Schuko-Stecker: Bundesnetzagentur hält Standard-Stecker bei Balkonkraftwerken für ausreichend

Schuko-Stecker statt Wieland-Steckdose: Klaus Müller setzt sich beim VDE für einfache Nutzung der Balkonkraftwerke ein.

Der herkömmliche Schuko-Stecker ist das Symbol für die Einfachheit von Balkonkraftwerken oder Steckersolargeräten. Dass Mieter die Macht haben, zehn bis 30 Prozent ihres Stromverbrauchs durch Eigenerzeugung an Balkon oder Fassade abzudecken, gefällt Energieversorgern, Netzbetreibern und dem VDE bislang nicht. Mit dem Chef der Bundesnetzagentur (BNetzA), Klaus Müller, gibt es mittlerweile einen mächtigen Verbündeten, der sich für die Einfachheit der Mini-Solaranlagen stark machen.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat in diesem Schreiben die Ansicht des österreichischen EControl Chefs, dass die Verwendung vom Schuko-Stecker ausreichend ist, wenn ein zertifizierter Wechselrichter und ein FI-Schalter vorhanden ist bzw. verwendet wird, bestätigt.

„Diese Bewertung teile ich“, so Müller in dem Schreiben sowie in einem Tweet. „Private Haushalte sollten ohne Verunsicherungen und erhöhte Kosten ihr Balkonkraftwerk anschließen. Gerade auch in Zeiten von knappen Kapazitäten bei Elektrikern.“

Bei Balkonkraftwerken bis 600 Watt gilt der Schuko-Stecker laut VDE-Produktnorm bislang nicht als „normgerecht“. Stattdessen fordert der VDE den Anschluss einer Wieland-Steckdose, die von einem Elektriker installiert werden muss.

Derzeit steht eine Überarbeitung der Produktnorm des VDE zur öffentlichen Debatte an. Beim VDE hört sich das in Bezug auf den Schuko-Stecker so an: „Zudem befasst sich ein informativer Anhang mit dem häufig genutzten Schuko-Stecker, der derzeit weder erlaubt noch verboten ist, um diese Grauzone innerhalb der Kommentierungsphase fachlich zu beraten und aufzulösen.“

Der Entwurf der Produktnorm kann übrigens hier nach kurzer Anmeldung eingesehen werden. Die Produktnorm ist unter dieser Bezeichnung zu finden: DIN VDE V 0126-95 (VDE V 0126-95): 2022-11.

Entscheidend für die Frage, ob der VDE den Schuko-Stecker akzeptieren wird, dürfte es sein, ob die VDE Abschaltbedingung durch die Wechselrichter eingehalten wird. Diese Abschaltbedingung nach VDE 0100-410 für 230 V verlangt, dass für die Trennung vom Netz maximal 0,4 Sekunden Abschaltzeit gebraucht wird.

Hierzu sagen die Praktiker aus dem Umwelt der Balkonkraftwerk-Hersteller: Der Stecker verfügt über eine „selbstwirkende Freischaltstelle“ – dadurch fließt nur dann Strom, wenn zugleich die Netzspannung ansteht. Zieht man den Stecker aus der Schuko-Steckdose, wird der Stromfluss somit sogar innerhalb von Millisekunden abgeschaltet.

Die Bedingung des VDE müsste also bei modernen Mikro-Wechselrichtern erfüllt sein. Einzig ein Nachweis per Zertifizierung, die das explizit thematisiert, scheint zu fehlen. Allerdings könnte sich damit – und genau das fordert ja auch Klaus Müller – eine klare Lösung ergeben: Wechselrichter-Hersteller kümmern sich um das entsprechende Zertifikat, und ab dann kommt der Schuko-Stecker aus der VDE-bedingten Grauzone.

„Ich würde es begrüßen, wenn die Normierungsgremien im VDE bei der aktuellen Überarbeitung der Produktnorm auch einen SchuKo Stecker bei der Inbetriebnahme eines Balkonkraftwerkes für akzeptabel erklären (wenn ein zertifizierter Wechselrichter und ein FI Schalter vorhanden ist)“, schreibt Klaus Müller von der Bundesnetzagentur.

„Dieses Jahr stand sehr im Zeichen der Krisenbewältigung und steigender Energiepreise. Viele Punkte im Bereich Ausbau der Erneuerbaren Energien wurden trotzdem mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) angestoßen. Dieser Prozess wird im nächsten Jahr verstärkt fortgesetzt. Alle weiteren Hemmnisse und Hürden beim Ausbau der Solarenergie müssen abgebaut werden“, so Müller weiterführend. „Die Teilnahme an der Energiewende sollte gerade für die privaten Haushalte mehr Freude bereiten!“

Einschätzung von Martin Jendrischik, Gründer von Cleanthinking.de:

Gibt es nun eine reale Chance, dass Balkonkraftwerke endlich frei verkauft und ohne Grauzone eingesetzt werden dürfen? Ich bin mir sicher, dass es so kommen wird. Denn Studien zeigen, dass die meisten Käufer sich ohnehin für den Schuko-Stecker als Anschlussleitung entscheiden. Diese aus der Grauzone herauszuholen, wäre ein guter Schritt.

Allerdings gibt es immer noch seltsame Geschichten, wie die Nutzung von Balkonkraftwerken verhindert werden soll. Ein Leser schrieb mir, sein Energieversorger habe den Grundpreis um zwei Euro angehoben, weil durch die Erzeugungsanlage die Kalkulation seines Stromverbrauchs erschwert werde. Ein ziemlich dreistes Vorgehen angesichts der Tatsache, dass die Verbräuche von Endkunden über das Standardlastprofil kalkuliert werden.

Auch Vermieter und Eigentümergemeinschaften machen immer wieder Stress. Hier sollten Betroffene das Argument, dass „Erneuerbare Energien im überragenden öffentlichen Interesse sind“ anführen. Denn vor Gericht wird dieser Grundsatz entsprechend angewendet.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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