Der Ozean und Algen dienen bei der Klimalösung von Running Tide als Kohlenstoffsenke
Der Weltklimarat IPCC hat die Kohlenstoffentfernung wiederholt als notwendigen Bestandteil bei der Bekämpfung der Klimakrise bezeichnet. Notwendig ist die Entfernung von bis zu 10 Gigatonnen Kohlendioxid pro Jahr, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Mit Running Tide kommt jetzt ein Cleantech-Unternehmen, das hier einen gewaltigen Beitrag dazu leisten will: Mit Carbon Removal im Ozean. Auf die Klimalösung setzt auch Microsoft: Die beiden Partner haben jetzt eine Vereinbarung geschlossen.
Neben dem IPCC hat sich auch die National Academy of Sciences damit auseinandergesetzt – und festgestellt, dass die Nutzung vom Ozean als Kohlenstoffsenke einer der vielversprechendsten Wege zur Kohlenstoffentfernung ist. In einer vertraglichen Vereinbarung hat Running Tide Microsoft zugesagt, 12.000 Tonnen Kohlenstoff in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf zurück zu bringen. Beim Vertrag geht es auch um Innovationen, um eine effektive Messung, Berichterstattung und Überprüfung sicherzustellen.
Das Unternehmen nutzt für die Kohlenstoffentfernung natürliche Prozesse (Photosynthese, Erhöhung der Ozeanalkalität), um Kohlenstoff aus dem sogenannten „schnellen Kohlenstoffkreislauf“ ((Atmosphäre, Biosphäre und oberer Ozean)) zu fixieren. Anschließend werden Schiffe, Schwerkraft und Meeresströmungen eingesetzt, um den Kohlenstoff im tiefen Ozean zu versenken. Dabei wird der Kohlenstoff in den sogenannten „langsamen Kohlenstoffkreislauf“ ((tiefer Ozean, geologische Reservoirs und anorganisches Material wie Felsen) überführt – und kann sicher und langfristig gelagert werden.
Ein System, das das Unternehmen erprobt, besteht darin, kleine Bojen aus kohlenstoffreichen Waldabfällen und Kalkstein auf dem offenen Meer zu verteilen. Während diese Kohlenstoffbojen schwimmen, löst sich der Kalkstein langsam auf, wodurch der Alkaligehalt des Ozeans wiederhergestellt wird, die Versauerung der Meere bekämpft und schneller Kohlenstoff in langsamen umgewandelt wird. Das ist wie eine Art Kaugummi für den Ozean.
Die mit Algen besetzten Bojen binden schnellen Kohlenstoff durch Photosynthese direkt aus dem schnellen Kohlenstoffzyklus des oberen Ozeans. Nach weniger als 3 Monaten verlieren die Boje und die Algen an Auftrieb und sinken schnell. Der in der Boje und den Algen enthaltene Kohlenstoff wird entweder in den Sedimenten des Ozeans vergraben oder von den Meeresbewohnern in der Tiefsee verbraucht.
Wie die 38.000 Gigatonnen Kohlenstoff, die bereits in den Tiefen der Ozeane gespeichert sind, wird auch dieser Kohlenstoff nach Angaben des Unternehmens über Hunderte bis Millionen von Jahren dem schnellen Kohlenstoffkreislauf entzogen.
Microsoft will 2030 kohlenstoff-negativ sein
Für Microsoft unterstützt dieser Vertrag über die Kohlenstoffentfernung das eigene Ziel, bis 2030 kohlenstoffnegativ zu werden und bringt die Arbeit des Unternehmens, den Kohlenstoffentfernungsmarkt (Markt für CDR, Carbon Dioxide Removal) zu skalieren, voran.
Bislang gibt es nur wenige Konzepte, um Kohlendioxid im Ozean zu versenken. Dementsprechend gibt es auch keine Zertifizierungen von Drittanbietern für entsprechende Angebote. Microsoft tritt hier mit seiner Expertise als führender Käufer von Kohlenstoffentfernungs-Zertifikaten auf, um Qualitätskontrolle zu ermöglichen. Größere Käufe von Kohlenstoffentfernung werden beispielsweise durch Verbesserungen im sogenannten MRV-System freigeschaltet, die dazu beitragen werden, das Absinken von Biomasse als tragfähigen und skalierbaren Weg zur Kohlenstoffentfernung zu etablieren.
„Die Unterstützung innovativer Lösungen ist Teil von Microsofts Strategie zur Kohlenstoffentfernung“, sagte Phillip Goodman, Direktor des Kohlenstoffentfernungsportfolios. „Das Engagement für kontinuierliche Verbesserungen in ozeanbasierten MRV-Systemen stimmt mit Microsofts Streben nach innovativen CDR-Projekten überein. Daher freuen wir uns auf die weitere Entwicklung der ozeanbasierten Kohlenstoffentfernung.“
Dieser Übergang vom schnellen in den langsamen Kohlenstoffkreislauf ist der Kern der Technologie zur Kohlenstoffent6fernung und unterscheidet sich vom Kohlenstoff-Kompensation – dabei wird der Kohlenstoff lediglich im schnellen Kohlenstoffkreislauf fixiert, aber nicht in den langsamen Kreislauf überführt, um dort für Hunderte von Jahren gespeichert zu werden. Auch die Technologien von Charm Industrial und Climeworks gelten als Kohlenstoffentfernung (Carbon Dioxide Removal).
„Diese Vereinbarung repräsentiert eine gemeinsame Investition in eine reichhaltige Zukunft: sowohl in der Entfernung einer erheblichen Menge an Kohlenstoff als auch in der Wiederherstellung der Ozeangesundheit für zukünftige Generationen“, sagte CEO Marty Odlin (Running Tide Crunchbase). Unser Deal entwickelt das System und die Technologien, die benötigt werden, um unsere natürlichen Ressourcen verantwortungsbewusst zu verwalten und unser Wissen und unsere Verbindung zum Ozean zu erweitern.“
Einschätzung von Martin Jendrischik, Gründer von Cleanthinking.de
Running Tide beschleunigt die sogenannte Kohlenstoffpumpe des Ozeans. Denn dahinter verbirgt sich ein vielleicht leistungsfähigste Mechanismus zum Abbau von Kohlenstoff. Die natürliche Kohlenstoffsenke verschiebt pro Jahr zwei Milliarden Tonnen Kohlenstoff vom schnellen in den langsamen Kreislauf.
Die Technologie klingt sehr vielversprechend und leicht skalierbar. Allerdings ist enge wissenschaftliche Begleitung erforderlich, um herauszufinden, welche Folgen das Einbringen der Algen und des Kohlenstoffs auf die jeweiligen Ozean-Regionen hat. Running Tide erweckt den Eindruck, hier mit Nachdruck hinter her zu sein.
Klar ist: Es lohnt sich, dieser innovativen Klimalösung, mit der Running Tide Microsoft bei der Kohlenstoffentfernung hilft, viel Aufmerksamkeit zu schenken.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.