Eigentümergemeinschaft verliert Rückbau-Klage gegen Mieter, der eine Mini-Solaranlage am Balkon installiert hat.
Gerichte wie etwa die Amtsgerichte von Wunsiedel oder Stuttgart entscheiden Klagen gegen Mini-Solaranlagen immer öfter zugunsten der Mieter, die vom Solarstrom vom Balkon profitieren möchten. Während das Amtsgericht Stuttgart in einem älteren Verfahren ausdrücklich davon sprach, es handele sich bei einem Balkonsolarmodul lediglich um ein „stromerzeugendes Haushaltsgerät“, das zu dulden sei, wenn es fachgerecht installiert werde, wurde nun auch eine Rückbau-Klage einer Eigentümergemeinschaft in Wunsiedel abgewiesen. Diese machte optische Argumente geltend.
In Wunsiedel wollte der Richter eigentlich in einem Schlichtungsverfahren die beiden Parteien zusammenbringen: Den Mieter, der seinen Balkon mit einer Balkonsolaranlage verschönert hatte, und die Eigentümergemeinschaft, vertreten durch deren Verwalter. Der Mieter hatte die Eigentümergemeinschaft vor seiner Aktion nicht gefragt. Die Mehrheit der Eigentümer in dem Mehrfamilienhaus war der Meinung: Die Anlage „verunstaltet“ das Aussehen der Hausfassade. Doch im Schlichtungsverfahren kam es trotz stundenlanger Gespräche zu keiner Einigung. Also sahen sich die Parteien vor Gericht wieder, wie die Frankenpost berichtete.
Immerhin neun der zwölf anderen Eigentümer waren gegen die Photovoltaikanlage im dritten Stock und ließen sich vom Richter auch nicht mit dem Argument überzeugen, PV-Anlagen seien absolut erwünscht von der Regierung als Bestandteil des Klimaschutzes. Selbst dem Verwalter war die Gegenwehr der Eigentümer zu viel des Guten – immer wieder seien ähnliche Streitfälle aufgetreten.
Das Gericht wies die Klage laut efahrer letztlich ab: Aber nicht aufgrund von Klimaschutz, sondern aus „prozessualen Gründen“. Am 7. März fiel das Urteil, das nach Cleanthinking-Informationen mittlerweile rechtskräftig ist. Übertragbar auf andere Streitfälle mit Balkonsolar ist es jedoch nicht.
Stuttgarter Amtsgericht schmettert Rückbau-Klage ab
Im März 2021 hatte das Stuttgarter Amtsgericht ein bahnbrechendes Urteil gesprochen: Es schmetterte eine Rückbau-Klage ab mit der Begründung, Photovoltaik-Balkonmodule leisteten einen Beitrag zum Staatsziel Umweltschutz, das im Grundgesetz festgeschrieben sei.
Die Vermieterin klagte gegen einen Mieter, der zwei Stecker-Module mit einer Leistung von jeweils 300 Watt auf seinem Balkon aufgestellt hatte, diese aber nicht fest an Balkon oder Fassade montierte. Sein Ziel: Senkung der Stromrechnung um 180 Euro pro Jahr. Obwohl es in diesem Fall lediglich um die Aufstellung der Module auf dem Balkon ging, startete die Vermieterin die Rückbau-Klage. Begründung: Die Fixierung fehle, und die Einspeiseleistung sei unbekannt.
Die Richterin schließlich argumentierte, der Mieter habe das Recht, den Balkon für seine Zwekce zu nutzen. Die Vermieterin erleide einen Eingriff in die Substanz des per Grundgesetz geschützten Eigentums, da der Strom über neue Leitungen in das vorhandene Stromnetz eingespeist werde. Hierfür brauche es zwar die Einwilligung der Vermieterin – diese dürfe diese aber nicht verwehren, da das Modul Energie einspare und zum Staatsziel Umweltschutz beitrage.
Voraussetzung für die Duldungspflicht ist, dass die Module fachmännisch angeschlossen sind – also baurechtlich zulässig und optisch nicht störend. Außerdem müssten sie leicht rückbaubar und ohne Verschlechterung der Mietsache installiert werden. Dies sei in dem beschriebenen Fall bei der Ortsbegehung festgestellt worden. Weitere Infos dazu bei den Stuttgarter Nachrichten.
Weitere Infos zu Vorteilen und Nachteilen der Balkonkraftwerken gibt es hier.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.