Wie das Cleantech-Unternehmen Biofabrik Technologies Plastikmüll den Kampf ansagt
Fünf Milliarden Tonnen Plastikmüll lagern weltweit auf Deponien. Cleantech-Unternehmen verwandeln die Abfälle jetzt in wertvolle Energie.
Die globale Plastikkrise braucht dringend Lösungen. Solche, wie sie Biofabrik, das Cleantech-Unternehmen aus Dresden, verspricht. Unvorstellbare fünf Milliarden Kunststoffabfälle liegen bereits in Deponien. Die Meere sind längst Müllhalden von Plastikteilchen. Unzählige Tiere ersticken oder verhungern, weil ihre Mägen mit Plastikmüll gefüllt sind. Neben politischen und gesellschaftlichen Lösungen für diesen Irrsinn, braucht es auch Unternehmer, die sich dem Thema widmen. Lesen Sie hier, wie das Cleantech-Unternehmen Biofabrik Technologies dem Plastikmüll den Kampf ansagt.
Saubere Technologien bzw. Cleantech kann entscheidend helfen, das Plastikmüll-Problem zu reduzieren. Das ersetzt keinesfalls politische und gesellschaftlich notwendige Veränderungen – wie das Verbot von Mikroplastik, das Ersetzen unnötiger Plastikfolien beispielsweise oder die Einführung eines Art Pfandsystems für Plastik.
Einen technologischen Ansatzpunkt, um Plastikmüll zu verwerten, hat das Dresdner Cleantech-Unternehmen Biofabrik Technologies entwickelt. In einer Entwicklungszeit von sechs Jahren hat das von Oliver Riedel geführte Unternehmen eine Kompakt-Pyrolyseanlage zur Marktreife gebracht, die pro Tag mit einem Modul aus 250 Kilogramm Plastikabfall 875 Kilowattstunden elektrische Energie macht.
Dezentrales Kunststoffrecycling mit WASTX
Die sogenannte WASTX Plastic-Technologie für dezentrales Kunststoffrecycling benötigt nach Angaben von Biofabrik Technologies pro Kilogramm Plastikabfall etwa eine Kilowattstunde Energie. Angesichts der Energieerzeugung kann die Anlage autark an Standorten betrieben werden, die nicht über eine dauerhafte Stromversorgung verfügen.
Pyrolyse-Verfahren oder, technisch gesprochen, die Verfahren zur Katalytischen Depolymerisation sind nicht neu. Dabei werden langkettige Kohlenwasserstoffverbindungen etwa von Plastikmüll durch den Einfluss hoher Temperaturen unter Ausschluss von Sauerstoff aufgebrochen. So entstehen kurzkettige und damit flüssige Verbindungen. Dieser „Kraftstoff“ kann etwa direkt in Schiffsmotoren oder zur Generierung von elektrischer Energie in Generatoren verwendet werden.
Allerdings gelingt es bislang kaum einem Ingenieurteam weltweit, einen wirklich kontinuierlichen Prozess zu generieren, der auch von Laien betrieben werden kann. Biofabrik Technologies verkündete nun vor kurzem, genau dies geschafft zu haben. In der Entwicklungszeit hat das Unternehmen zahlreiche Reaktortypen ausprobiert und wieder verworfen – bis es 2017 zu einem Durchbruch kam.
Heute bezeichnen sie ihre marktreife Lösung als „kontinuierlichen Kompakt-Pyrolysereaktor mit Mehrzonen-Heizsystem“, ohne viel mehr über die exakten Temperaturen und den ausgewählten Reaktortyp preiszugeben. Schon 2016 beteiligte sich mit der Schur Star Systems GmbH ein Unternehmen mit einer großen Menge Plastikmüll (Kunststofffolien) an der Entwicklung von WASTX Plastic der Biofabrik.
Plastikmüll: WASTX Plastic verwertet Kunststofffolien
An einem Standort des Cleantech-Unternehmens in Dresden fand seitdem auch ein Dauertest mit der Kompakt-Pyrolyseanlae und dem Plastikmüll von Schur Star Systems statt – offenbar mit Erfolg. Den Angaben zufolge ist in dem Reaktor nun erstmals eine Verwertung der Kunststofffolien des Unternehmens möglich. Die Besichtigung einer laufenden WASTX Plastic-Anlage ist übrigens am Standort Dresden von Biofabrik Technologies – nach vorheriger Anmeldung – möglich.
Die WASTX Plastic-Anlage weist zwei Besonderheiten auf: Sie ist extrem kompakt und drei Module passen sogar in einen 40-Fuß-Container. Außerdem ist sie offenbar in der Lage, nicht-reine Kunststoffe, wie sie in der Abfallwirtschaft üblich sind, zu verwerten. Verbunden mit der vollautomatischen Steuerung ist die kleine Anlage für den dezentralen Einsatz prädestiniert.
Biofabrik verwertet auch HDPE oder LDPE
Neben den Kunststofffolien kann inzwischen auch anderer Plastikmüll energetisch bzw. stofflich verwertbar. So etwa Spritzgussteile (HDPE), Milchkartonbeschichtungen (LDPE) oder Innenausstattungen von PKWs, Armaturenbrettern, Batteriegehäuse oder Fahrradhelme (PP). Die Pyrolyseanlage von Biofabrik Technologies ist skalierbar – bis zu acht Module passen in einen einzelnen Seecontainer. Aus 250 Kilogramm Input werden dann zwei Tonnen oder mehr.
Nach Angaben von Biofabrik Technologies ist das erste Serienprodukt WASTX Plastic nun in Produktion und soll demnächst an das Flensburger Unternehmen ausgeliefert werden. Anschließend startet der Vertrieb in andere Regionen der Welt. Insbesondere dort, wo Energieknappheit herrscht und sich Plastikmüll-Berger türmen, könnte die Pyrolyseanlage aus Dresden echten Mehrwert bringen.
Grüner Asphalt: Weitere saubere Technologie
Biofabrik Technologies versteht sich mittlerweile auch als eine Art Inkubator für Pyrolyse-Technologien und andere Verfahren, die die Umwelt schonen. Aus dem Dunstkreis des Cleantech-Unternehmens hervorgegangen ist u.a. ein Cleantech-Startup, das sich mit grünem Asphalt ohne Erdöl beschäftigt. Mehr zu B2Square gibt es hier im Beitrag.
Letztes Update dieses Beitrags über Biofabrik Technologies am 13. August 2023.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.