Schwerkraftbatterie: Neues Leben für finnische Mine dank Gravitricity
Cleantech-Unternehmen will Speicher-Technologie in tiefster Zink- und Kupfermine Europas demonstrieren.
Das schottische Cleantech-Unternehmen Gravitricity, dessen Schwerkraftbatterie hier grundlegend beschrieben wurde, will seine Technologie – GraviStore genannt – in einem der tiefsten Bergwerke Europas demonstrieren. So soll in der abgelegenen Gemeinde Pyhäjärvi ein unterirdischer Energiespeicher entstehen. Dazu werden schwere Gewichte angehoben und gesenkt – laut dem Unternehmen kann die Technologie Li-Ion-Batterien und Pumpspeicherkraftwerke für die erfolgreiche Energiewende ergänzen.
Die Stadt Pyhäjärvi, die 5000 Einwohner zählt, liegt 450 Kilometer nördlich von Helsinki, der Hauptstadt Finnlands. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Pyhäsalmi-Mine, die als Europas tiefste Zink- und Kupfermine gilt. Diese Mine gehört dem kanadischen Bergbauunternehmen First Quantum Minerals und erstreckt sich 1.444 Meter in die Erde hinab. Ein beträchtlicher Teil der Minenaktivitäten wurde mittlerweile eingestellt.
GraviStore nutzt für seine Schwerkraftbatterie schwere Gewichte, die in einem tiefen Schacht an Seilen hängen. Diese Seile sind mit Winden verbunden. Wenn es einen Überschuss an Energie gibt, beispielsweise an einem windigen Tag, wird das Gewicht nach oben gezogen, um Strom zu erzeugen. Bei Bedarf kann das Gewicht in weniger als einer Sekunde losgelassen werden und die Winden fungieren dann als Generatoren. Sie können entweder schnell eine große Menge Strom erzeugen oder ihn langsamer abgeben, je nach Bedarf.
GraviStore-Demonstrationsspeicher entsteht in Finnland
Um Projekte zur Wiederbelebung des historischen Bergwerks zu unterstützen, hat die örtliche Gemeinde eine spezielle Entwicklungsgesellschaft namens Callio Pyhäjärvi ins Leben gerufen. Eine Vereinbarung wurde zwischen den beiden Organisationen unterzeichnet, um einen Hilfsschacht von 530 Metern Tiefe in einen voll funktionsfähigen Prototyp der Technologie umzuwandeln.
Gemäß den Aussagen von Gravitricity wurde 2023 eine Vereinbarung zwischen dem schwedisch-schweizerischen Energiekonzern ABB und dem schottischen Cleantech-Unternehmen unterzeichnet. Ziel dieser Vereinbarung ist es, das Fachwissen von ABB im Bereich der Bergwerksförderung zu nutzen und dadurch die Einführung von unterirdischen Energiespeichern zu beschleunigen.
„Die vollständige Demonstration dieses Projekts wird verdeutlichen, wie unsere GraviStore-Technologie eine zuverlässige und langlebige Energiespeicherung ermöglicht“, ist sich Martin Wright, CEO des Schwerkraftbatterie-Unternehmens, sicher. „Es wird auch wichtige neue kohlenstoffarme Arbeitsplätze in einem Gebiet schaffen, das stark unter dem Ende des traditionellen Bergbaus gelitten hat.“
Das finnische Minenprojekt wird der erste netzgekoppelte Schwerkraftbatterie-Prototyp des Cleantech-Unternehmens sein. Wenn es erfolgreich ist, könnte es als Sprungbrett für größere Projekte dienen, die Zehntausende von Haushalten mit elektrischer Energie versorgen können.
Auch Energy Vault setzt auf Schwerkraftbatterie
Gravitricity ist nicht das einzige Unternehmen, das sich die Schwerkraft für die Energiespeicherung zunutze macht. Das Schweizer Cleantech-Unternehmen Energy Vault hat sich für die Entwicklung seines Systems, das aus einem riesigen Gebäude voller Aufzüge besteht, die massive Betonblöcke anheben und absenken, eine VC-Finanzierung in Höhe von 280 Millionen Dollar gesichert.
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Während Energy Vault auf eine große oberirdische Infrastruktur angewiesen ist und aufgrund seines möglichen CO2-Fußabdrucks umstritten ist, macht Gravitricity sich die vorhandenen alten Bergwerksschächte zunutze. Die Anzahl dieser Schächte mag zwar begrenzt sein, aber sie bieten dennoch eine interessante Möglichkeit, größere Energiespeichersysteme wie Pumpspeicherkraftwerke und Lithium-Ionen-Batterien zu ergänzen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
An dieser Technologie wird schon länger – und in verschiedenen Varienten – gearbeitet. Hier habe ich eine Zusammenfassung der bisherigen Ansätze veröffentlicht: https://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_10_04_e_speichern_lageenergie_a.htm