Sauberes Fleisch: Chance oder Risiko für Landwirte?

Die Debatte um sauberes Fleisch (Clean Food) ist oft von Konfrontation geprägt. Befürworter sehen darin eine nachhaltige Alternative zur traditionellen Tierhaltung, während Kritiker die Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die ländlichen Gemeinschaften fürchten. Eine neue Studie der Royal Agricultural University (RAU) zeigt jedoch, dass es auch Raum für Zusammenarbeit gibt – etwa bei Rapsschrot und Schlachtabfällen.

Win-Win-Situationen statt Kulturkampf

Die Studie „Culture Clash? What cultured meat could mean for UK farming“ zeigt auf, dass Landwirte von der Entwicklung des Laborfleischsektors profitieren könnten. So könnten landwirtschaftliche Nebenprodukte wie Rapsschrot oder Schlachtabfälle, die reich an Aminosäuren sind, zur Herstellung von Nährmedien für kultiviertes Fleisch verwendet werden. Dies würde nicht nur die Produktionskosten senken, sondern den Landwirten auch neue Einkommensquellen eröffnen.

Die Studie ergab, dass die Landwirte die Konkurrenz durch Laborfleisch eher als langsame Entwicklung sehen, auf die sie sich rechtzeitig einstellen können. Die Technologie könnte sogar neue Märkte für Rohstoffe schaffen oder die Verwertung von Abfallströmen verbessern. Einige Landwirte könnten sogar selbst Laborfleisch produzieren, da sie bereits über geeignete Anlagen und Lieferketten verfügen.

Brücken bauen statt Gräben ziehen

„Einige Länder haben kultiviertes Fleisch im Namen des Schutzes der Landwirtschaft verboten“, sagt Tom MacMillan, Professor an der RAU. „Aber anstatt dies als ‚Alles oder Nichts‘ zu sehen, haben wir untersucht, wo es Win-Win-Situationen geben könnte.“

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass der Aufbau von Brücken zwischen Landwirten und der Laborfleischindustrie im Interesse beider Seiten liegt. Landwirte könnten von neuen Märkten und Technologien profitieren, während die Laborfleischindustrie von der Expertise und den Ressourcen der Landwirtschaft profitieren könnte.

Übertragbarkeit auf Deutschland

Die Erkenntnisse der britischen Studie sind durchaus auf deutsche Landwirte übertragbar. Auch hierzulande gibt es Potenzial für die Nutzung landwirtschaftlicher Nebenprodukte wie Rapsschrot in der Laborfleischproduktion. Zudem könnten deutsche Landwirte ihre bestehende Infrastruktur und ihr Know-how nutzen, um in die Produktion von kultiviertem Fleisch einzusteigen.

Allerdings ist der Deutsche Bauernverband bisher eher zurückhaltend gegenüber Laborfleisch. Es besteht die Sorge, dass die neue Technologie die traditionelle Landwirtschaft bedrohen könnte. Eine offene Diskussion und Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Wissenschaftlern und der Laborfleischindustrie ist daher unerlässlich, um mögliche Chancen und Risiken auszuloten und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

Letztlich gibt die Studie der RAU Hinweise darauf, dass die Debatte um Laborfleisch nicht zwangsläufig ein Kulturkampf sein muss. Stattdessen gibt es Potenzial für Zusammenarbeit und gemeinsame Lösungen, die sowohl der Landwirtschaft als auch der neuen Technologie zugutekommen können.

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklung in Zukunft gestalten wird, aber die Studie gibt Anlass zur Hoffnung, dass eine nachhaltige und für alle Seiten vorteilhafte Lösung gefunden werden kann.

Es ist an der Zeit, dass auch der Deutsche Bauernverband diese Chancen erkennt und sich aktiv an der Gestaltung der Zukunft der Landwirtschaft beteiligt. Im Deutschen Bundestag indes ist die Proteinwende bereits angekommen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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