ProVeg International analysiert die Preisentwicklung bei Clean Meat-Alternativen im Vergleich zu herkömmlichem, tierischem Fleisch.
Die Inflation in Europa sorgt für einen besonderen Meilenstein im Clean Food-Markt: Wie eine Auswertung der Supermarktforscher von Questionmark im Auftrag der Organisation ProVeg zeigt, sind Fleischalternativen auf pflanzlicher Basis erstmals in vielen Supermärkten günstiger als tierisches Fleisch. Der Grund ist die Inflation, die Fleisch, Milch oder Gemüse und Obst teurer gemacht hat. Pflanzliche Clean Food-Alternativen hingegen sind kaum teurer geworden.
Die Analyse im Auftrag von ProVeg International fand in den Niederlanden statt, bezog aber beispielsweise die deutschen Discounter Aldi und Lidl mit ein. Die Preis-Entwicklung verlief demnach gegenläufig: Während die Fleischpreise stark gestiegen sind, wurden die angebotenen pflanzlichen Fleischalternativen billiger. ProVeg und Questionmark begannen im Februar 2022 die Preisunterschiede systematisch zu erfassen. Seitdem haben sich die Preise überdeutlich verändert.
Die Grafik zeigt, wie sich die Preise in wenigen Monaten verschoben haben. Konkret gab es folgende Entwicklungen (Februar / Juli – Preis pro Kilo):
- Pflanzliche Burger: 56 Cent teurer / 78 Cent billiger
- Pflanzliche Hähnchenteile: 1,16 Euro teurer / 37 Cent billiger
- Pflanzliches Hackfleisch: 29 Cent teurer / 1,36 Euro billiger
Die Forscher von Questionmark und ProVeg verglichen dabei stets die billigsten, tierischen Fleischprodukte mit den billigsten zugehörigen pflanzlichen Fleischalternativen. Produkte mit einer vergleichbaren Portionsgröße wurden immer auf der Grundlage des Kilopreises verglichen. Insgesamt wurden 36 verschiedene Produkte miteinander verglichen.
Im Februar waren vegetarische Burger, Hackfleisch und Hähnchenteile in 44 % der Fälle billiger oder etwa gleich teuer; jetzt sind sie in 66 % der Fälle billiger oder etwa gleich teuer.
Die Unterschiede zwischen den Supermärkten und zwischen den Produkten selbst sind dabei den Angaben zufolge groß. Die Tatsache, dass pflanzliche Fleischalternativen im Durchschnitt billiger geworden sind als Fleisch, bedeutet nicht, dass dies auch bei jeder pflanzlichen Fleischalternative und in jedem Supermarkt der Fall ist. Es ist jedoch überall der gleiche Trend zu beobachten, nämlich ein starker Rückgang oder sogar eine Umkehrung der Preisunterschiede. Von den 18 untersuchten Produktpaaren hat sich der Preisunterschied bei 16 verbessert und nur bei 2 verschlechtert.
Größte Ersparnis bei Aldi und Lidl
Relativ gesehen bieten Aldi und Lidl die größten Vorteile für diejenigen, die Fleisch gegen Fleischalternativen eintauschen. Für die Verbraucher bedeutet dies eine Ersparnis von nicht weniger als 6 Euro pro Kilogramm. Im Februar war die Differenz mit 2 Euro pro Kilogramm ebenfalls positiv.
Als Folge der Preiserhöhungen beobachten wir bereits, dass sich die Verbraucher zunehmend für Discounter wie Aldi und Lidl entscheiden. Sie könnten die Kosten für ihre Lebensmittel noch weiter senken, wenn sie statt Fleisch häufiger einen pflanzlichen Fleischersatz in ihren Einkaufskorb legen würden.
Pablo Moleman von ProVeg Niederlande
Fleischalternativen kaum von der Inflation betroffen
Die Ursache für die Veränderungen liegt ausschließlich im Anstieg der Fleischpreise und nicht in der Senkung der Preise für Alternativen. In den meisten Fällen blieb der Preis für pflanzliche Fleischsorten gleich oder wurde geringfügig teurer, jedoch in weitaus geringerem Maße als bei Fleisch. Im Durchschnitt verteuerte sich Fleisch zwischen Februar und Juni um 21 %, während pflanzliche Fleischalternativen nur um 2 % teurer wurden.
Produkt Durchschnittspreis pro Kilogramm, Februar und Juni 2022 -> Durchschnittspreis:
- Burger (tierisch) 7,33 Euro -> 8,73 Euro +19,1%
- Burger (pflanzlich) 7,89 Euro -> 7,95 Euro +0,76%
- Hackfleisch (tierisch) 7,50 Euro -> 9,60 Euro +28,0%
- Hackfleisch (pflanzlich) 8,01 Euro -> 8,24 Euro +2,87%
- Hähnchenteile (tierisch) 11,81 Euro -> 13,81 Euro +16,9%
- Hähnchenteile (pflanzlich) 12,97 Euro -> 13,44 Euro +3,62%
Nach Ansicht von ProVeg ist dies auf die Inflation und die höheren Rohstoffkosten in Verbindung mit der Ineffizienz der Fleischproduktion zurückzuführen.
„Fleisch war schon immer ein Produkt, das eine enorme Menge an Rohstoffen erfordert. Um ein Kilogramm Fleisch herzustellen, braucht man bis zu zehn Kilogramm Getreide. Jetzt, in Zeiten der Knappheit, fordert das seinen Tribut“, erklärt ProVeg-Geschäftsführer Moleman. „Aufgrund des hohen Rohstoffeinsatzes reagiert Fleisch viel empfindlicher auf Störungen auf dem Weltmarkt als Fleischalternativen. Pflanzliches Fleisch ist eindeutig effizienter, und das spiegelt sich jetzt auch im Preis wider“.
Laut Moleman könnten auch die Gewinnspannen eine Rolle spielen: „Wir wussten bereits aus der vorhergehenden Studie, dass die Gewinnspannen bei Fleischprodukten oft hauchdünn sind. Supermärkte versuchen, Kunden anzulocken, indem sie Fleisch so billig wie möglich anbieten. Gewinnspannen von etwa acht Prozent sind üblich, und manchmal wird Fleisch sogar unter dem Selbstkostenpreis verkauft. Fleischalternativen hingegen haben Gewinnspannen von 35 bis 50 Prozent. Diese höheren Gewinnspannen könnten als Puffer gedient haben, um den Preisanstieg aufzufangen, während die Supermärkte bei Fleisch keine andere Wahl hatten, als die Preise zu erhöhen. Das könnte erklären, warum Fleisch so stark von den Preiserhöhungen betroffen war und pflanzliche Ersatzprodukte nicht.“
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.