Vermieter können Mieterwunsch nach einer Balkonsolaranlage nur noch selten ablehnen.
Der Bundestag hat gestern Abend eine wichtige Maßnahme zur Förderung von kleinen Solaranlagen verabschiedet: Die Privilegierung von Balkonkraftwerken. Mit der Änderung des Miet- und Wohnungseigentumsrechts wird es Eigentümern und Vermietern künftig erschwert, die Installation solcher Solaranlagen ohne triftigen Grund abzulehnen. Federführend bei dieser Gesetzesänderung war Bundesjustizminister Marco Buschmann. Steckersolargeräte werden künftig ähnlich wie Satellitenschüsseln behandelt, für deren Installation Mieter einen rechtlichen Anspruch haben.
Hintergrund: Um ein Balkonkraftwerk anbringen zu dürfen, brauchten Mieter*innen bislang die ausdrückliche Zustimmung ihres Vermieters – beziehungsweise als Wohnungseigentümer die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft. Diese Zustimmung konnte bisher auch ohne sachlichen Grund verweigert werden.
Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) behalten auch in Zukunft das Recht, die Art und Weise der Anbringung von Steckersolargeräten am Gebäude mitzubestimmen. Die grundsätzliche Erlaubnis zur Installation solcher Anlagen wird jedoch durch die neuen Regelungen gestärkt.
Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland wächst rasant. Nach dem gerade abgelaufenen Rekordquartal, in dem mehr als 152.000 neue Anlagen angeschlossen wurden (ein Plus von 52 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal), könnten die neuen gesetzlichen Regelungen den kleinen Anlagen einen weiteren Schub geben. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, sieht darin einen „Booster für die Solarisierung von Balkonen„.
Die Novelle stärke die Energiewende in den eigenen vier Wänden, so die SPD-Fraktion im Bundestag. „Damit ermöglichen wir einen effektiven und unbürokratischen Weg, die privaten Energiekosten zu senken“, erklärte der zuständige Berichterstatter, Daniel Rinkert.
Insgesamt sind derzeit 563.000 Anlagen im Marktstammdatenregister erfasst. Experten schätzen, dass die tatsächliche Anzahl der installierten Anlagen aufgrund nicht registrierter Anlagen deutlich höher liegen dürfte.
Wie schnell rentieren sich Balkonkraftwerke?
Die Rentabilität von Balkonkraftwerken hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Anschaffungspreis, der Größe der Anlage, dem Standort (Sonneneinstrahlung), den aktuellen Strompreisen und dem Eigenverbrauchsanteil. Laut einer aktuellen Studie der RWTH Aachen im Auftrag von Eon aus dem Jahr [Jahr einsetzen] amortisieren sich Balkonkraftwerke durchschnittlich innerhalb von drei bis sechs Jahren.
Balkonkraftwerke sind kompakte Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 600 Watt, die einfach über eine Steckdose mit dem Haushaltsnetz verbunden werden können. Sie können überall installiert werden, wo ausreichend Sonnenlicht vorhanden ist, nicht nur auf Balkonen. Durch die Erzeugung von Solarstrom können Besitzer ihren Stromverbrauch aus dem öffentlichen Netz reduzieren und somit ihre Stromrechnung senken.
Überschüssiger Strom wird in der Regel nicht vergütet, sondern kostenlos ins öffentliche Netz eingespeist.
Kritik der Deutschen Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) übt scharfe Kritik an der aktuellen Gesetzgebung im Bereich Solarenergie und bezeichnet sie als „Arbeitsverweigerung“. Trotz vorheriger Hinweise fehle weiterhin ein klarer Kriterienkatalog für die Installation von Balkonkraftwerken. Dadurch könnten „absurde Gründe wie die Ästhetik“ weiterhin als Vorwand dienen, um private Solarprojekte zu blockieren.
Ein weiterer Kritikpunkt der DUH ist die unzureichende Berücksichtigung von Photovoltaik-Anlagen und Speichern in der aktuellen Gesetzgebung. Sie fordert daher ein umfassendes „Solarpaket II“ noch in dieser Legislaturperiode, um diese Defizite zu beheben und den Ausbau der Solarenergie weiter voranzutreiben.
Obwohl bereits ein Solarpaket II angekündigt ist, sieht die DUH dringenden Handlungsbedarf, um die Energiewende effektiv zu gestalten.
Die Beliebtheit der Balkonkraftwerke wird zunehmend ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Daher ist die Privilegierung von Balkonkraftwerken ein wichtige Schritt. Mit der Anbringung an Balkonen etwa in Innenstädten dürfte sich zunehmend eine Art „Fortpflanzungseffekt“ einstellen – und so noch weit mehr Dynamik hereinkommen. Dass Mieter*innen hierfür demnächst mehr Rechte haben werden, ist ein guter Schritt der Politik.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.