Smart Home: Wie Quirky zum Game-Changer avanciert

Quirky ist ein Marktplatz für skurrile Technologie-Ideen / Angriff auf den Smart Home Markt als möglicher Game-Changer startet

Quirky bedeutet so viel wie „skurril“ oder „sonderbar“ – Quirky Inc. ist ein Startup aus New York, das eine Art Marktplatz für skurrile Produkt-Ideen bietet. Dabei muss der Erfinder seine Idee zunächst in der Quirky-Community bewerben – mit Videos, Bildern und möglichst genauen Beschreibungen. Findet die Community oder das Management von Quirky Gefallen an der Produkt-Idee, wird das Unternehmen, das Produkt zur Serienreife weiterentwickeln und über große Handelsketten vermarkten. Ein erstes Produkt ist bereits 700.000 Mal verkauft worden und hat den Erfinder eine Million Euro anteilige Einnahmen beschert. Dank solcher Erfolge könnte Quirky zum Game-Changer werden – und startet nun den Angriff auf den Smart Home Markt.

USA / 3. Juli 2014.  Es war ein junger Student, der bei Quirky die Idee einbrachte, eine Steckdosenleiste zu entwickeln, in der Stecker jeglicher Art ihren Platz finden. Ergebnis ist das Unternehmen Pivot Power, das nicht nur in den USA rasanten Absatz für seine Steckdosenleisten fand. Auch in Europa sind die praktischen Steckdosenleisten inzwischen zumindest in Online-Shops erhältlich – und dürften ebenfalls ein kommerzieller Erfolg werden. Spekuliert wird außerdem darüber, dass die Quirky-Produkte in Zukunft auch von großen Elektronik-Märkten etwa in Deutschland und Österreich vertrieben werden.

Quirky hat Gespür für Produkt-Ideen

Das Quirky-Management hat ein Gespür für Produkt-Ideen, die ankommen. Anstatt Fokus-Gruppenbefragungen durchzuführen, nutzt das Unternehmen kreative Köpfe seiner Community, um so 70 Produkte pro Jahr zu identifizieren, die von den Menschen wirklich gewünscht werden. Dabei verlieren sie den Design-Anspruch und den Nutzwert der Produkte nie aus den Augen. Entstanden sind so in den vergangenen Monaten u.a. der Quirky LED-Leuchter Mantis, der mithilfe eines Clips am Laptop oder Monitor befestigt werden kann und ausreichend Licht auf dem Arbeitsplatz spenden soll. Eher ausgefallen sind da schon der Quirky Eidottertrenner Pluck oder der Quirky Citrusspritzer Stern.

Quirky ist heutzutage die moderne „Pro Idee“, bei der nicht clevere Produktentwickler am Schreibtisch Produktideen entwickeln, sondern die Masse ihre Ideen anbietet. Die Vorteile auch aus der Sicht von CleanThinking liegen auf der Hand: Ressourcen werden geschont, weil nicht jeder Erfinder sein eigenes Unternehmen aufbauen und dafür in der Weltgeschichte umher fliegen muss, um Investoren zu finden. Produktentwicklung und Vertrieb übernimmt Quirky zentral und baut dabei stetig auf vorhandenen Ressourcen wie Personal, Produktionskapazitäten usw. auf.

Kleiner Perkins und andere investieren 190 Mio. US-Dollar

Mit ihrem Geschäftsmodell haben die Quirky-Macher in den USA seit 2009 kräftig Venture Capital eingesammelt. Mindestens 190 Millionen US-Dollar kamen von Investoren wie Kleiner Perkins, RRE Ventures oder Norwest Venture Partners zusammen. So entsteht ein echter Game-Changer. Doch CEO Ben Kaufmann und sein Team streben nach Größerem: Einer der Neu-Investoren, der an der Series D-Finanzierungsrunde im November vergangenen Jahres beteiligt war, ist General Electric. Mit dem US-Konkurrenten von Siemens will Quirky gemeinsam Produkte für das Smart Home der Zukunft entwickeln – und hat damit bereits eindrucksvoll begonnen.

Gemeinsam mit dem Giganten General Electric hat das Unternehmen die Klimaanlage Aros auf den Markt gebracht, die sich per Smartphone steuern lässt. Aros überprüft beispielsweise durch Geolokalisierung, ob ein Nutzer an- oder abwesend ist. Verlässt der letzte Bewohner das Haus, schaltet sich die Klimaanlage automatisch aus.

Und sie schaltet sich rechtzeitig wieder ein bevor der Besitzer wieder zurückkommt. Aros ist für Räume ausgelegt, die nicht größer als 32 Quadratmeter sein dürfen. Die smarte Klimaanlage bezieht beispielsweise den lokalen Wetterbericht in den Algorithmus zum Kühlen des Raumes mit ein. So soll die Klimaanlage auch entsprechend energiesparend funktionieren.

