Robo-Trucks: Startup Plus AI weckt Amazon-Interesse und bringt FAW J7L3 in China auf die Straßen

Cleantech-Startup Plus AI aus dem Silicon Valley will Truck-Transport komfortabler, günstiger und umweltfreundlicher machen.

In China beginnt in Kürze die Truck-Revolution: Mit dem FAW J7L3 kommt der erste Robo-Truck in Massenproduktion auf die Straße, der im gesamten chinesischen Autobahnnetz mit einer Länge von 150.000 Kilometern autonom fahren kann. Möglich macht es die Kooperation des größten Truck-Herstellers der Welt, FAW, mit dem kalifornischen Cleantech-Startup Plus AI mit seinem KI-System PlusDrive. In den kommenden Monaten geht Plus über einen SPAC-Deal an die Börse – und hat mit Amazon einen weiteren Logistikriesen als Kunde gewonnen.

Wie Bloomberg berichtet, hat Amazon bei Plus AI 1.000 Systeme für den Umbau von LKWs zum autonomen Fahren im Fernverkehr bestellt. Daneben hat sich der Onlinehändler auch eine Option gesichert, sich bis 2024 mit 20 Prozent am Unternehmen zu beteiligen. Amazon baut die eigene Flotte konsequent aus, hat sich kürzlich am Cleantech-Startup Zoox für fahrerlosen Personentransport beteiligt.

Plus AI hat zuletzt verkündet, durch eine Fusion mit Hennessy Capital Investment an die Börse gehen zu wollen. Die Firmenbewertung liegt bei 3,3 Milliarden US-Dollar. Gegründet wurde das Unternehmen 2016 von einer Reihe Serienunternehmer. Seitdem zieht die Firma hochkarätiges Personal etwa von Amazon, Navistar oder Tesla an. Zu den bisherigen Investoren zählen u.a. Guotai Junan International Holdings, Shanghai Automotive Industry, GSR Venture Management, FountainVest und ClearVue Partners sowie die chinesische Full TruckAlliance.

Vorteil des KI-optimierten Robo-Taxi-Systems von Plus AI ist es, dass die Technik nicht nur in neu entwickelten Trucks wie dem FAW J7L3 genutzt werden kann, sondern auch als Nachrüst-Lösung funktioniert. Die Technologie ist nach Unternehmensangaben in der Lage, 1.500 Kilometer pro Tag sicher, aber noch überwacht vom Fahrer, zurückzulegen. Laut Unternehmensangaben sollen sich die Investitionen innerhalb von zwei Jahren amortisieren – u.a. wegen höherer Kraftstoffeffizienz und geringerer Kosten für Fahrer.

Plus AI plant strategisch, zuerst die Technologie für überwachten Langstreckentransport auf die Straße zu bringen, um mit den Daten aus diesen Fahrten die sichere Lösung zu entwickeln, die komplett ohne Fahrer auskommen wird.

Technologische ist Plus AI für sein System PlusDrive mehrere Partnerschaften eingegangen: So nutzt das Unternehmen das KI-System Drive Orin von Nvidia, ähnlich wie auch das schwedische Cleantech-Startup Einride. Bei den digitalen Lidar-Sensoren kommen die des Cleantech-Startups Ouster zum Einsatz. Dazu besteht auch eine nicht näher definierte Partnerschaft mit dem deutschen Automobilzulieferer Bosch.

Gerade beim Frischwarentransport sind die Vorteile durch die Robo-Trucks besonders groß: Der Plus-Konkurrent TuSimple schickte zuletzt einen Truck 1.000 Meilen quer durch die USA. Im Vergleich mit einem Truck mit menschlichem Fahrer kam der LKW zehn Stunden schneller ans Ziel. Somit könnte autonomes Fahren nicht nur den Mangel an LKW-Fahrern ausgleichen, sondern auch den Warentransport – wenn nötig – beschleunigen. TuSimple arbeitet mit dem Nutzfahrzeugspezialist Traton zusammen.

Während Plus in China durch die Kooperation mit FAW und mit dem Zustelldienstleister SF Holding kurz vor dem Marktdurchbruch steht, kooperiert das Unternehmen in Europa mit dem auch in Ulm produzierenden LKW-Hersteller Iveco. In den USA wiederum besteht eine Zusammenarbeit mit dem Motorenhersteller Cummins – hier geht es um gasbetriebene Trucks.

Die Technologie von Plus AI ist ein wichtiger Zwischenschritt hin zum „Transport-as-a-Service“-Angebot. Zwar ist die Nachrüst-Lösung auch für klassisch angetriebene LKW einsetzbar, durch die kurze Amortisationszeit droht aber keine Gefahr, dass sich der Wandel zum elektrifizierten Transportverkehr verzögern könnte. Wenn heute ad-hoc 20 Prozent weniger Kraftstoff verbraucht wird, ist das ein kleiner, aber guter Zwischenschritt.

Einen möglicherweise kontraproduktiven Anreiz setzt aber die Reduktion von Personalkosten durch fahrerlose oder nur noch überwachte Trucks: Wenn der Straßentransport günstiger und schneller wird, könnte dieser tendenziell zunehmen. Dann sind die Effizienz-Vorteile ganz schnell aufgebraucht. Das wird zu beobachten sein, wie sich der Einsatz von PlusDrive in China oder den USA entwickelt.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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