Unternehmen kritisieren CDU-Ankündigungen zum Gebäudeenergiegesetz
Welches Spiel spielen die CDU und Jens Spahn bei der Wärmewende? Scheinklimaschutz? Just in dem Moment als die Anträge für die Bundesförderung rund um den Heizungstausch anziehen (derzeit 9.100 Genehmigungen pro Woche), schlendert Jens Spahn zum Bundesverband Wärmepumpen und erzählt dort etwas von einer Quote für „grünes Öl“, die es geben müsse. Doch dieses grüne Öl gibt es faktisch nicht in relevanten Größenordnungen – ganz gleich, ob man synthetisches Öl auf Basis von Power-to-Liquids (E-Fuels) oder auf Basis von Altspeiseölen meint. Agiert Jens Spahn also schlicht als Lobbyist der fossilen Industrie und betreibt Scheinklimaschutz?
Unternehmen der Heizungsbranche sind sich einig: Sie kritisieren die unklaren und unverständlichen CDU-Ankündigungen rund um das Gebäudeenergiegesetz scharf. Dazu muss man wissen: Das ursprüngliche Heizungsgesetz stammt aus der Feder von Peter Altmaier und Horst Seehofer. Es sah ein rasches Verbot von Öl- und Gasheizungen vor.
Robert Habeck und Klara Geywitz haben das Gesetz entschärft, auf eine Pflicht beim Neu-Einbau zu 65 Prozent erneuerbaren Energien getrimmt und mit der Kommunalen Wärmeplanung sowie der Förderung im BEG verzahnt.
Genau diese Veränderungen will Jens Spahn als potenzieller Wirtschaftsminister rückgängig machen. „Wir werden das Habeck’sche Heizungsgesetz zurücknehmen“, so Spahn Ende November beim Bundesverband Wärmepumpen. Schwerwiegender als die Veränderungen des Gesetzes in Details ist aber, dass damit die Menschen und Unternehmen erneut verunsichert werden.
Die Branche äußert sich im Handelsblatt nun sehr klar zu den Plänen: Die Heizungsbauer, die jahrelang um ihr lukratives Geschäft mit Öl- und Gasheizungen gekämpft hatten, setzen jetzt voll auf den Technologiewandel. Sie haben Milliarden in den Umstieg auf Wärmepumpen investiert – und ganz offensichtlich kein Interesse mehr an der „alten Welt“. Vor allem eines bereitet ihnen Sorgen: „Unnötige, populistische Debatten.“
Daikins Deutschland-Chef Martin Krutz beispielsweise spricht von einer neu entfachten Diskussion, die zu großer Verunsicherung führe. Das Ergebnis: Ein erneutes Abwarten bei Investitionen in den Heizungstausch.
Und genau dieses Abwarten führt dazu, dass viele Menschen in eine Kostenfalle tappen: So hat mit Mannheim die erste Stadt konkret angekündigt, das Gasnetz bis 2035 stilllegen zu wollen – aber 2023 wurden in Deutschland mehr Gasheizungen verbaut als jemals zuvor. Weitere Städte werden schnell mit ähnlichen Ankündigungen folgen. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten hierfür sind noch gar nicht absehbar: Denn der Mannheimer Energieversorger fordert bereits Unterstützung für diejenigen, die 2023 und 2024 noch Gas- und Ölheizungen verbaut haben.
Auch Thomas Heim von Viessmann ist im Handelsblatt glasklar in seinen Aussagen:
„Die Heizungsförderung, die wir heute haben, ist die attraktivste, die es je gab. Aber populistische Diskussionen verunsichern die Bevölkerung.“
Während sich Friedrich Merz bei einem Besuch bei Enpal positiv zur Wärmepumpe äußerte, spricht Jens Spahn zwar von „mehr Effizienz“, die gebraucht würde, verteufelt aber gleichzeitig die laut aller wissenschaftlicher Erkenntnisse effizienteste Technologie: Die Wärmepumpe. „Die Förderung von Wärmepumpen muss aufhören„, so der ehemalige Gesundheitsminister. „Für Unsinn gibt es keine Planungssicherheit.“
Bedeutet: Ohne Rücksicht auf die Menschen will Spahn noch mehr Verunsicherung schüren, die Wärmewende verzögern und viele Millionen Menschen in eine Kostenfalle schicken, da Erdgas und Heizöl etwa durch den Emissionshandel spätestens ab 2027 rasch teurer werden.
