CO2-negative Materialien aus Abfällen wie etwa Holzresten sind das Ziel des amerikanischen Cleantech-Unternehmens. Erdöl soll ersetzt werden.
Das kalifornische Cleantech-Unternehmen Origin Materials hat sich ein gewaltiges Ziel gesteckt: Es möchte den Übergang der Welt zu nachhaltigen Materialien ermöglichen. Dazu hat es eine Plattformtechnologie entwickelt. die fossile Ressourcen wie Erdöl durch reichlich vorhandene Quellen wie etwa Holzreste ersetzen kann. Auf Basis der Rohstoffe lassen sich unzählige, CO2-negative Produkte herstellen – vom Turnschuh über Flaschen bis zu Autoteilen. Seit April 2024 läuft die erste industrielle Anlage und macht aus Holzresten nachhaltige Zwischenprodukte.
Die Technologie von Origin Materials begann mit einer Idee: Was wäre, wenn wir nach Potenzialen suchen würden, wo andere den Versuch aufgegeben haben – und die Welt verändern würden? Im Jahr 2008 gründeten Chemieingenieur-Studenten der University of California ein neues Materialtechnologie-Unternehmen. Seitdem wendet Origin das Denken nach den ersten Prinzipien auf herausfordernde, lohnende Probleme in der Chemie und im Ingenieurwesen an.
Origins dekarbonisierende Technologie adressiert eine Billion Dollar-Marktchance und wird möglicherweise die Produktion einer breiten Palette von Endprodukten umkrempeln. Zu den Produkten zählen Kleidung, andere Textilien, Kunststoffe, Verpackungen, Autoteile, Reifen, Teppiche, Spielzeug und mehr. Es wäre ein gewaltiger Schritt für die Industrie, weniger Emissionen zu verbrauchen.
Führend für kohlenstoffnegative Materialien
Das Cleantech-Unternehmen, das neben einem Sitz in Kalifornien heute auch einen Standort im kanadischen Ontario hat, sieht sich selbst als weltweit führendes Unternehmen für kohlenstoffnegative Materialien. Chemische Prozesse und andere Technologien sollen es ermöglichen, Erdöl durch billigere, erneuerbare Kohlenstoffquellen zu ersetzen. So können beispielsweise Holzreste aus nachhaltiger Forstwirtschaft verwendet werden, um Basischemikalien zu erzeugen, die in einer Vielzahl von Alltagsgegenständen vorhanden sind.
Origins Vision ist eine Welt, in der kohlenstoffnegative Produkte und Materialien die Regel und nicht die Ausnahme sind und in der die Herstellung von Produkten dem Klima hilft, anstatt es zu schädigen.
John Bissell (Linkedin), Mitbegründer und Co-CEO von Origin
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Erste kommerzielle Anlage entsteht
Oft ist für Cleantech-Unternehmen der entscheidende Schritt nicht die Entwicklung einer Lösung im Demonstrations-Maßstab, sondern deren Skalierung in industrielle Größenordnungen. Auch Origin Materials steht dieser Schritt noch bevor, aber die Aussichten scheinen günstig zu sein, dass es das Unternehmen mit einem sehr erfahrenen Management-Team schaffen kann.
Bemerkenswert: Durch die Koinzidenz, dass die bisherigen Investoren des Unternehmens (PepsiCo, Danone, Nestle) auch gleichzeitig Kunden der Firma werden, sind die Produktionskapazitäten der ersten Anlagen bereits vergeben. Der vom Cleantech-Unternehmen Schritt für Schritt adressierte Markt ist groß: Laut Angaben des Unternehmens geht es um mindestens eine Billion Marktvolumen.
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Börsengang mit Artius Acqusition Inc.
Im Februar 2021 kündigte Origin Materials an, im Zuge eines Zusammenschluss mit Artius Acquisition Inc (Nasdaq:AACQU) den Börsengang an. Seit Abschluss der Transaktion im zweiten Quartal 2021 ist das kombinierte Unternehmen als ORGN gelistet. Mit dem Erlöse – so das Ziel des IPOs – will Origin Materials seine Geschäftstätigkeit bis zur Erzielung des ersten, positiven EBIT finanzieren.
