Solar 2024: Wie Heliatek, Oxford PV oder Sunmaxx den Solarboom verstärken

Deutscher Entwickler und Produzenten etablieren Innovationen wie organische Solarfolien, Perowskit-Zellen und PVT-Module

Während chinesische Multi-Gigawatt-Anbieter die Weltmärkte mit spottbilligen Solarmodulen überschwemmen, zeigen europäische Solar-Hersteller echte Innovationen, um den Solarboom zu verstärken. Bei der führenden Fachmesse Intersolar 2024 präsentierte das sächsische Unternehmen Sunmaxx gemeinsam mit dem britisch-deutschen Anbieter Oxford PV ein besonders effizientes Modul, das sowohl Strom als auch Wärme liefert. Eine Innovation, die die Dekarbonisierung des Gebäudesektors entscheidend voranbringen könnte.

Es sind besonders drei Technologien, die allesamt in Ostdeutschland hergestellt und teilweise entwickelt werden, die ein Gegengewicht zur chinesischen Dominanz bilden könnten. Nicht im Hinblick auf die Mengen – da sind die Multi-Gigawatthersteller aus China, die im vergangenen Jahr 499 Gigawatt produzierten, uneinholbar davongeeilt. Aber es gibt innovative Lösungen, die direkter ins Gebäude integriert oder sogar auf Zelte oder Türme von Windkraftanlagen geklebt werden können. Das Potenzial ist groß.

Oxford PV: Perowskit-Silizium-Tandemtechnologie

Spezialist für eine eher klassische Weiterentwicklung der Silizium-Photovoltaik ist das aus Oxford stammende, aber in Brandenburg produzierende Oxford PV. Das britisch-deutsche Cleantech-Unternehmen kombiniert Silizium mit einem weiteren Material: Perowskite. Laut Fraunhofer ISE zählen siliziumbasierte Tandem-Solarzellen und Module zu den sich am schnellsten entwickelnden Solartechnologien.

Erklärung zur Perowskit-Silizium-Tandemtechnologie von Oxford PV

Der entscheidende Vorteil – und hier hält Oxford PV einige Weltrekorde – ist der deutlich höhere Wirkungsgrad (heute ca. 25-27 im Vergleich zu 21 bis 23 Prozent) für Perowskit-Solarmodule. Letztlich sind sogar theoretische Wirkungsgrade von bis zu 43 Prozent für Perowskit-auf-Silizium-Tandemsolarzellen möglich. Überall dort, wo es etwa auf einem Dach auf die möglichst hohe Energieausbeute pro Fläche geht, kommen die Module von Oxford PV in Frage.

Die Briten nennen ihre Innovation Perowskit-Silizium-Tandemtechnologie. Die weltweit erste Serienfertigungslinie dafür betreibt Oxford PV in Brandenburg an der Havel.

Sunmaxx PVT: Hybridsolarmodule für Strom und Wärme

Im April 2024 hat das sächsische Cleantech-Unternehmen Sunmaxx PVT in der Nähe von Dresden (Ottendorf-Okrilla) eine Produktionsstätte für „photovoltaisch-thermische Solarmodule“ in Betrieb genommen. Diese Hybridsolarmodule heißen so, weil sie in der Lage sind Strom und Wärme gleichermaßen zu liefern. Gerade für die Verwendung in Gebäuden etwa in Kombination mit Wärmepumpen und Geothermie-Anlagen eine besonders sinnige Innovation.

Bei Dresden können 120.000 dieser Module pro Jahr hergestellt werden. Die Perspektive sieht aber eine Ausweitung der heutigen 50-Megawatt-Produktion auf drei Gigawatt vor. Die photovoltaisch-thermischen Solarmodule mit einer thermischen Gesamtleistung von 1.200 Watt sind noch aus einem weiteren Grund attraktiv für die Wärmewende: Sie lassen sich effektiv zur „passiven Kühlung“ einsetzen – angesichts des Klimawandels und der Erderwärmung eine wichtige Funktion.