Die Aussagen Spahns, scharf kritisiert vom eigentlich unpolitischen VDI, sind Luftschlösser und Ablenkungsmanöver. „Mit der Union gab und wird es ein Gebäudeenergiegesetz geben, dass sich an Effizienz und Technologieoffenheit orientiert. Förderungen wird es darin weiterhin geben“, sagt Spahn. „Unser Ziel wird CO₂-Reduktion sein, nicht der Einsatz einzelner Technologien. Dazu gehören neben Wärmepumpen auch andere klimaneutrale Alternativen. Schon Beimischungen von wenigen Prozent grünem Heizöl können Hunderttausende Tonnen CO₂ sparen.“
Letztlich betreibt Jens Spahn Scheinklimaschutz: Er verhindert den Boom der Wärmepumpen – einer deutschen Technologie mit Exportpotenzial wie die Erfolge von MAN Energy Solutions zeigen – und bringt stattdessen Lösungen wie „Wasserstoff“ oder „grünes Öl“ ins Gespräch, die genauso ineffizient sind, wie der Verkauf von HVO100 an Tankstellen. Ergo: Das fossile Zeitalter soll zementiert werden.
Grünes Öl: Konservativ verpackter Scheinklimaschutz
Daneben ist klar, dass „grünes Öl“ oder „grüner Wasserstoff“ auch im heutigen Gesetz möglich sind. Vaillant-Chef Schiedeck sagt schlicht: „Brennstoffe, mit denen die Quote von 65 Prozent erneuerbare Energie für die Beheizung von Gebäuden eingehalten werden kann, sind bereits heute im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes zulässig.“
Es gibt beide „Alternativen“ nur nicht bzw. sie sind vollkommen unwirtschaftlich. Stiebel-Eltron-Chef Kai Schiefelbein erklärt im Handelsblatt: „Um eine Ölheizung in Bezug auf die CO₂-Emissionen nur auf das Niveau einer Gasheizung zu bringen, müssten dem Heizöl 24 Prozent CO₂-freien grünen Öls beigemischt werden.“ Verfügbarkeit? Nicht gegeben.
In Großbritannien wurden die Versuche, Wasserstoff-Boiler in einem Dorf zu installieren, nach wenigen Monaten abgebrochen: Die Menschen hatten Angst vor dem flüchtigen Gas, die Infrastruktur stellte sich als kompliziert heraus und die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff ist nicht gegeben.
Auch Cleantech-Unternehmen wie Sunfire, die einst angetreten waren, um synthetische Kraftstoffe auf den Markt zu bringen, konzentrieren sich mittlerweile aus logischen Gründen auf grünen Wasserstoff. Der grüne Wasserstoff, den es geben wird, wird alleine durch die höhere Zahlungsbereitschaft in der Industrie und einzelnen Verkehrssektoren verwendet werden. Es zu Verheizen ist schlicht ineffizient und dubios falsch, wie auch dieses Papier zeigt.
Scheinklimschutz von Jens Spahn: Die neue Art des Leugnens?
Jens Spahns Auffassung steht also gegen die Interessen der relevanten Heizungswirtschaft, verkennt die Effizienz- und Gesundheitsvorteile der Wärmepumpe und kann somit nur einem Zweck dienen: Das fossile Zeitalter zu verlängern.
Es ist Scheinklimaschutz, der nicht besser ist, als den menschengemachten Klimawandel zu leugnen: „CDU, CSU sowie FDP betreiben nichts anderes als Scheinklimaschutz und stärken so die demokratiefeindlichen Ränder. Medien wie Bild oder die möchtegern-intellektuelle Ausführung WELT tragen durch Verbreiten von Lügen und Falschaussagen massiv zum Problem bei“, sagt der Transformationsberater Mario Buchinger.
Die Hintergründe bringt Reinhard Steurer auf den Punkt:
Es bleibt zu hoffen, dass das deutsche Volk dies durchschauen wird. Am 23. Februar 2025 ist Bundestagswahl. Denn wir befinden uns im wärmsten Jahr seit Messbeginn. Und können uns keine Verzögerungen bei der Wärmewende mehr leisten.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.