Nutzfahrzeuge: Bund fördert klimafreundliche LKW und Ladeinfrastruktur mit 6,6 Milliarden Euro
Transportunternehmen erhalten bis zu 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber Dieselfahrzeugen vom Bund. Überblick über passende Nutzfahrzeuge.
Nach dem überaus erfolgreichen Förderprogramm für den Verkauf von Wallboxen für E-Auto-Fahrer, gibt es nun eine weitere Förderrichtlinie aus dem Haus von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, die einen gewaltigen Boom auslösen dürfte. Transportunternehmen, die sich dafür interessieren, ihre Flotte auf alternative Antriebe umzurüsten, erhalten bis zu 80 Prozent der Mehrkosten im Vergleich zu Dieselfahrzeugen vom Staat als Zuwendung. Gefördert werden klimafreundliche Nutzfahrzeuge der Klassen N1, N2 und N3, aber auch auf alternative Antriebe umgerüstete Nutzfahrzeuge der Fahrzeugklassen N2 und N3.
Die Förderrichtlinie, die auf den Seiten zur Förderung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen in Kürze zur Verfügung stehen soll, sieht ganz konkret drei Bereiche zur Förderung vor:
- Mehrkosten beim Kauf eines E-LKW gegenüber einem Diesel-LKW sollen mit bis zu 80 Prozent gefördert werden.
- Förderung der für den Betrieb der klimafreundlichen Nutzfahrzeuge erforderlichen Tank- und Ladeinfrastruktur in Höhe von 80 Prozent der zuwendungsfähigen projektbezogenen Gesamtausgaben.
- Förderung der Erstellung von Machbarkeitsstudien zu Einsatzmöglichkeiten von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen sowie der Errichtung bzw. Erweiterung entsprechender Infrastruktur in Höhe von 50 Prozent der zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben.
Neben rein batterieelektrisch betriebenen Transportern, LKWs und Pickups, werden auch solche mit Brennstoffzelle oder (Oberleitungs-)hybridelektrischem Antrieb gefördert. Da auch die Infrastruktur gefördert wird, besteht ein besonderer Anreiz auf Fahrzeuge umzustellen, die mit Wasserstoff betrieben werden – vorausgesetzt, es gibt am Hub des Fahrzeugs eine gute Möglichkeit, grünen Wasserstoff herzustellen.
Die Förderung des Bundesverkehrsministeriums beläuft sich zunächst auf 1,6 Milliarden Euro für die Anschaffung der klimafreundlichen Nutzfahrzeuge – betrifft aber auch fünf Milliarden Euro für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur, die für PKW und LKW zugänglich sein soll.
Der Schwerpunkt werden aber aller Voraussicht nach batterieelektrische Nutzfahrzeuge sein. Zuletzt hatten sich Daimler Truck, die aus dem VW-Konzern hervorgegangene TRATON GROUP und die Volvo Group dazu bekannt, den Aufbau und Betrieb eines öffentlichen Hochleistungs-Ladenetzes für batterieelektrische schwere Fernverkehrs-LKW und Reisebusse voranzutreiben. Ziel ist es, den Aufbau einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur anzustoßen und zu beschleunigen. Letztlich geht es den drei Schwergewichten um eine Stärkung des Vertrauens in die Elektrifizierung und einen Beitrag zum klimaneutralen Transportwesen in der EU.
EG-Fahrzeugklassen im Überblick
Bei allen Fahrzeugen der EG-Fahrzeugklasse N geht es um Transporter und LKW zur Güterbeförderung. Konkret unterscheiden sich die drei Fahrzeugklassen nach ihrer zulässigen Gesamtmasse:
- N1: 3,5 Tonnen
- N2: bis zu 12 Tonnen
- N3: mehr als 12 Tonnen
Konkret geht es also vor allem um Transporter und Lastkraftwagen, aber auch um Vans, Sattelzugmaschinen, Straßenzugmaschinen und sogar Pickups.
Zur Förderrichtlinie passende Fahrzeuge
Die Zahl der der Richtlinie entsprechenden Fahrzeuge wächst kontinuierlich – einen vollständigen Überblick können wir hier nicht bieten. So produziert Volvo etwa seine Modelle FL Electric oder FE Electric seit 2020 in Serie. Bis 2022 sollen drei weitere Elektronutzfahrzeuge dazukommen. Bis 2030 will Volvo Trucks die Hälfte seines Umsatzes mit elektrischen Nutzfahrzeugen erzielen. Erste technische Details zu den weiterführenden Produkten gibt es hier.
Mercedes hat mit dem eActros einen LKW auf dem Markt, der seit Sommer diesen Jahres in Serie produziert wird. Getestet wurde der schon seit 2018 von Edeka oder Dachser. Geeignet ist das Fahrzeug für den schweren Verteilverkehr. Weitere Fahrzeuge ähnlicher Größenordnung stehen unter Marke Fuso zur Verfügung – hier gehörte DHL mit verschiedenen Gesellschaften zu den Pionierkunden. Heineken liefert in den Niederlanden damit beispielsweise Bier an Restaurants aus.
Mit dem XCIENT FUEL CELL setzt Hyundai ganz stark auf Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge. Einige Dutzend davon sind in der Schweiz bereits im täglichen Logistik-Einsatz. Hinter der Initiative verbirgt sich ein Konsortium, das auch für den Aufbau entsprechender Ladeinfrastruktur sorgt. Ebenfalls stark auf die Brennstoffzelle setzt das australische Cleantech-Unternehmen, Hyzon, das mittlerweile auch einen Europasitz in den Niederlanden hat. Nicht zu vergessen ist auch der etwas skandalumwitterte Hersteller Nikola, der in Europa zusammen mit Iveco in Ulm einen Elektro-LKW (Nikola Tre) entwickelt.
Für die Umrüstung von Diesel-Trucks auf Elektromobilität steht beispielsweise das Cleantech-Unternehmen Orten Electric-Trucks aus Wittlich bereit. Ein breites Angebot an Logistik-Nutzfahrzeugen bietet auch der Umrüster Quantron AG – im Juni 2020 kündigte Quantron einen Brennstoffzellen-LKW an. In der Schweiz sitzt Futuricum, ein Elektromobilitäts-Engineering-Spezialist, der auch mit Volvo kooperiert.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.