Rekord: Tesla liefert mehr als 77.000 Model 3 aus

Während BMW an der Nachfrage nach Elektroautos zweifelt, schafft Tesla mit 95.200 ausgelieferten Fahrzeugen ein Rekord-Quartal.

Tesla hat in den vergangenen Wochen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um diesen Rekord zu schaffen. Mit 95.200 ausgelieferten Elektroautos vom Typ Model S und X (17.650) sowie Model 3 (77.550) hat der kalifornische Autobauer die Börse elektrisiert. Der Aktienkurs sprang nachbörslich um sieben bis acht Prozent in die Höhe. Produziert werden konnten 87.048 Autos.

Tesla hat im ersten Quartal 2019 den Fehler gemacht, gleichzeitig den Verkaufsstart in China und Europa auf den Weg zu bringen. Das hat CEO Elon Musk kürzlich eingeräumt, würde er so nicht noch einmal machen. Das Resultat war ein schwaches erstes Quartal, das den Aktienkurs auf Talfahrt geschickt und rund ein Drittel des Börsenwertes gekostet hatte.

Und: Es gab immer wieder Zweifel, wie groß die Nachfrage nach Tesla-Elektroautos allgemein und dem Tesla Model 3 im Besonderen sein könnte. Hochrangige BMW-Manager sind der Ansicht, es gäbe keine große Nachfrage nach Elektroautos im europäischen Markt. Trotzdem will BMW, um Strafzahlungen der EU zu entgehen, seine Ambitionen in Richtung Elektromobilität ausweiten. Es wird aber noch dauern, bis der Münchener Autobauer eine breite Palette Elektroauto auf dem Markt hat.

Indes spricht Tesla-CEO Elon Musk konsequent davon, es gebe kein Nachfrage-Problem für seine Fahrzeuge – und das ohne klassische Werbung oder teure TV-Kampagnen, wie sie auch Volkswagen gerade durchführt. Der Rekord bei den Auslieferungen gibt Tesla zunächst Recht, wenngleich 95.200 Fahrzeuge zwar deutlich mehr sind, als erwartet – aber Volkswagen, BMW oder Daimler gehen natürlich aufgrund ihrer Marktstellung von ganz anderen Größenordnungen aus.

Tesla-Rekord: Produktion und Auslieferungen

  ProduktionAuslieferungen 
 Model S/X14.51717.650 
 Model 372.53177.550 
 Summe87.04895.200 

Die im Quartal generierten Aufträge übertrafen bei Tesla die Auslieferungen, so dass Tesla zunächst mit einem höheren Auftragsbestand ins dritte Quartal gehen wird. Der Autobauer glaubt, gut positioniert zu sein, um Gesamtproduktion und Lieferungen im dritten Quartal weiter zu steigern. Ein weiteres Indiz: 7.400 Fahrzeuge befanden sich Ende des Monats noch auf dem Weg zu Kunden – vermutlich insbesondere auf dem Seeweg nach Europa und China.

Apropos China: Bislang sind kaum Resultate nach Ländern bekannt, aber der chinesische Markt könnte beim Rekordquartal von Tesla eine überraschend positive Rolle gespielt haben. Der Nordamerika-Push war dann offenbar auch der Versuch, möglichst viele Autos zu den Kunden zu bringen und die nun wiederum gesunkene staatliche Förderung noch auszunutzen. Ist Tesla in China ein Erfolg gelungen, könnte die Nachfragedebatte endgültig ad-acta gelegt werden – zumal die Produktion in der chinesischen Gigafactory nicht mehr so weit entfernt ist.

Im Gesamtjahr möchte Tesla mindestens 350.000 Fahrzeuge ausliefern – zu den jetzt geschafften rund 150.000 müssten also in beiden Quartalen etwa 100.000 Fahrzeuge hinzukommen, um dieses Ziel zu erreichen. Die Nachfrage dafür hat Tesla eindeutig im Griff – bleibt die Frage, wie sich die Abgänge mehrerer hochkarätiger Manager in den vergangenen Tagen auswirken und insbesondere, ob Tesla es geschafft hat, mit diesen Auslieferungszahlen im Rekord-Quartal sowie den angestrebten Effizienzverbesserungen auch Gewinn zu erwirtschaften.

Tesla muss Service und Qualität verbessern

Bei all den positiven Dingen, die Tesla erreicht hat: Mindestens in Deutschland, vielleicht in ganz Europa ist die Unzufriedenheit mit der Qualität der Tesla-Fahrzeuge spürbar. Es wird davon gesprochen, dass Kundenservice nicht erreichbar sei, dass Kunden nach dem Motto „Friss oder stirb“ trotz offensichtlicher Mängel an den Autos behandelt werden und sie sich anschließend selbst offensiv um Reparaturen der Auslieferungsschäden kümmern müssen.

Ein Rekord ist schön und damit kommt Tesla seiner Mission, den Wandel hin zu erneuerbaren Energien und emissionsfreiem Fahren beschleunigen zu wollen, auch wieder ein Stück näher. Aber: Es muss jetzt Ruhe einkehren, so dass 100.000 Auslieferungen in den kommenden Quartal zur Selbstverständlichkeit werden und Qualität und Service sich verbessern. Dann wird Tesla seinen großen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz auch weiterhin ausbauen – mindestens bis Volkswagen kommendes Jahr mit dem ID.3 auf den Markt drängt.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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