Quirky Aros kostet bei Home Depot 279 Dollar

In den USA wird die Klimaanlage Aros für 300 Dollar zu bekommen sein – ein Preis, der im Vergleich zu bisherigen Systemen im Klimaanlagen-Land USA aufhorchen lässt. Gemeinsam mit GE werden die Klimaanlagen außerdem im ganzen Land über die Baumarktkette Home Depot vertrieben – und kosten dort sogar aktuell im Online-Shop nur 279 Dollar.

Das, was Aros bietet, bringen deutsche Startups wie tado und alphaEOS derzeit auch auf den Markt. alphaEOS hat beispielsweise kleine Heizkörperthermostate entwickelt, die die Ventile der bestehenden Heizkörper ersetzen. Ohne Eingriff in die Heizung ist so eine Nachrüstung mit dem alphaEOS System günstig möglich.

Das Stuttgarter Unternehmen alphaEOS AG nennt seine Technologie „vorausschauende Heizungssteuerung“ und stattet gerade mit einer erheblich erweiterten Lösung, die das gesamte Energiemanagement eines Hauses betrifft, das erste Aktivhaus der Welt in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung aus. Das B10 Aktivhaus von Architekt Werner Sobek wird über die smarte Steuerungstechnologie sogar an ein virtuelles Kraftwerk der next Kraftwerke GmbH angedockt – und bezieht Strom nur dann, wenn er im Überfluss vorhanden und somit besonders günstig ist.

Bei Quirky ist die Klimaanlage Aros erst der Anfang dessen, was im Bereich Smart Home in den kommenden Monaten entstehen soll. Im Juni verkündete das Unternehmen, nun mit Wink das Smart Home Business in eine eigenständige Gesellschaft überführen zu wollen. General Electric und The Home Depot haben Wink als bevorzugte Smart Home Plattform identifiziert – und damit Schwung in dieses Geschäftsfeld von Quirky gebracht.

Quirky drängt mit Wink ins Smart Home

Wink ist in erster Linie eine App, die die 15 wichtigsten Marken für Smart Home Lösungen, vereinen soll. Entwickelt wurde Wink mit dem Ziel, Smart Home Lösungen allen Käuferschichten zugänglich zu machen – denn bis heute ist es allen Apples, Googles oder Quirkys nicht gelungen, mit Smart Home Lösungen diesen entscheidenden Durchbruch zu schaffen. Wink hat das Potenzial dazu und könnte auch im Smart Home Sektor zu einem Game-Changer mutieren.

Partner General Electric hat gerade erst eine LED-Glühbirne namens Link gebracht, die nur 15 Dollar kostet und eben mit der App von Wink gesteuert werden kann. Mit Quirky / Wink sowie Home Depot, Amazon und General Electric hat sich eine Allianz formiert, die schnell wachsen wird und den Massenmarkt erobern kann. In den kommenden Monaten sollen insgesamt 60 Tools auf den Markt kommen, die über Wink gesteuert werden können.

Entscheidender Teil der Hardware ist das Wink Hub – die Steuerzentrale wird bei Home Depot für 49 US-Dollar zu bekommen sein. Wink Hub soll alle möglichen Apps in einer Zentrale bündeln und damit auch verschiedene Protokolle wie ZigBee, Z-Wave, Wi-Fi und Bluetooth unterstützen. Interessant dabei: Wer einen Wink Hub ohne Zusatzgeräte kauft, bezahlt 49 Dollar. Wer jedoch ein oder mehrere Geräte zusätzlich bezieht, bekommt die Wink Hub für einen Dollar fast gratis dazu. Auch dieser Marketingaspekt könnte beim Durchbruch von Wink entscheidend helfen. Mehr zu Wink Hub gibt es auch hier bei Gizmodo.

Man wolle die „Magie des Connected Home“ zur Wirklichkeit werden lassen, sagt Ben Kaufmann von Quirky in einer Pressemitteilung zu Wink. Ziel der offenen Plattform fürs Smart Home sei es nun, mit allen Entwicklern von „Home Devices“ und Händlern zu kooperieren. Ende Juni schließlich zeigte sich, dass Quirky hier nicht nur große Sprüche klopft: Nur vier Tage nach der Bekanntgabe der Ausgründung von Wink verkündete das Unternehmen, auch mit Android Wear von Google zusammenzuarbeiten. Android Wear wird es Konsumenten erlauben, sich mit den Wink-Tools zu verbinden. Android Wear ist Googles Weg, um solche Produkte direkt am Körper steuerbar zu machen.

Am 7. Juli wird die Smart Home Plattform Wink bei Home Depot landesweit in den USA an den Start gehen. Die Wink App könnte dann zu einem „Next big Thing“ aufsteigen. Ob die amerikanischen Konsumenten die Lösung annehmen, wird sich in den kommenden Monaten herausstellen.

Weiterführend interessant ist auch dieser Artikel der New York Times. Auch TechCrunch berichtet aktuell über Wink.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

General Electric NewsSmart Home