder Frischwasser und bindet aktiv Kohlendioxid.
Im Einklang mit der neuen EU-Richtlinie über Einwegkunststoffe, die darauf abzielt, synthetische Materialien wie PLA, PHA und andere Biokunststoffe zu verbieten, lassen sich die Produkte von Notpla in nur 4-6 Wochen biologisch abbauen, ohne dass eine industrielle Kompostierung oder besondere Bedingungen erforderlich sind.
Paslier sagt: „Wir bei Notpla glauben, dass die Natur es am besten weiß, und wir verwenden nur natürlich vorkommende Materialien, die Millionen von Jahren Zeit hatten, sich an die Umwelt anzupassen. Unsere neuen Folien und das Seegraspapier sind großartige Beispiele für dieses Prinzip und die nachhaltigste Lösung in ihrer Kategorie.“
Skalierung der Produktion
Nach Angaben von Notpla gibt es derzeit keine anderen leicht biologisch abbaubaren, biobasierten und flexiblen Lösungen auf dem Markt. Daher besteht für diese Anwendungen eine große Nachfrage von Marken, die sich bemühen, Plastik aus ihren Produktpaletten zu entfernen. Das Unternehmen hat die Laborversuche erfolgreich abgeschlossen und arbeitet nun daran, das Verfahren mit mehreren kommerziellen Partnern zu erweitern.
Jetzt beginnt das Unternehmen, die Produktion hochzufahren, indem es Folienrollen herstellt, die in denselben Industrieanlagen verwendet werden können, die Hersteller derzeit zur Herstellung von Kunststoffverpackungen einsetzen.
Gewinn des Earthshot Prize 2022
Beim Ausbau der Produktion und der weiteren Skalierung wird die Aufmerksamkeit und das Netzwerk entscheidend helfen, das Notpla gerade gewonnen hat: Als Sieger des von Prinz William inszenierten Earth Shot Prize. Denn dieser ist mit einer Million Pfund dotiert und verspricht reichlich mediale Aufmerksamkeit in den kommenden Monaten.
Die Anerkennung durch die Jury des Preises, der übrigens auch Luisa Neubauer angehört, ist quasi der königliche Ritterschlag für die Lösung von Notpla zur Reduzierung von Plastikabfall. Das Angebot an Verpackungen, die heute schon über den Shop bestellt werden können reicht von der Burger-Verpackung bis zur umweltfreundlichen Pipette. Gut, dass diese herausragende Innovation, die die Ressourceneffizienz verbessert, nun auf der ganz großen Bühne angekommen ist.
Dieser Beitrag entstand zuerst am 24. Dezember 2021. Die letzte Aktualisierung gab es am 4. Dezember 2022.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Sehr gute Idee! Ist es möglich in dieses Unternehmen zu investieren? Welche Möglichkeiten gibt es ggf.?
Bitte um weitergehende Infos hierzu.
Hallo Herr Bardehle,
wenden Sie sich dazu bitte direkt an das Unternehmen.
Viele Grüße, Martin Jendrischik