Ab 2025 will das deutsch-kanadische Unternehmen Lithiumhydroxid für 500.000 E-Autos pro Jahr herstellen. Ein Kunde: Mercedes.
Debatten über Lithium für Elektroauto-Batterien greifen oft zu kurz. Denn der Engpass liegt nicht in der Förderung des weißen Goldes selbst, sondern bei der Verarbeitung zu Lithiumhydroxid in Konvertern oder Raffinerien. Bislang gibt es solche Anlagen ausschließlich in China, so dass in Chile gefördertes Lithium erst in China weiterverarbeitet wird, um dann etwa in Deutschland für die Batterie-Produktion genutzt zu werden. Das deutsch-kanadische Cleantech-Unternehmen Rock Tech hat dieses Problem erkannt und baut mit dem Guben-Konverter Europas erste Lithiumhydroxid-Raffinerie in Brandenburg.
Fast 500 Millionen Euro kostet der Guben-Konverter, der in der Niederlausitz bis 2025 entsteht. Das dort zukündtig hergestellte Lithiumhydroxid – immerhin 24.000 Tonnen – genügt für etwa 500.000 Elektroautos. Einer der Kunden, der damit seine Lieferkette regionaler und nachhaltiger gestalten möchte, ist Mercedes. Aber auch die Gigafactory von Tesla in Grünheide ist nur 1,5 Stunden entfernt – und in Polen steht mit einem Werk von LG Energy bislang Europas größte Batteriefertigung.
Seit April 2021 ist bekannt, dass Rock Tech nach europäischen Standorten für einen Lithium-Konverter sucht. Perspektivisch will das Cleantech-Unternehmen mindestens fünf solcher Raffinerien für Lithiumhydroxid errichten. Das Rohmaterial bezieht Rock Tech dabei einerseits aus einer eigenen Mine in Kanada und andererseits aus Australien. Noch nachhaltiger wäre es, könnte eines Tages Lithium aus dem Oberrheingraben oder dem erzgebirgischen Bergbau eingesetzt werden.
Die Anlage in Guben soll als Vorbild dienen für die neuen strategischen Ziele der EU, bis 2030 die 12-fache Nachfrage nach Lithium zu sichern und zeitgleich 40 Prozent davon regional zu verarbeiten.
Grundsteinlegung für Guben-Konverter
Die ersten Schritte zum Bau des Guben-Konverter hat Rock Tech Ende März 2023 unternommen. Zu Grundsteinlegung und Spatenstich erschien auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, der sich freute, mit Rock Tech ein visionäres Cleantech-Unternehmen gewonnen zu haben. „Die Ansiedlung entspricht unserem Ziel, ein Zentrum für moderne Industrie, nachhaltige Mobilität und Hochtechnologie zu werden“, so der SPD-Politiker.
Die Grundsteinlegung markierte den offiziellen Beginn der Bauarbeiten auf dem 125.750 Quadratmeter großen Gelände der zukünftigen Lithiumhydroxid-Konverteranlage. Der Guben-Konverter soll Mitte 2025 in Betrieb gehen und 2026 Lithiumhydroxid in Batteriequalität produzieren.
Die Ansiedlung von Rock Tech und der Lithiumhydroxid-Anlage ist ein weiterer Erfolg für die ostdeutschen Bundesländer, die in besonderem Maße von Cleantech-Neuansiedlungen profitieren. Ein Grund dafür, der mit entscheidet: Die Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien. Regionen wie Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, die bislang als natürliche Partner für solche Ansiedlungen galten, geraten zunehmend ins Hintertreffen.
Fördermittel wichtig für Standortwahl
„Unser Ziel ist es, das erste Unternehmen weltweit zu sein, das einen geschlossenen Kreislauf für Lithium schafft“, berichtet Dirk Habecke, CEO des Unternehmens. Er gibt auch zu: Bei der Auswahl für den Standort Guben haben auch Fördermittel eine Rolle gespielt – im Vergleich zu Standorten in Westdeutschland sind diese im Osten bei Neuansiedlungen deutlich höher. Wichtig für eine echte Kreislaufwirtschaft ist, dass Rock Tech den Guben-Konverter auch dazu nutzen möchte, die Rohstoffe nach dem Lebensende der Batterien zurückzugewinnen.
So sollen bis 2030 50 Prozent der eingesetzten Rohstoffe nicht mehr aus eigenen Minen etwa aus Kanada kommen, sondern aus dem Recycling von Altbatterien.
Rock Techs Guben-Konverter gilt als das fortschrittlichste Lithium-Projekt europaweit. In der Anlage wird Lithium-haltiges Hartgestein zu Batterie-tauglichem Lithiumhydroxid für die Kathoden- und Batterieindustrie verarbeitet. Unweit von Guben betreibt BASF praktischerweise eine stetig wachsende Kathodenfabrik und wäre somit ein weiterer „natürlicher“ Kunde für Rock Tech neben Mercedes, LG, Tesla und CATL. Dies ist ein signifikanter Beschleuniger für den Übergang zur Elektromobilität und ein grundlegender Baustein für Automobilhersteller in der Region.
Strategische Partnerschaft mit Mercedes-Benz
Am 24. August 2022 gab Rock Tech Lithium eine strategische Partnerschaft mit Mercedes-Benz bekannt. Bedeutet: Wenn die Rohstoffe bestimmten Qualitätskriterien genügen, wird das Unternehmen ab 2026 10.000 Tonnen Lithiumhydroxid an Mercedes-Benz und seine Batteriepartner liefern. In der Qualifizierungsphase müssen auch Nachhaltigkeitskriterien erfüllt werden.
„Für Mercedes-Benz bedeutet der Wechsel zur Elektromobilität auch eine Veränderung unserer Lieferketten. Drei Ziele stehen im Mittelpunkt: Nachhaltigkeit, Rohstoffsicherheit und lokale Beschaffung. Der heutige Baubeginn in Guben ist daher ein weiterer Meilenstein für Mercedes-Benz auf dem Weg zur nachhaltigen Produktion von modernsten Batterien. Wenn es um unsere Lithiumversorgung hier in Europa geht, wird Rock Tech in Zukunft eine wichtige Rolle für Mercedes-Benz spielen“, sagte Markus Schäfer, Vorstandsmitglied der Mercedes-Benz Group AG.
(Dieser Beitrag entstand ursprünglich am 11. Oktober 2021. Das letzte Update erfolgte am 3. April. 2023.)
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.