Mehr als 106.000 Besucher kommen zur Smarter E Europe 2023 nach München – breites Interesse an Elektroautos, Heimspeichern und Photovoltaik.
Die Smarter E Europe 2023, Europas größte Plattform für die Energiewirtschaft, hat in diesem Jahr mehr Aussteller und Besucher als jemals zuvor angelockt. Die Veranstaltung, die die Fachmessen Intersolar, ees und PowerDrive bündelt, brachte 2.469 Aussteller aus 57 Ländern auf das Gelände der Messe München. 17 Messehallen inklusive Außenbereich bevölkerten an den drei Messetagen mehr als 106.000 Besucher aus 16 Ländern. Grund für die boomende B2B-Schau? Der Boom der wichtigen Transformationsbranchen Elektroauto, Photovoltaik und Heimspeicher.
Nach der aktuellen Prognose des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) wird allein der Photovoltaikmarkt in diesem Jahr signifikant wachsen. Die Nachfrage nach Solarspeichern wird 2023 sogar exponentiell zunehmen. Konkret wächst die Nachfrage nach Solaranlagen in diesem Jahr bereits zum siebten Mal in Folge zweistellig. Neben größeren Photovoltaik-Solarparks waren private Hausbesitzer zwischen 2022 und 2019 einer der wichtigsten Treiber auf dem Photovoltaikmarkt, wobei sich die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen und PV-Speichersystemen mehr als verdreifachte. Dies geht aus Auswertungen des Marktmasterdatenregisters der Bundesnetzagentur hervor.
77 Prozent der Hausbesitzer können sich mittlerweile vorstellen, eine Solaranlage zur Strom- oder Wärmegewinnung zu erwerben. Mehr als jeder Fünfte plant dies bereits in den nächsten zwölf Monaten. Das ergab eine repräsentative YouGov-Umfrage, die der BSW Ende Mai in Auftrag gegeben hatte. „Fast alle Zeichen stehen weiterhin auf Wachstum: Solaranlagen sind preiswert, die Zahl der Fachkräfte nimmt zu, die Lieferlage verbessert sich, und Marktbarrieren werden zunehmend abgebaut“, sagt Carsten Körnig, Geschäftsführer des BSW. Er sieht Wachstumsrisiken, wenn diese Entwicklungen ins Stocken geraten und die Finanzierungskosten aufgrund hoher Zinsen steigen.
Heimsegment treibt Photovoltaikmarkt 2023 an
Auch die jüngsten Marktzahlen deuten auf Wachstum hin: Im Heimsegment allein wurden im ersten Quartal mit rund 159.000 PV-Anlagen mehr als doppelt so viele Solarstromanlagen in Betrieb genommen wie im vergleichbaren Vorjahreszeitraum (plus 146 Prozent). Die Zahl der neu installierten Solarstromspeicher wird laut BSW bis Ende Juni die Anzahl der im gesamten Jahr 2022 installierten Solarbatterien übertreffen.
Inzwischen hat die Bundesnetzagentur bereits die Inbetriebnahme der drei millionsten Solaranlage über Pfingsten gemeldet. Die jährliche Solarstromernte der in Deutschland installierten PV-Anlagen reicht aus, um mehr als zehn Prozent des inländischen Strombedarfs klimafreundlich zu decken. Nach Beschlüssen der Ampelkoalition soll ihr Anteil bis 2030 auf mehr als 25 Prozent steigen. Mit einer im Mai beschlossenen PV-Strategie von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sollen verbleibende Markthürden beseitigt werden. Rein rechnerisch kann der tägliche Stromverbrauch aller privaten Haushalte in München mit den geschätzten rund 800.000 in Deutschland installierten Solar-Heimspeichersystemen gespeichert werden.
Immer mehr Mieter möchten ebenfalls direkt von der Energiewende profitieren und erwerben sogenannte Plug-in-Solar-Geräte, auch Balkonkraftwerke genannt. Hier stieg die Nachfrage im vergangenen Jahr sogar um dreistellige Prozentsätze.
