Rückt Schleswig-Holstein von der 2-Prozent-Regel für Windkraft ab?
Landespolitiker wollen nach der Wahl mehr Flächen für Windenergie ausweisen (2-Prozent-Regel), Planungen beschleunigen.
Der Ausbau der Windenergie an Land ist ein zentraler Baustein für die stockende Energiewende in Deutschland. 2018, 2019 und 2020 waren für den Ausbau der Windkraft an Land sogar verlorene Jahre. Hauptsächlich drei Ursachen sind dafür verantwortlich: Zu wenig ausgewiesene Flächen, teilweise mangelnde Akzeptanz und das Spannungsfeld Artenschutz vs. Energieversorgung. Mit Schleswig-Holstein prescht jetzt ausgerechnet das Land vor, dass die 2-Prozent-Regel einhält: Politiker von CDU, SPD, Grüne und FDP wollen nach der Landtagswahl zusätzliche Flächen freigeben,, berichtet shz.de.
Die 2-Prozent-Regel besagt, dass zwei Prozent der Landesfläche für den Ausbau von Windkraftanlagen genutzt werden sollen. Im norddeutschen Windland Schleswig-Holstein ist das bereits der Fall. Trotzdem sendeten die Parteien bei einer Podiumsdiskussion jetzt die klare Botschaft: Ganz gleich, ob am Ende weiter eine Jamaika-Koalition oder beispielsweise eine Ampel-Regierung das Zepter nach der Wahl im Mai übernehmen wird: Alle setzen auf den weiteren Ausbau der Windkraft in Schleswig-Holstein.
So sprachen sich der grüne Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht und SPD-Spitzenkandidat Thomas LossMüller dafür aus, besonders zügig mehr als die bisher reservierten zwei Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen auszuweisen. Die Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack von der CDU konstatierte, man werde nicht statisch an der 2-Prozent-Regel festhalten. Es sei nicht auszuschließen, dass „wir etwas drauflegen“, so die Ministerin, die für Landesplanung zuständig ist.
Zuletzt betonte auch der liberale Oliver Kumbartzky, es müssten weitere Standorte identifiziert werden, bevor das bisherige Kontingent ausgeschöpft sei. Gleichzeitig wollen die Vertreter der Parteien die Planungsverfahren beschleunigen – nach Angaben von Investoren liegen diese bislang bei sechs bis sieben Jahren. Ein Ansatz könnte sein, Entscheidungen stärker zu zentrieren sowie Einschnitte bei Beteiligungsrechten und Prüfungen vorzunehmen. So würden etwa Umweltbelange gleich auf mehreren Ebenen geprüft.
Während Schleswig-Holstein vorprescht, schaltet auch Mecklenburg-Vorpommern beim Thema Windkraft den Turbo ein, so berichten es verschiedene Medien. Gleichzeitig tun sich andere Bundesländer aber schwer, selbst zwei Prozent der Landesfläche für die Erzeugung durch Windkraft auszuweisen.
Unterdessen hat die Schleswig-Holstein Netz AG im vergangenen Jahr erstmals mehr Photovoltaik- als Windenergieanlagen ans Netz angeschlossen. Bei der Solarenergie waren es 176 Megawattpeak, bei Windkraft 139 Megawatt installierte Leistung. Die Gesamtleistung aus Erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein wuchs im vergangenen Jahr um 359 Megawatt auf 8771 Megawatt. Der Windkraftausbau gewann dabei wieder an Fahrt.
Stiftung Klimaneutralität empfiehlt Bundesentscheidung
Unterdessen hat die Stiftung Klimaneutralität von Ex-Wirtschafts-Staatssekretär Rainer Baake einen Vorschlag vorgelegt, wie in Zukunft eine Verbesserung geschehen könnte. Denn bislang liegt die ausgewiesene Fläche bei 0,9 Prozent im gesamten Land. Die Stiftung empfiehlt, die Ausweisung von Flächen in die Hand des Bundesgesetzgebers zu legen. Er solle mit einer positivrechtlichen, politischen Entscheidung den erforderlichen Flächenbedarf für die Windenergienutzung in Deutschland bestimmen. Auch die Stiftung empfiehlt, analog zur 2-Prozent-Regel etwa zwei Prozent der Landes- und Gemeindeflächen für Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.