Cleantech-Startup investiert mehr als 1,1 Millionen Euro in Demonstrationsanlage in Edinburgh, Schottland.
Im Januar 2020 berichtete Cleanthinking erstmals über den Schwerkraft-Speicher des schottischen Cleantech-Startups Gravitricity. Das Unternehmen will alte Minenschächte als Schwerkraft-Speicher für erneuerbare Energie nutzen. Mittlerweile gibt es Neuigkeiten zum Projekt der Ingenieure: Der Bau von Schlüsselelementen einer Demonstrationsanlage hat begonnen. Ab Frühjahr 2021 sollen Technologie-Tests zeigen, dass das Prinzip funktioniert.
Mehr als 1,1 Millionen Euro investiert Gravitricity in die erste Demonstrationsanlage des Schwerkraft-Energiespeichers. Die Idee ist es, riesige Gewichte an Seilen, die an Winden an der Oberfläche befestigt sind, zu nutzen, um Windenergie zuverlässig zu machen. An Tagen mit überschüssigem Strom, wird das Gewicht auf die Spitze des Schachtes gehoben – dann, wenn die Nachfrage höher ist als das Stromangebot, wird das Gewicht schnell abgesenkt – und dabei über die Bewegungsenergie Strom erzeugt.
Allerdings konkurriert der Schwerkraft-Speicher, der in der grundlegenden Investition relativ aufwändig ist, mit Lithium-Ionen-Batterien, deren Preisverfall allgemein bekannt ist. Vorteilhaft an der Schwerkraft-Batterie ist aber natürlich, dass zwischen Speicherung der Überschüsse und Nutzung der aus der Gravitricity-Speicherung hervorgehende Zeit viel länger sein kann als bei Batterien. Auch deshalb gehen die Gründer des Unternehmens davon aus, mit klassischen Batterien konkurrieren zu können.
Die Demonstrationsanlage entsteht derzeit in der schottischen Hauptstadt Edinburgh, wo das Startup auch seinen Sitz hat. Die Arbeiten daran gehen offiziellen Informationen zufolge hervorragend voran. Statt einen Schacht zu nutzen, wird allerdings ein 16 Meter hoher Turm konstruiert, auf dem zwei 25-Tonnen-Gewichte nach oben gezogen werden können.
Durch Herablassen der Gewichte vom Schwerkraft-Speicher könnten in etwa 14 Sekunden 250 Megawatt Leistung erzeugt werden. Ab Frühjahr 2021 soll das Speichersystem der Schotten mit dem Stromnetz verbunden sein und für zwei Monate getestet werden.
Für die Demonstration greift Gravitricity nach erfahrenen Partnern, die die wichtigen Komponenten herstellen. Die Winde beispielsweise inklusive Steuerung wird von Huisman Equipment, Konzern aus den Niederlanden, gefertigt – allerdings in der Tschechischen Republik. Der notwendige Gittermast wird vom Ingenieurbüro Kelvin Power entwickelt.
Sobald die Testphase dieser Anlage abgeschlossen, und ausreichend Daten gesammelt sind, will das Team mit dem Bau einer 4-Megawatt-Anlage starten. Langfristig könnte das Prinzip mit Gewichten, die 12.000 Tonnen wiegen, genutzt werden, glauben die Ingenieure von Gravitricity.
Weitere Energiespeicher: Energy Vault und Lageenergiespeicher
Das Schwerkraft-Speicher-Prinzip erinnert an zwei andere Ideen, die sich ebenfalls in der Testphase befinden: Der Lageenergiespeicher soll rechnerisch 2.000 Gigawattstunden schaffen. Und das Cleantech-Startup Energy Vault experimentiert mit Lasten, die über Kräne genutzt werden. Die nächsten Jahre werden zeigen, welche Cleantech-Idee zur Unterstützung der Energiewende sich am Ende durchsetzen wird.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.