Kann der Festkörperbatterie-Prototyp halten, was die das Cleantech-Unternehmen verspricht?
Quantumscape, der Hoffnungsträger der Festkörperbatterie-Branche, lässt mit der Auslieferung der QSE-5 B-Samples an Automobilpartner erneut die Fantasie der Anleger durchgehen. Doch während Pressemitteilungen von bahnbrechenden Energiedichten und ultraschnellen Ladezeiten schwärmen, lohnt ein nüchterner Blick auf die tatsächlichen Fortschritte und die verbleibenden Herausforderungen. Können die B-Samples die hohen Erwartungen erfüllen?
QSE-5 B-Samples: Zwischen Laborerfolg und Serienreife
Zweifellos markieren die QSE-5 B-Samples einen wichtigen Schritt für das Cleantech-Unternehmen. Sie demonstrieren die Fähigkeit, Festkörperzellen im halbwegs relevanten Maßstab zu produzieren. Doch bis zur Serienreife und zum kommerziellen Einsatz in Elektrofahrzeugen ist es noch ein weiter Weg. Quantumscape hebt vor allem zwei Eigenschaften der QSE-5 hervor:
Energiedichte von über 800 Wh/L
Ein Wert, der konventionelle Lithium-Ionen-Batterien in den Schatten stellt. Doch die Messmethode lässt Zweifel aufkommen. Die angegebene Energiedichte wird bei 100% Ladezustand (SoC) und 25°C ermittelt. Im realen Fahrbetrieb, mit schwankenden Temperaturen und Ladezuständen, dürfte die tatsächlich nutzbare Energiedichte deutlich geringer ausfallen.
Zudem ist Vorsicht geboten beim Vergleich dieser Zell-Energiedichte mit der Energiedichte von kompletten Batterien. Eine Batterie enthält neben den Zellen Verpackung, Verkabelung, Kühlsysteme und weitere Komponenten, die Platz beanspruchen und die Gesamtenergiedichte reduzieren.
Schnellladung in unter 15 Minuten (10-80%)
Ein Feature, das die Reichweitenangst von E-Autofahrern beheben könnte. Doch QuantumScape liefert keine Details zur Langzeitstabilität der Zellen bei häufigen Schnellladevorgängen. Wie wirkt sich die hohe Strombelastung auf die Lebensdauer und die Sicherheit der Batterie aus? Und welche Anforderungen stellt die Technologie an die Ladeinfrastruktur?
Lithium-Metall: Chance und Risiko
Die Verwendung einer Lithium-Metall-Anode anstelle von Graphit ist ein zentraler Bestandteil der Quantumscape-Technologie. Sie ermöglicht eine höhere Energiedichte, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Lithium-Metall ist reaktiv und neigt zur Bildung von Dendriten, die zu Kurzschlüssen und im schlimmsten Fall zu Bränden führen können.
Das Unternehmen bewirbt seinen festen Keramik-Separator als Lösung für dieses Problem. Langzeittests unter realen Bedingungen stehen jedoch noch aus.
Skalierbarkeit und Kosten: Die große Unbekannte
Die Produktion von Festkörperbatterien ist komplexer und materialintensiver als die Herstellung herkömmlicher Lithium-Ionen-Batterien. Das Unternehmen muss den Beweis erbringen, dass die Technologie im industriellen Maßstab und zu wettbewerbsfähigen Kosten produziert werden kann.
Bislang hält man sich mit Informationen zu Produktionskapazitäten und Herstellungskosten zurück.
Volkswagen: Partner oder Konkurrent?
Volkswagen ist ein wichtiger Investor und Entwicklungspartner von QuantumScape. Doch der Autokonzern verfolgt eine Multi-Technologie-Strategie und investiert parallel in verschiedene Batterietechnologien, einschließlich eigener Festkörperbatterien. Es ist unklar, welche Rolle Quantumscape langfristig in der Batteriestrategie von Volkswagen spielen wird.
Als junges, forschungsgetriebenes Unternehmen mit hohen Forschungs- und Entwicklungskosten und bisher keinen nennenswerten Umsätzen, sind die Amerikaner konstant unter Finanzierungsdruck. Die Finanzierung erfolgt über Kapitalerhöhungen und Partnerschaften. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb im Bereich der Festkörperbatterien zu. Zahlreiche Unternehmen, darunter etablierte Batteriehersteller und Cleantech-Startups, arbeiten an ähnlichen Technologien. QS muss seinen technologischen Vorsprung halten und die Kommerzialisierung der QSE-5 zügig vorantreiben, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Die QSE-5 B-Samples sind ein wichtiger Schritt für Quantumscape, aber kein Garant für den Erfolg des Unternehmens. Die Technologie ist vielversprechend, aber es bestehen noch viele Unklarheiten und Risiken. Die Skalierbarkeit der Produktion, die Langzeitstabilität der Batterien und die Wettbewerbsfähigkeit im Markt sind entscheidende Faktoren.
Cleanthinking wird die weiteren Entwicklungen kritisch verfolgen und die Leser objektiv und faktenbasiert informieren. Hintergründe zur aktuellen Meilenstein-Meldung gibt es im Investoren-Brief zu den Quartalszahlen Q3 2024.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.