Solmove baut ersten, deutschen Solarweg für Fahrräder
Bundesumweltministerin Svenja Schulze gibt Startschuss für richtungsweisendes Projekt / Berliner Cleantech-Startup Solmove realisiert Solar-Radweg in Nordrhein-Westfalen
Raus aus dem Computer, rein in die Realität: Das Berliner Cleantech-Startup Solmove, das mittlerweile auf dem EUREF-Campus sitzt, hat in Erftstadt bei Köln den ersten deutschen Solarweg für Fahrradfahrer realisiert. Er ist 90 Meter lang und 2,5 Meter breit. Bundesumweltministerin Svenja Schulze stieg heute selbst aufs Rad und lobte die innovative Technologie.
Es ist nicht die erste Straße auf der Welt, die mit Photovoltaikmodulen bedeckt wird. In den Niederlanden und den USA gibt es vergleichbare Ansätze. Aber: Die Technologie von Solmove hat einen ganz entscheidenden Vorteil: Die Solarmodule werden aufgeklebt – die Integration während des Baus neuer Straßen ist nicht notwendig. Immerhin 16.000 Kilowattstunden soll der kurze Weg nun ins Stromnetz einspeisen – das entspricht etwa dem Verbrauch von vier durchschnittlichen Familien-Haushalten.
Generell haben Straßen, die mit Solar bedeckt werden, den weiteren Vorteil, keinen Winterdienst zu benötigen – vorausgesetzt, die Technologie hält, was sie verspricht. In der Theorie können die Solarzellen Widerstandswärme erzeugen, wenn sie selbst mit Strom versorgt werden. Somit kann Glatteis verhindert werden. Das kostet natürlich im ersten Schritt Geld, rechnet sich aber womöglich, sobald wieder neue Energie erzeugt wird.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze jedenfalls ist begeistert:
Der Trend zum Radfahren ist ungebrochen. Mit dem Solarradweg setzen wir auf eine innovative Technologie, die zugleich Strom erzeugen und im Winter das Eis abtauen kann, um ein sicheres Radfahren zu ermöglichen. Mit solchen Angeboten wollen wir erreichen, dass das Rad zunehmend eine attraktive und gesunde Alternative zum Auto wird.
Solmove-Geschäftsführer Müller-Judex hat auf den heutigen Tag lange hingearbeitet. Entgegen vieler Widerstände und in Zusammenarbeit mit einem Forschungsverbund aus zwei Fraunhofer-Instituten, der RWTH Aachen, der Universität Bayreuth und dem Forschungszentrum Jülich gelang es ihm und den Wissenschaftlern, die Basisanforderungen aus Lichtdurchlässigkeit, Belastbarkeit und Rutschfestigkeit zu erfüllen. Der Solar-Radweg ist leicht genoppt, so dass ein Ausrutschen oder Wegrutschen mit einem Fahrrad nicht wahrscheinlich ist. Außerdem werden Aquaplaning und Dreck-Ansammlungen vermieden bzw. minimiert.
Solmove-Technologie soll 250 Euro pro m² kosten
Doch die technologischen Herausforderungen waren noch wesentlich größer: Die Tüftler fanden ein Glas, das der Belastung von mehreren LKW standhält. Ob das Gleiche auch für allerlei Umwelteinflüsse, möglicherweise bis zum Vandalismus der Fall sein wird? Ein anderes Problem für Solmove bestand darin, die Anforderungen, die sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben, einzuhalten: Die Spannung normaler PV-Module ist zu hoch. Daher entwickelte man eine spezielle Konverter-Technologie, so dass nur noch ungefährliche 30 Volt hindurch fließen.
250 Euro pro Quadratmeter soll ein Solar-Radweg von Solmove in Zukunft kosten, sagt Müller-Judex gegenüber Spiegel Online. Bei diesem Preisziel angelangt, sind die Unternehmer um Müller-Judex noch lange nicht. Aber, sie haben heute eine wichtige Etappe zurückgelegt. Die nächsten 90 Meter folgen bestimmt.
Im September 2020 scheiterte ein Deal von Solmove in der Höhle der Löwen – warum, ist hier nachzulesen. Schon zuvor hatte das Cleantech-Unternehmen frisches Kapital gesucht. Aber Qualitätsmängel sorgten immer wieder für Rückschläge der Solarstraßen-Technologie.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.