Solar Foods eröffnet erste Fabrik für Solein-Protein im finnischen Vantaa

Cleantech-Startup entwickelt natürliches Protein auf Basis von Mikroben, die mit den Luftbestandteilen Kohlendioxid und Wasserstoff gefüttert werden.

Solar Foods ist ein Cleantech-Unternehmen aus Finnland, das ein natürliches Protein für Nahrungsmittel herstellt, dessen Basis Kohlendioxid, Wasser und Ökostrom bilden. Es sind die identischen Bestandteile, die beispielsweise auch das Sunfire nutzt, um einen synthetischen Rohölersatz zu generieren. In Anlehnung an Power-to-Liquids könnte man von Power-to-Foods sprechen. Die Finnen kommen bei der Kommerzialisierung ihres Luft-Proteins gut voran: Seit Mitte April 2024 läuft in Vantaa die erste industrielle Produktion „Factory 01“, deren Output bei 120 Tonnen pro Jahr liegen soll. Ein wesentlicher Konkurrent ist das Air Protein aus den USA.

Kohlendioxid und Elektrizität sind die Rohstoffe für die Revolution, die Solar Foods in die Tat umsetzt. Die Produktion des ernährungsphysiologisch „kompletten“ Proteins Solein hat am 15. April 2024 im industriellen Maßstab begonnen. Die Technologie basiert auf mehrjähriger Forschung des Technischen Zentrums VTT und der Universität LUT.

Der Produktionsprozess für Solein ist losgelöst von Landwirtschaft, Klima und Wetter – er benötigt keine Bewässerungssysteme, Pestizide oder Düngung, ebenso wenig wie Tiere. In Zukunft können Lebensmittel auch unter extremen Bedingungen produziert werden: in Wüsten, in der Arktis und möglicherweise sogar im Weltraum. Power-to-Foods kann ein Garant dafür werden, eines Tages zehn Milliarden Menschen zu ernähren.

Solein ist ein Protein mit allen essentiellen Aminosäuren; es ist sowohl leicht im Geschmack als auch im Aussehen. „Solein verschwindet in den täglichen Mahlzeiten, während es gleichzeitig seinen hohen Nährwert beibehält und eine einheitliche Lösung bietet, die praktisch alle denkbaren Mahlzeiten von heute und morgen abdeckt“, sagt Juha-Pekka Pitkänen, CTO und Mitgründer von Solar Foods.

Wird Solein in der Herstellung von Lebensmitteln verwendet, werden die Auswirkungen der Herstellung auf das Klima radikal reduziert. Die Produktionsanlage ermöglicht die kommerzielle Herstellung von Lebensmitteln auf Solein-Basis. Solar Foods hat weit mehr als 20 Lebensmittel auf Basis von Solein hergestellt: Von Brot bis Eis und Fleisch.

Solein dient dazu, den nachhaltigen Proteingehalt in Brot, Nudeln, Joghurt oder Fertiggerichten zu steigern. Zutaten, die beispielsweise auch die Fleischersatz-Startups Beyond Meat oder Impossible Foods benötigen.

Solar Foods (Webseite) schafft es mit seiner sauberen Technologie, die Landwirtschaft in Teilen zu ersetzen und den ökologischen Fußabdruck von Nahrungsmitteln erheblich zu reduzieren. Um ein Kilogramm des Luft-Proteins Solein per zellulärer Landwirtschaft zu erzeugen, sind 10 Liter Wasser notwendig – zum Vergleich: Soja braucht 2.500 Liter und Fleisch 15.500 Liter, wenn es gewöhnlich landwirtschaftlich angebaut wird.

Die Nachhaltigkeitswirkung des Solein-Proteins reicht aber noch weiter. Die Änderung der Art und Weise der Proteinproduktion wirkt sich nicht nur auf die Treibhausgase aus, sondern auch auf die veränderte Landnutzung, die Verarmung der Böden, die Artenvielfalt und den Zustand der Wassersysteme. Die traditionelle Nahrungsmittelproduktion ist eine der größten Belastungen für die Ökosysteme in Finnland und weltweit, während die Abholzung durch die Nahrungsmittelproduktion in Entwicklungsländern beispielsweise die Klimakrise verschärft.

Mission des finnischen Cleantech-Unternehmens

Gründer und CEO Pasi Vainikka beschreibt die Mission als „impactful action“: „Neue Technologien öffnen Fenster in die Wand, hinter der die Zukunft existiert. Wir sehen plötzlich Möglichkeiten, die wir uns noch vor ein paar Jahren nicht hätten vorstellen können. Die alltägliche Produktion von Solein ist bereits eine greifbare Realität. Wir bei Solar Foods sind ‚Possibilisten‘ – wir ermutigen und befähigen Menschen, Teil der Lösung zu sein, um eine bessere Welt durch bessere Ernährungsentscheidungen zu schaffen.“

„Unsere Vision ist es, die Art und Weise, wie Lebensmittel produziert werden, zu verändern. Die Welt hat Hoffnung. Das Essen der Zukunft ist keine Utopie mehr, es wird bereits produziert“, betont Vainikka.

Investoren: 45 Millionen Venture Capital

Im April 2021 meldete Solar Foods, dass der finnische Klimafonds zehn Millionen Euro investiert hat. Insgesamt hat das Cleantech-Unternehmen damit bis zu diesem Zeitpunkt 35 Millionen Euro Venture Capital erhalten. I

Im April 2022 stieg der Pharmacy Pension Fund ein, und investierte zehn Millionen Euro in die Fabrik 01, in der mittlerweile die erste kommerzielle Solein-Produktionslinie, der neue Hauptsitz von Solar Foods und ein künftiges Lebensmittel-Erlebniszentrum untergebracht ist.

Erste Solein-Zulassung in Singapur

Ende Oktober 2022 erreichte Solar Foods einen wichtigen Meilenstein: Die Singapur Food Agency erteilte eine behördliche Zulassung für den Verkauf von Lebensmitteln auf Basis von Solein. Damit werden die kommerzielle Produktion und der Verkauf des besonders nachhaltigen Proteins im Jahr 2024 beginnen.

Für CEO Pasi Vainikka ist der Meilenstein sogar vergleichbar mit der Entdeckung der Kartoffel: „Wir führen eine völlig neue Zutat in die Welt der Lebensmittel ein. Dies ist ein Wendepunkt für die Art und Weise, wie wir darüber denken, was wir essen.“

Losgelöst von den Beschränkungen der traditionellen Landwirtschaft hat diese Art der Produktion das Potenzial, die Nachhaltigkeit, Verfügbarkeit und Transparenz dessen, was wir essen und wo Lebensmittel produziert werden können, zu verändern.

Solar Foods plant Börsen-Listing

Am 21. August 2024 gaben die Finnen das Listing an einem Spezialableger der Nasdaq Helsinki für Wachstumsunternehmen bekannt. Alle Infos zur Solar Foods Aktie gibt es hier.

Dieser Beitrag entstand zunächst am 17. April 2021. Das letzte Update erfolgte am 21. August 2024.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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