Origin Materials Aktie: Auf Tauchstation
Seit dem Börsengang 2021 hat das Unternehmen reichlich Rückschläge erlitten. Der Aktienkurs ist aufgrund von Verzögerungen von mehr als 7 Dollar auf unter 50 Cent eingebrochen. Zuletzt verkündete Origin einen Strategiewechsel: Künftige Anlagen sollen nun zusammen mit Partnern gebaut werden, damit das Geschäft weniger kapitalintensiv ist. Die Anlage Origin 1 dient als Testanlage, um herauszufinden, welche Materialien von Kunden exakt wie verarbeitet werden können.
In den vergangenen zehn Jahren hat Origin eine Plattform entwickelt, um den in der Biomasse enthaltenen Kohlenstoff in nützliche Materialien umzuwandeln und dabei gleichzeitig Kohlenstoff zu binden.
NaturALL Bottle Alliance mit PepsiCo und Danone
Origin Materials hat schon vor einigen Jahren eine hochkarätige Allianz für 100 Prozent biobasierte PET-Flaschen initiiert. Teil der NaturALL Bottle Alliance sind Danone, Nestlé Waters und PepsiCo. Alle drei Unternehmen haben sich auch am Unternehmen direkt beteiligt – diese Beteiligung geht im Zuge des Börsengangs entsprechend auf das neue Unternehmen über.
Impact der Technologie
Gelingt dem Cleantech-Unternehmen die Skalierung der eigenen Technologien, kann der Impact für die Gestaltung einer Null-Emissions-Welt gewaltig sein. Denn: Während ungefähr 55 Prozent der globalen Kohlenstoffemissionen aus der Energieerzeugung und dem Transport stammen, kommen die anderen 45 Prozent aus der Produktion von Materialien für Verbraucher- und Industrieprodukte.
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Update: Origin 1 in Produktion
Am 11. Oktober 2023 gab Origin einen wichtigen Meilenstein bekannt. Die Produktion im Werk Origin 1 – konkret, die kommerzielle Produktion – hat begonnen. Die Fabrik steht im kanadischen Bundesstaat Ontario. Origin 1 ermöglicht erstmals die groß angelegte Produktion der vielseitig einsetzbaren chemischen Bausteine des Unternehmens. Das Werk zielt auf einen adressierbaren Markt von rund 1 Billion US-Dollar ab. Ein echter Meilenstein für die Mission von Origin, die Welt mit kohlenstoffarmen Materialien zu versorgen.
Origin hat sich zum Ziel gesetzt, die Welt bei der Umstellung auf nachhaltige Materialien zu unterstützen. Das Unternehmen entwickelt seit über einem Jahrzehnt eine Plattform, um den Kohlenstoff aus kostengünstigen, reichlich vorhandenen, nicht zur Nahrungsmittelerzeugung verwendeten Biomassen wie nachhaltigen Holzrückständen in nützliche Materialien umzuwandeln, wobei der Kohlenstoff dabei gebunden wird.
Mit ihrer patentierten Technologieplattform möchte das Cleantech-Unternehmen die Produktion einer Vielzahl von Endprodukten revolutionieren, darunter Kleidung, Textilien, Kunststoffe, Verpackungen, Autoteile, Reifen, Teppiche, Spielzeug, Treibstoffe und mehr. Im Gegensatz zur Erdölversorgungskette, die starken Schwankungen unterliegt, soll die Technologieplattform stabilere Preise bieten.
Origin Materials News: Origin 1 wandelt Holzabfälle in Zwischenprodukte
Im April 2024 verkündete das Cleantech-Unternehmen den nächsten Meilenstein: „Diese Woche haben wir in Origin 1 einen nachhaltigen Rohstoff aus Holzabfällen für unsere Biomasse-Umwandlungstechnologie in Betrieb genommen“, verkündete Bissell in einer Pressemitteilung. „Dies stellt eine Weiterentwicklung der auf Maisstärke basierenden Produktion dar. Wir verwenden lokal beschaffte Holzreste, die in einem Sägewerk als Nebenprodukt bei der Herstellung von Schnittholz und Holzfußböden anfallen. Aus Holzspänen, Hobelspänen und Sägemehl haben wir unsere nachhaltigen Zwischenprodukte hergestellt.“
Diese Zwischenprodukte – konkret geht es um CMF, HTC, Öle und Extrakte – dienen der Industrie zur Herstellung von Produkten, die bislang aus Erdöl produziert werden. Produkte wie Bekleidung und Textilien, Kunststoffe, Reifen und Automobilteile, Kraftstoffe und Hochleistungspolymere können alle aus diesen Zwischenprodukten hergestellt werden.
Dieser Beitrag entstand ursprünglich am 18. Februar 2021. Letzte Aktualisierung: 4. April 2024.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.