Solardeckel: Taktische Spiele gefährden den Ausbau
Erste Banken lehnen Finanzierung von Solarprojekten ab April mittlerweile ab.
Eigentlich erlebt die Solarenergie in Deutschland gerade einen neuerlichen Boom. Die Kosten für Photovoltaikanlagen sind so stark gesunken, dass der Ökostromanbieter Naturstrom beispielsweise alleine oder im Doppel mit Statkraft Projekte realisiert, die ohne Förderung auskommen. Aber: Noch rechnet sich nicht jede Anlage. Daher soll der Solardeckel, der ab einer installierten Leistung von 52 Gigawatt greift, gestrichen werden. Doch die Politik nutzt das Vorhaben für taktische Spiele – und richtet in eine weiteren Erneuerbaren-Branche schweren Schaden an.
Schon im März könnte der Solardeckel erreicht werden – und damit eigentlich eingeplante Förderungen wegbrechen. Schon heute würden erste Banken die Finanzierung neuer Projekte ablehnen, berichtet jetzt Der Spiegel. Dies betreffe vor allem Großanlagen mit einer Leistung von 100 bis 750 Kilowatt. Neben dem Hersteller Hanwha Q-Cells haben laut Branchenverband BSW-Solar mindestens zehn weitere Hersteller ähnliche Erfahrungen gemeldet.
Derzeit gebe es Vorzieheffekte, aber schon für das zweite und dritte Quartal gebe es einen spürbaren Rückgang, so ein Sprecher von Hanwha Q-Cells. Solarprojekte, die eigentlich ab April gebaut werden sollten, werden angesichts der unklaren Lage rund um den Solardeckel auf Eis gelegt.
Dabei hat der Solardeckel, der einst eingeführt wurde, um die Kosten des Solarenergie-Zubaus zu begrenzen, sein Ziel längst erreicht. Die Kosten für Photovoltaik-Anlagen in der Freifläche und auf Dächern sind stark gesunken, die Vergütungssätze kontinuierlich angepasst. Schon seit November 2019 liegt ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen vor, der nun als Drucksache 19/17137 erneuert wurde – aber der Bundestag weigert sich bislang, sich damit zu befassen.
Solardeckel: Druckmittel für Verhandlungen über Abstandsregel
Laut Der Spiegel nutzt die CDU den Solardeckel als Druckmittel in Verhandlungen mit der SPD über eine neue, pauschale Abstandsregel für Windräder. Anfang März soll dazu im Kanzleramt eine Entscheidung fallen – in der Großen Koalition herrscht aber Skepsis, ob das wirklich gelingen kann. Somit droht nach der Windkraft-Branche auch der Solarenergie-Branche eine Phase voller Verwerfungen. Mehr als 30.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.
Und das in einer Phase, in der Photovoltaik die Chance auf einen neuerlichen Boom hätte – und angesichts der Klimaschutzziele dringlichst mehr Erneuerbare Energie gebraucht wird.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.