Solar-Weltneuheit auf der Intersolar 2024

Im Rahmen der Intersolar Europe 2024 haben die beiden Solar-Unternehmen Sunmaxx PVT und Oxford PV ihre „Solar-Hammer“ genannte Weltneuheit präsentiert. Kurz gesagt handelt es sich dabei um das wohl weltweit effizienteste PVT-Solarmodul – denn dieses ist nicht mit einem Standard-Solarmodul kombiniert, sondern mit dem Tandemsolarmodul von Oxford PV. Dieses Solarmodul kombiniert die fortschrittliche Wärmemanagementtechnologie von Sunmaxx mit den Perowskit-auf-Silizium-Tandemsolarzellen von Oxford PV, so die Unternehmen.

In Kombination ermöglichen diese Technologien die Erzeugung von mehr nutzbarem Strom und nutzbarer Wärme aus der Sonnenenergie, so dass sich die „Solar-Hammer“-Module gut für die vollständige Dekarbonisierung eignen. Das neue Modul erreicht einen Rekordwirkungsgrad von 26,6 Prozent bei der elektrischen und 53,4 Prozent bei der thermischen Leistung, was einen Gesamtwirkungsgrad von 80 Prozent bei einer Aperturfläche von 1,63 Quadratmeter ergibt. Die elektrische Leistung des Moduls mit 6×10 M6-Zellen beträgt 433 Watt und übertrifft damit den bisherigen Rekord des Fraunhofer ISE. (Quelle Pressemitteilung)

„Diese Zusammenarbeit bringt die innovativsten Teile der deutschen Solarindustrie zusammen“,
kommentierte David Ward (Linkedin), CEO von Oxford PV. Und Wilhelm Stein, CEO von Sunmaxx, erklärt: „Wir glauben, dass diese Technologie für Hausbesitzer, Unternehmen und Kommunen, die ihre Dekarbonisierungsziele schnell erreichen wollen, wertvoll sein wird, und dass diese Partnerschaft eine enorme Bereicherung für die deutsche Solar-Industrie darstellt.“

Doch noch müssen sich Hausbesitzer gedulden, bis sie sich diesen „Solar-Hammer“ aufs Dach legen können: Die Produktion des innovativen Solarmoduls soll Mitte bis Ende 2025 losgehen. Trotzdem eine gute Nachricht für die europäische Solarindustrie.

Heliatek: Organische Solarfolien

Schließlich steht das Dresdner Cleantech-Unternehmen Heliatek auf dem Sprung in die Massenproduktion. Heliatek produziert hauchdünne organisch beschichtete Folien, die beispielsweise auf Windkrafttürme oder Hallenfassaden oder sogar Zelte aufgeklebt werden können. Eine neue Standard-Lösung für Hallendächer?

Im Mittelpunkt bei Heliatek steht die Weiterentwicklung der Technologie und die Ausweitung der Produktion am Standort Dresden. Mit der aktuellen Produktionslinie lassen sich zwei Millionen Quadratmeter Solarfolien herstellen, was etwa 200 großen Hallendächern entsprechen würde. Nachfrage ist für Heliatek dabei nicht die zentrale Herausforderung – zu den Kunden für Dach- oder Fassaden-Installationen zählt etwa Samsung oder auch Unternehmen  aus Südostasien: „Die Menschen dort haben keinen Raum für große Solarfarmen“, erklärt CEO Guido van Tartwijk (Linkedin).

Solarboom auf der Intersolar 2024

Letztlich zeigen diese drei Beispiele und der Solarboom bei der Intersolar 2024, dass die deutsche Solarindustrie lebt – und zwar immer dann, wenn sie forschungs-getrieben und besonders innovativ agieren kann. Noch besetzt sie damit Nischen wie Gebäudefassaden oder Hallendächer, die keine großen Lasten aushalten. Doch das Potenzial ist bei allen vorgestellten Lösungen erheblich – auch und gerade weil sich die Chinesen im Solar-Sektor auf „gute Masse“ konzentrieren und sich für die von Heliatek, Oxford PV und Sunmaxx erkannten Nischen (bislang) kaum interessieren.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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