Dekarbonisierung der Glasindustrie: Wie die flexible Schmelzwanne zur Reduzierung von Emissionen beiträgt
HEINZ-GLAS: In Thüringen entsteht die modernste und umweltfreundlichste Glashütte – Förderbescheid von Robert Habeck übergeben.
In der Glasindustrie brodelt es – und das nicht nur in den Schmelzöfen. Der Abschied von fossilen Brennstoffen gleicht einem Drahtseilakt: Energieintensiv wie kaum eine andere Branche, steht sie vor der gewaltigen Herausforderung, Tradition und Transformation zu vereinen. Doch wie gelingt der Sprung in eine klimafreundliche Zukunft, ohne dabei die eigene Existenzgrundlage zu gefährden? Die Antwort liegt vielleicht in der Neudefinition des Herzstücks der Glasproduktion: der Schmelzwanne.
Die energieintensive Glasindustrie steht vor der Herausforderung, ihre hohen CO2-Emissionen zu reduzieren. Ein vielversprechender Ansatz ist der Einsatz von vollelektrischen Schmelzwannen, die jedoch bisher noch technische Einschränkungen aufweisen. Die HEINZ-GLAS Gruppe mit deutschem Fußabdruck in Bayern und Thüringen geht mit ihrer innovativen flexiblen Schmelzwanne einen Schritt weiter und zeigt, wie die Dekarbonisierung der Branche gelingen kann.
HEINZ-GLAS ist gerade im August als eines von 50 besonders schnell wachsenden Unternehmen Bayerns ausgezeichnet worden. Es fertigt u.a. Flakons für die Kosmetikindustrie. Geleitet wird das Familienunternehmen von Carletta Heinz, die damit die 13. Generation bildet. Innovation und Mut für Neues hat das energieintensive Unternehmen, das mehr als 300 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet, nie verloren.
Die Herausforderung: Hohe CO2-Emissionen bei der Glasproduktion
Die Glasproduktion ist sehr energieintensiv, insbesondere der Schmelzprozess, bei dem Glasrohstoffe bei extrem hohen Temperaturen geschmolzen werden. Traditionell werden dafür fossile Brennstoffe verwendet, was zu erheblichen CO2-Emissionen führt.
„Wir investieren insgesamt rund 50 bis 60 Millionen Euro, um unseren ältesten Standort, gegründet 1622, von einer gasbefeuerten Wanne auf zwei Elektrowannen umzustellen. Damit entsteht hier die modernste und umweltfreundlichste Glashütte weltweit. Die Förderung des Bundes trägt einen wichtigen Teil dazu bei, unser Projektvorhaben zu realisieren und die Transformation mit voller Kraft voranzutreiben. Dieser größte Schritt in der angestrebten CO2-Reduktion in unserer Unternehmensgruppe ist nur möglich, wenn wir uns auf bezahlbare, grüne Energie verlassen können, die 24/7 verfügbar ist. Ich bin stolz auf dieses Projekt, das unsere Wurzeln mit einer nachhaltigen Zukunft verbindet“, erklärt Carletta Heinz, CEO & Inhaberin der HEINZ-GLAS Gruppe.
Vollelektrische Schmelzwannen bieten eine klimafreundliche Alternative, da sie mit Grünstrom betrieben werden können. Bisherige Modelle sind jedoch noch nicht flexibel genug und erlauben nur einen begrenzten Einsatz von recyceltem Glas.
Die Innovation: Flexible Schmelzwanne ist besser angepasst
HEINZ-GLAS hat an einer flexiblen vollelektrischen Schmelzwanne geforscht, um diese Einschränkungen zu überwinden. Die neue Technologie ermöglicht eine bessere Anpassung an die Produktionskapazitäten und einen variablen Einsatz von recyceltem Glas.
Das Unternehmen investiert am thüringischen Standort Piesau – einem Glasmacherdorf in der Nähe des Rennsteigs – in eine solche innovative Wanne und erhielt dafür zuletzt einen Förderbescheid über 14,6 Millionen Euro von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck.
Ausblick: Potential für die Dekarbonisierung der Branche
Die flexible Schmelzwanne hat das Potenzial, die gesamte Glasindustrie zu dekarbonisieren. HEINZ-GLAS führt ein weiteres Forschungsprojekt durch, um die Technologie weiter zu optimieren und ihre Flexibilität und Lebensdauer zu verbessern. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, Parameter für den Einsatz von vollelektrischen Schmelzwannen im industriellen Maßstab abzuleiten.
Das Beispiel HEINZ-GLAS zeigt, wie Innovation und Nachhaltigkeit zusammenwirken können – ein toller Beleg dafür, dass der Produktionsstandort Deutschland auch für energieintensive Branchen attraktiv ist. Aber: Für die Transformation ist finanzielle Unterstützung notwendig. Die hat das Bundeswirtschaftsministerium ermöglicht und damit die Dekarbonisierung der Glas-Industrie wieder ein Stück vorangetrieben.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.