Das zeigt: Die Energiewirtschaft und die Mobilität befinden sich derzeit in einem grundlegenden Wandel, und der Bedarf an erneuerbarer Energie für eine nachhaltige Energieversorgung rund um die Uhr nimmt stark zu. Mit ihrem integrierten Messekonzept trifft die Smarter E Europe den Nerv der Zeit, und der Erfolg der Veranstaltung zeigt sich in den Rekordzahlen.
Die Veranstaltung bot Unternehmen eine Plattform, um ihre innovativen Produkte und Lösungen für die neue Energie- und Mobilitätswelt vorzustellen, mit einem Schwerpunkt auf der intelligenten Verknüpfung der Strom-, Wärme- und Mobilitätssektoren. Dazu gehören Lösungen für die Kombination von Photovoltaik, Speicherung, Wärmepumpen, E-Mobilität und deren Integration in ein intelligentes Stromnetz.
Die Smarter E Europe 2023 hat gezeigt, dass Lösungen, Produkte und Geschäftsmodelle für eine sichere 24/7-Versorgung mit erneuerbarer Energie in allen Branchen vorhanden sind. Zu den Highlights der Messe gehörten inspirierende Konferenzen und Foren, die Innovationen, Geschäftsmodelle und Trends in den Bereichen erneuerbare Energien und E-Mobilität präsentierten. Die Smarter E Europe 2023 brachte Unternehmen aus der ganzen Welt zusammen, um ihre neuesten Produkte und Lösungen zu präsentieren und den internationalen Austausch zu fördern.
Hydrogen Bromine Flow Battery von Elestor
Ein Beispiel für innovative Produkte ist die Hydrogen Bromine Flow Battery von Elestor aus den Niederlanden, die Brom und Wasserstoff zur elektrischen Energiespeicherung im großen Maßstab nutzt. Das System erreicht zwei- bis dreimal geringere Speicherkosten als Lithiumspeicher und deutlich geringere Speicherkosten als auf Vanadium basierende Flow-Batterien. Brom wird umweltfreundlich aus Meerwasser gewonnen und unterliegt keinen geografischen oder politischen Abhängigkeiten.
Ein weiterer Trend, der auf der Smarter E Europe besonders sichtbar war, ist das bidirektionale Laden. Nahezu alle Anbieter von Ladetechnik bereiten sich auf diese Art des Ladens vor. Obwohl der rechtliche Rahmen noch nicht festgelegt ist, wird erwartet, dass das bidirektionale Laden in Zukunft zum Standard wird. Es eröffnet neue Anwendungen, wie das Einspeisen von E-Autos ins Hausnetz oder ins Stromnetz, um es zu stützen.
Die Smarter E Europe 2023 hat gezeigt, dass die Energiewende-Branchen auf einem guten Weg sind und dass die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene entscheidend ist, um eine nachhaltigere Energiezukunft zu erreichen.
Einschätzung von Martin Jendrischik, Gründer von Cleanthinking.de:
Die Branche boomt, die Messe brummt – The Smarter E Europe 2023 war ein erfolgreiches Messe-Event voller Innovationen und Aufbruchstimmung. Die Solarwirtschaft allein sucht 100.000 Fachkräfte, es ist die Wiederauferstehung zumindest eines Mixes aus Handwerk und großen Installationsbetrieben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und das BMWK haben erfolgreich die Fesseln gelöst und erste, bürokratische Hemmnisse abgebaut. Die Aussteller danken es mit innovativen Lösungen und größerer Präsenz.
Ein Trendthema ist die Teilhabe am Strommarkt für Betreiber von Photovoltaikanlagen oder Balkonkraftwerken. Direktvermarktung ist eine der Lösungen, die etwa Sonnen, 1komma5 oder SENEC und EnBW bieten. Weitere Ansätze wie dynamische Stromtarife werden folgen. All diese Digitalisierungs- und Flexibilisierungsschritte helfen, die Erneuerbaren besser ins Energiesystem zu integrieren. Nach dem Atomausstieg müssen sie rasch mehr Verantwortung übernehmen. Die Smarter E Europe 2023 zeigt: Die Branchenvertreter und Cleantech-Unternehmen sind dazu bereit.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.